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       # taz.de -- Barça vor Schlüsselspiel beim FC Bayern: Verblühte Blume
       
       > Ausgerechnet Ousmane Dembelé ist der Hoffnungsträger des FC Barcelona
       > beim Hopp-oder-Top-Spiel gegen den FC Bayern in der Champions League.
       
   IMG Bild: Väterlicher Rat für einen 17-Jährigen: Barcelonas Trainer Xavi mit Gavi
       
       Xavi Hernández kennt seinen Verein und die Medien. Nach der ersten
       Niederlage als Trainer des FC Barcelona griff er deren Lieblingswort der
       letzten Wochen daher lieber gleich von selbst auf: „Mit der Blume ist’s
       vorbei, alles ist vorbei“, sagte er ironisch. Die „Blume“ bedeutet im
       Fußball-Spanisch so viel wie Fortune oder Matchglück. Xavi hatte davon nach
       seiner Amtsübernahme vor einem Monat zunächst reichlich. Doch am Samstag
       verließ es ihn, Barcelona verlor zu Hause 0:1 gegen Betis Sevilla.
       
       Vor dem Champions-League-Spiel bei Bayern München [1][ist von der
       Aufbruchstimmung, die seine Rückkehr ausgelöst hatte], bereits viel
       verflogen. Zu sehr erinnern die Probleme an die unter seinem Vorgänger
       Ronald Koeman, zu wacklig sind die Spiele, zu misslich ist die Lage. In
       der spanischen Liga rangiert Barça auf Platz sieben, 16 Punkte hinter
       Spitzenreiter Real Madrid und 6 Punkte hinter den Champions-League-Rängen.
       
       Auf europäischer Ebene braucht es heute einen Sieg in München, um ins
       Achtelfinale einzuziehen – so Benfica Lissabon parallel gegen das noch
       punktlose Dinamo Kiew gewinnt. Dennoch rechnet in Barcelona niemand mit
       einem Schongang der Münchner, denn die erweisen sich ja traditionell als
       unersättlich. 2013 fertigten sie Barça im Halbfinalhinspiel mit 4:0 ab und
       legten im Rückspiel noch ein 3:0 drauf. 2020 machten sie im Viertelfinale
       nicht Schluss, ehe es 8:2 stand. Nun gewannen die Bayern das Hinspiel in
       Katalonien souverän 3:0 und erweckten dabei durchaus den Eindruck, noch
       Reserven zu haben. Für heute Abend?
       
       Thomas Müller hat schon angekündigt, ein Ausrufezeichen für den deutschen
       Fußball, die Bundesliga und Robert Lewandowski setzen zu wollen. Alle
       wähnte er bei der Verleihung des Ballon d’Or vorige Woche zu Unrecht
       übergangen. „Gehen wir es an!“, verlangte er.
       
       „Wir werden wie Tiere kämpfen müssen“, sagt dazu Xavi. Der Regisseur des
       großen Barça von Trainer Pep Guardiola und der spanischen Weltmeister 2010
       predigt zwar seine Prinzipien von Pressing und Ballbesitz. Die Mannschaft
       versucht auch, sie umzusetzen. Doch in den Strafräumen hat sie sich
       [2][gegenüber der Koeman-Zeit] allenfalls hinten leicht verbessert. Vorn
       bleibt sie überfordert und ideenlos. In 20 Saisonspielen hat sie erst 25
       Tore erzielt; halb so viele wie im Schnitt der vergangenen Messi-Dekade.
       
       Die Sportzeitung AS sieht einen „tollpatschigen Wanderer, der voller
       Überzeugung aufbricht, aber sich schon an der ersten Weggabelung verirrt“.
       Auch das örtliche Renommierblatt La Vanguardia diagnostiziert ein „Wollen
       und nicht Können“. Es ist, als ob sich mit dem Verwelken von Xavis Blume
       auch der letzte eingestehen würde, wie tief die Krisensymptome liegen.
       
       Der Kader bräuchte eine Generalüberholung – aber Geld ist bei 1,5
       Milliarden Euro Schulden das Letzte, was es gibt. Das Verpassen des
       Champions-League-Achtelfinals würde den Manövrierraum für
       Neuverpflichtungen noch weiter einengen. Für eine bessere Zukunft stehen so
       allein die vielen jungen Talente. Spieler wie der 19-jährige Pedri, der
       vorige Woche den Ballon d’Or für den besten Nachwuchsprofi erhielt. Oder
       der gleichaltrige Ansu Fati, die große Sturmhoffnung. Oder Gavi,
       Mittelfeldmann wie Pedri, gar erst 17 – und schon spanischer
       Nationalspieler. Oder Ronald Araújo, 22, und einziger Abwehrmann mit
       überdurchschnittlicher Wettkampfhärte.
       
       Das Vakuum an anderen Figuren birgt jedoch die Gefahr, sie mit Spielzeit
       und Verantwortung zu überlasten. Pedri fällt nach seinem Mammutprogramm der
       Vorsaison (75 Partien inklusive WM und Olympia) seit Monaten mit
       Muskelproblemen aus. Araújo ist erst seit Kurzem wieder zurück, Ansu nach
       fast einem Jahr Aussetzen wegen einer Knieverletzung schon beim zweiten
       Rückfall, auch er fehlt heute. Wer bleibt? Angesichts der Formschwäche von
       Memphis Depay fällt den wenigen Optimisten nur ein möglicher Retter für
       München ein: Ousmane Dembélé. Der Franzose hat zwar diese Saison wegen
       einer Knieverletzung noch kein einziges Mal von Beginn an gespielt, zeigte
       gegen Betis nach seiner Einwechslung aber starke Szenen. „Mit ihm verändert
       sich das Gesicht unserer Mannschaft“, sagt Xavi über seinen einzigen
       Angreifer mit Tempo, Kreativität und Überraschungsmomenten. Seit seinem
       Wechsel aus Dortmund hat Dembélé viele Hoffnungen enttäuscht. Nach dieser
       Saison könnte er Barça ablösefrei verlassen. Heute soll er ihm einen umso
       größeren Dienst erweisen.
       
       8 Dec 2021
       
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