URI: 
       # taz.de -- Der ADAC und die Benzinbübchen: Billiges Jammern beim Spritpreis
       
       > Wer glaubt, Autofahren sei noch nie so teuer gewesen wie heute, ist auf
       > Fake News reingefallen oder schlecht in Mathe. Unser Autor kann rechnen.
       
   IMG Bild: Benzinbübchenrechnungen: Der Spritpreis ist keineswegs auf einem Rekordlevel
       
       Der Mann schaute mich betrübt an. Wir waren bei dieser Party zufällig am
       selben Tisch gelandet, und er erzählte, wie schlecht die Geschäfte seines
       Unternehmens liefen: Corona, Brexit und so. [1][„Und dann steht auch noch
       beim Benzin eine 6 hinter der 1“], sagte er deprimiert. Der Mann hat einen
       mittelständischen Betrieb, ein riesiges Haus und zwei Autos vor der Tür.
       Aber wenn der Spritpreis die 1,60 Euro überschreitet, dann hat er den
       Blues.
       
       Ich ging einfach noch mal zum Buffet. Sonst hätte ich ihm sagen müssen,
       dass ich hohe Spritpreise eigentlich völlig richtig finde. Und dass auch
       1,60 Euro noch vergleichsweise billig ist, weil der Preis vor allem aus
       Beschaffung und Steuern besteht. Wollte man den ökologischen Schaden
       ausgleichen, müsste man noch mal etwa 50 Cent draufschlagen.
       
       Zum Draufschlagen sind gerade auch Überschriften wie „Benzin und Diesel so
       teuer wie nie!“. Überall drohen Grafiken, auf denen der Spritpreis
       aufwärtsklettert wie sonst nur die CO2-Emissionskurve. [2][Der ADAC zeigt
       Listen, wie die Kosten des Sprits seit 1950] gestiegen sind.
       
       Achtung, Fake News! Das sind keine Milchmädchen-, sondern
       Benzinbübchenrechnungen. Schnell lässt sich nachweisen, dass die momentanen
       Preise ohne die Inflation (huh, das andere Schreckgespenst!) „keineswegs
       außergewöhnlich hoch sind“, wie ein [3][Wirtschafts- und Energieforscher
       twittert.] Auf einer Preisbasis von 2002 war 2010 bis 2013 und 2005 bis
       2007 der Sprit real teurer als bei den heutigen angeblichen
       „Rekordpreisen“.
       
       ## Hallo, ADAC!
       
       Dazu kommt: Die Luft zu verpesten ist (hallo, ADAC!) real in den letzten 50
       Jahren billiger geworden. Wenn man berechnet, wie lange jemand für einen
       Liter Benzin arbeiten musste, heißt das Ergebnis: [4][1972 waren es 4,91
       Minuten, heute sind es 4,25 Minuten. Das hat das Statistische Bundesamt
       dokumentiert], aber wir gruseln uns lieber vor der Benzin-Abzocke von
       Staat, Ölmultis und CO2-Preis. Und dann rechne man noch hinzu, dass [5][die
       Autos seit den 1970ern etwa ein Drittel weniger pro Kilometer schlucken.
       Fazit]: Trotz der SUV-Monster fahren wir billiger, auch wenn es für die
       Allgemeinheit teurer wird.
       
       Unglaublich: Seit ich auf dieser Welt bin, ist das Autofahren immer
       billiger geworden. Dem Autofahrer, der angeblichen „Melkkuh der Nation“,
       werden in Wirklichkeit die Subventionen vorn und hinten in den Auspuff
       gestopft.
       
       Noch unglaublicher: Als Gegenleistung für viel Geld und Liebe haben sich
       die deutschen AutofahrerInnen am [6][Gemeinschaftswerk Klimaschutz] exakt
       überhaupt nicht beteiligt. Nichts leisten, der Gesellschaft auf der Tasche
       liegen und die Gemeingüter verhunzen, das ist ihre Bilanz. Da können sie
       mich doch wenigstens mit ihrem Gejammer verschonen.
       
       24 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kosten-fuers-Autofahren/!5800595
   DIR [2] https://www.adac.de/verkehr/tanken-kraftstoff-antrieb/deutschland/kraftstoffpreisentwicklung/
   DIR [3] https://twitter.com/MarcoWuensch
   DIR [4] https://de.statista.com/infografik/17481/arbeitsminuten-je-liter-benzin-in-deutschland/
   DIR [5] https://www.n-tv.de/auto/Autos-schlucken-wie-vor-20-Jahren-article15764966.html
   DIR [6] /Verkehrskommission-der-Bundesregierung/!5804094
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Auto-Lobby
   DIR Mobilität
   DIR Wir retten die Welt
   DIR Wir retten die Welt
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Inflation
   DIR Wir retten die Welt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Zwiebel ohne beißende Dämpfe: Nicht zum Heulen
       
       Alles Bittere und Ätzende wird mundgerecht und handhabbar gemacht. In
       Ordnung. Aber manchmal muss auch der Oberrealo wütend werden.
       
   DIR Bericht der Weltwetterorganisation WMO: Der Amazonas kippt
       
       Teile des Regenwaldes sind laut der Weltwetterorganisation WMO keine
       Kohlenstoffsenke mehr. Vielmehr würden sie nun zur Klimakrise beitragen.
       
   DIR Lobbyismus der Energiekonzerne: Bewusste Verharmlosung
       
       Ein neues Dossier zeigt, dass die Konzerne Total und Elf seit den 1970er
       Jahren über die Klimafolgen ihres Geschäfts Bescheid wussten.
       
   DIR Inflationsgefahr in Europa: Die Geister, die ich rief
       
       In vielen Bereichen steigen derzeit die Preise. Die Gründe sind vielfältig.
       Ein Risikofaktor ist neu: die Inflationserwartung.
       
   DIR Laubbläser gefährden Tiere: Vom Wrroooooooo verweht
       
       Laubbläser schießen auch Käfer und Jungigel mit 250 Stundenkilometern durch
       die Luft. Unser Autor fordert herzhafte Verbote zur richtigen Zeit.