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       # taz.de -- Klimastreik in Berlin: Protest vor der SPD-Zentrale
       
       > Mehr als 10.000 Menschen fordern von der nächsten Bundesregierung mehr
       > Einsatz für das Klima. Besonders die SPD wird kritisiert.
       
   IMG Bild: Klimaprotest vor der SPD-Parteizentrale
       
       Berlin taz | „Die, die streikende Schüler als unvernünftig verlachen –
       einzig unvernünftig ist es doch, jetzt einfach so weiterzumachen“,
       [1][singt Dota], auch bekannt unter ihrem Kunstnamen Kleingeldprinzessin.
       Trotz Nieselregen, Wind und einer Außentemperatur von gerade mal neun Grad
       steht die Sängerin mit ihrer Gitarre auf einer kleinen Bühne vor dem
       Brandenburger Tor und schaut in eine immer voller werdende Menschenmenge.
       
       Nur vier Wochen nach den [2][globalen Klimademonstrationen am 24.
       September] gehen [3][an diesem Freitag] erneut Tausende junge Menschen auf
       die Straße. Sie protestieren gegen den Klimawandel, die mangelhafte
       Bereitschaft der Politik, etwas dagegen zu tun, und fordern konkret von
       SPD, Grünen und FDP, in den [4][gerade gestarteten Koalitionsverhandlungen]
       dem Klimaschutz Priorität einzuräumen. Angemeldet wurden von den
       Veranstalter:innen 10.000 Menschen, laut Polizeiangaben sind sogar
       11.000 gekommen.
       
       Neben Mütze und Schal sind die Demonstrieren auch mit Masken und Plakaten
       ausgestattet. Über ihren Köpfen fliegen Seifenblasen hinweg, ein als Eisbär
       verkleideter Mensch auf Rollerblades ist mit dabei. Auf seinem weißen
       Bärenkörper stehen die Worte „Kernkraft statt Kohlekraft“ geschrieben. Hin
       und wieder muss er das Skaten auf der Straße unterbrechen, um für Fotos mit
       Kleinkindern und ihren Eltern zu posieren.
       
       Der Klimastreik gehört zu den zahlreichen Protesten der Aktionstage, die
       vom 20. bis 29. Oktober in Berlin stattfinden und vom neuen Bündnis
       [5][„Gerechtigkeit Jetzt!“] initiiert werden. Gemeinsam mit Fridays for
       Future adressieren die Aktivist:innen ihre Forderungen und mobilisieren
       online unter dem Hashtag #IhrLasstUnsKeineWahl.
       
       „Ich habe keine andere Wahl, als hierher zu gehen, weil ich nichts anderes
       machen kann“, erklärt die 15-jährige Helena, die aus der Nähe von
       Hennigsdorf gekommen ist. „Manchmal fühle ich mich als einzelne Person zu
       Hause machtlos. Wenn ich mich nur darüber beschwere, dass ich nichts ändern
       kann, kann ich auch hier her gehen und wenigstens irgendwas versuchen.
       Deswegen bin ich hier.“
       
       ## Teilnehmer:innen aus ganz Deutschland
       
       Dabei haben die meisten der Schüler:innen, die teilweise aus ganz
       Deutschland angereist sind, Schulferien. So auch Coralie, die mit ihrer
       drei Jahre jüngeren Schwester Zoe etwas abseits steht und aus der Nähe von
       Hamburg kommt.
       
       „Ich habe das Gefühl, es passiert seit Jahren nichts, was die
       Lebensgrundlage retten könnte“, erzählt die 16-Jährige. Auf die Frage, wie
       viele Jahre sie noch demonstrieren werden, zucken beide Schwestern die
       Schultern. „Keine Ahnung, aber es bleibt ja keine Wahl. Wir werden jeden
       Freitag weiter streiken, solange sich nichts tut.“
       
       Gegen 13.30 Uhr zieht der Demonstrationszug am Willy-Brandt-Haus, der
       Bundesparteizentrale der SPD, vorbei – und bleibt stehen. Auf dem
       vordersten Wagen der Demo wird Luisa Neubauer begrüßt, die die SPD direkt
       anspricht. „Liebe SPD, what the fuck denkt ihr euch eigentlich?! Wir haben
       fast drei Jahre durchgestreikt!“ ruft die Aktivistin. „Ihr denkt seit drei
       Jahren, man kommt irgendwie durch mit schönen Worten, denkt, man könnte uns
       beschwichtigen. Aber ganz ehrlich, sorry Leute, da habt ihr euch geirrt!“
       
       Die Menschenmenge jubelt, während Neubauer weiter ins Mikrofon ruft.
       Insbesondere die Forderung, das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten, wird immer
       wieder betont. „Wir machen keine halben Sachen! Klimagerechtigkeit geht
       nicht halb, das geht nur ganz, und zwar so richtig!“
       
       Nur langsam zieht die Demonstration an der SPD-Zentrale vorbei, viele rufen
       „Wir alle für 1,5 Grad“. Kurz darauf wird die Demonstration von den
       Organisator:innen um 14.15 Uhr am Potsdamer Platz für beendet
       erklärt. Laut Polizeiangaben habe es eine Festnahme gegeben, nachdem ein
       Beamter von einem Demonstranten mit einer Fahnenstange vermeintlich
       attackiert worden sei.
       
       Nicht alle ziehen von der SPD-Zentrale weiter. Einige bleiben stehen und
       besetzen die Straße. Manche haben sogar Sofas und andere Sitzgelegenheiten
       mitgebracht; die Menschen hier wollen erst mal ausharren. „Wer hat uns
       verraten? Sozialdemokraten. Wer war mit dabei? Die grüne Partei“, rufen
       sie. Die Polizei sichert derweil mit einem Großaufgebot die Gebäude. Auch
       vor der Parteizentrale der Grünen in Mitte wird der Protest fortgesetzt:
       Aktivist:innen errichten eine Blockade vor dem Haus.
       
       22 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://youtu.be/VxOSGe8HG8o
   DIR [2] /Aktivistinnen-zum-Klimastreik/!5803001
   DIR [3] /Aktionstage-Gerechtigkeit-Jetzt/!5810140
   DIR [4] /Rot-gelb-gruene-Koalitionsverhandlungen/!5806205
   DIR [5] http://gerechtigkeitjetzt.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Shoko Bethke
   DIR Manuel Aguigah
       
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