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       # taz.de -- Der Sturm auf das US-Kapitol: Der Staatsanwalt hat das Wort
       
       > Das US-Repräsentantenhaus macht den Weg für strafrechtliche Ermittlungen
       > gegen Donald Trumps früheren Chefstrategen Stephen Bannon frei.
       
   IMG Bild: Bei Verurteilung droht Knast: Donalds Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon
       
       New York taz | „Morgen wird die Hölle ausbrechen“, hatte Stephen Bannon am
       5. Januar 2021 in seiner Radiosendung angekündigt. Am nächsten Tag, als die
       Abgeordneten von Repräsentantenhaus und Senat sich anschickten, das
       Wahlergebnis und den Sieg von Joe Biden zu bestätigten, [1][stürmten
       Tausende Trump-Anhänger das Gebäude des US-Kongress].
       
       Mit Fahnenstangen, an denen rechte Parolen und Sympathieerklärungen für die
       Polizei flatterten, zertrümmerten sie Fenster und Türen und prügelten auf
       Polizisten ein. Einer ihrer Slogans lautete: „Hängt Mike Pence (den
       damaligen Vizepräsidenten)“. Fünf Menschen kamen ums Leben, dutzende wurden
       verletzt. Die Abgeordneten wurden durch unterirdische Gänge in Sicherheit
       gebracht.
       
       Neun Monate nach dem Angriff, der das Ziel hatte, den demokratischen
       Prozess der Präsidentschaftswahl abzubrechen, drohen Bannon jetzt
       strafrechtliche Ermittlungen wegen „Missachtung des Kongresses“. Dafür hat
       am Donnerstag eine Mehrheit von 229 gegen 202 Abgeordnete des
       Repräsentantenhauses gestimmt. Sämtliche demokratische Abgeordnete, aber
       nur neun Republikaner, unterstützten die Resolution.
       
       Zuvor hatte sich der Trump-Vertraute Bannon geweigert, einer Vorladung vor
       den Sonderausschuss zu folgen, der die Ereignisse vom 6. Januar untersucht.
       Die Abgeordneten versuchen, die Rolle des ehemaligen US-Präsidenten bei dem
       Sturm auf den Kongress zu klären. Unter anderem wollten sie von Bannon
       erfahren, worüber er mit Donald Trump in den Tagen vor und während des
       Angriffs gesprochen habe.
       
       ## Geldstrafe und Knast
       
       Als nächstes muss der Justizminister entscheiden. Merrick Garland hat
       bislang nicht gesagt, ob er ein Strafverfahren gegen Bannon einleiten
       werde. Im Falle einer Verurteilung wegen „Missachtung des Kongress“ drohen
       Bannon eine Geldstrafe von bis zu 100.000 Dollar und bis zu einem Jahr
       Gefängnis.
       
       Bannon versteckt sich hinter dem „exekutiven Privileg“. Diese Taktik hat
       Donald Trump nicht nur ihm, sondern auch anderen Vertrauten empfohlen, die
       der Sonderausschuss vorgeladen hat. Aber am Tag des Sturms auf den
       US-Kongress war Bannon schon seit fast dreieinhalb Jahren kein offizielles
       Mitglied der Exekutive mehr.
       
       Das Weiße Haus hatte ihn im August 2017 zum Rücktritt gedrängt – wenige
       Tage nach den rechtsradikalen Fackelmärschen und gewalttätigen
       Demonstrationen in Charlottesville, Virginia, im August 2017. Dabei waren
       eine Frau getötet und zahlreiche Menschen verletzt wurden.
       
       Unter Rechtsgelehrten in Washington ist umstritten, ob der Ex-Präsident das
       „exekutive Privileg“ für sich in Anspruch nehmen kann, um die Herausgabe
       von Dokumenten an den Sonderausschuss zu verhindern. Eines der juristischen
       Argumente dagegen lautet, dass Trump nicht mehr Präsident sei. Ein anderes,
       dass das „exekutive Privileg“ nicht den Sinn habe, den demokratischen
       Prozess zu sabotieren.
       
       ## Zentrale Figur
       
       In der Trump-Welt ist Bannon eine zentrale Figur. Der ehemalige
       Investmentbanker, der später Hollywoodfilme und rechte Polit-Filme
       produziert hat und Mitgründer des rechten Medienunternehmens Breitbart war,
       hatte sich lange vor Trumps Präsidentschaft einen Namen bei radikalen
       Rechten in den USA gemacht und für sie den Sammelbegriff „Alt-Right“
       geprägt. Er war Trumps Kampagnenchef während der letzten Monate vor dessen
       Wahlsieg im November 2016.
       
       Und er wurde sein erster „Chefstratege“ im Weißen Haus – ein Posten, den
       Trump eigens für ihn erfand. Nach dem abrupten Ende seiner Karriere im
       Weißen Haus arbeitete Bannon an der internationalen Vernetzung von radikal
       Rechten. Dabei tourte er auch durch zahlreiche europäische Länder. Sein
       Kontakt zu Trump brach nur vorübergehend ab.
       
       Als Bannon im Sommer 2020 per Tweet verlangte, dass der Chefberater für
       Infektionskrankheiten, Anthony Fauci, und der Direktor des FBI, Christopher
       Wray, „geköpft“ würden, sperrte Twitter sein Konto. Nachdem Bannon 25
       Millionen Dollar Spenden für Trumps Mauerbau gesammelt hatte, wurde er im
       vergangenen Jahr wegen persönlicher Bereicherung und Betruges angeklagt.
       Noch bevor er verurteilt werden konnte, [2][begnadigte Trump ihn an seinem
       letzten Tag im Weißen Haus].
       
       Trump hatte seine Unterstützer am 6. Januar nach Washington geholt, um Wut
       gegen den von ihm erfundenen Wahlbetrug zu demonstrieren. Bei seiner Rede
       forderte er sie auf, zum Kongress zu marschieren und „wie die Hölle zu
       kämpfen“.
       
       Neun Monate später haben Trumps Anwälte in dieser Woche versucht, per
       einstweiliger Verfügung die Herausgabe von Weißes-Haus-Dokumenten aus den
       Tagen rund um den 6. Januar zu verhindern. Am Donnerstagabend, nach der
       Annahme der Resolution gegen Bannon, verschickte Trump eine Email, in der
       er erneut auf seiner Wahlbetrugs-Lüge besteht und in der er die
       Kongress-Stürmer zu gewöhnlichen Demonstranten macht. „Der Aufruhr war am
       3. November, dem Wahltag“, schrieb er: „Der 6. Januar war Protest.“
       
       22 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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