# taz.de -- Andreas Speit über Querdenker:innen: „Sie wissen, wie Protest geht“
> Im taz Salon spricht taz-Autor Andreas Speit über sein neues Buch
> „Verqueres Denken. Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus“.
IMG Bild: Alternativ geprägtes Milieu: Teilnehmer:innen der Leipziger Kundgebung am 6. November 2021
taz: Andreas, gab es schon vor der Querdenken-Bewegung Reichs- und
Regenbogenfahnen auf denselben Demonstrationen?
Andreas Speit: Nein, das hat es tatsächlich so nicht gegeben. Es hat aber
im Laufe der Jahre immer wieder Begegnungen gegeben im alternativen Milieu
zwischen rechten und linken Personen, weil man eben zumindest die
Auswirkungen des Kapitalismus gemeinsam kritisieren konnte.
Die Menschen, die sich jetzt gegen das Impfen einsetzen: Engagieren die
sich das erste Mal oder haben sie lediglich das Thema gewechselt?
Das ist unterschiedlich. Wir haben jetzt bei den aktuellen Querdenken- und
Corona-Leugnungs-Legierungen tatsächlich das Phänomen, dass staats- und
selbstkritische Menschen beteiligt sind, die wissen, wie man Proteste
organisiert. Das ist auch einer der Gründe, warum die ersten Proteste und
die Aktionen relativ erfolgreich von statten gegangen sind, weil man
Protesterfahrung gehabt hat, etwa aus der Anti-AKW-Bewegung, aus der
Friedensbewegung oder aus antifaschistischen Protestkulturen heraus. Es
gibt auch ein großes Spektrum an Sehnsucht nach einer alternativen Medizin.
Und aus diesem Gesundheits-Kontext heraus gab es schon immer impfkritische
Stimmen.
Noch mal einen Schritt zurück: Wen genau meinst du mit den „alternativen
Milieus“ im Untertitel des neuen Buches?
Die Bio-Boheme, die es sich ökonomisch leisten kann, ökologisch sehr gut zu
leben. Alternative versuchen jenseits der klassischen bürgerlichen
Lebensmodelle, für sich selber einen Platz auf der Welt zu finden und sich
die Welt zu erklären. Dazu gehören auch die politischen Forderungen, dass
wir einen Schalter umlegen, weil wir sehen, wo uns dieser Kapitalismus
hingebracht hat, um ganz global gesprochen auch die Welt retten zu können.
Lassen sich Querdenker*innen aus ihrem Glauben zurückzuholen?
Momentan erleben wir ja leider das Gegenteil. Gerade [1][aktuell in
Leipzig] mit den harten Auseinandersetzungen bei der etwas größeren
Querdenken-Demonstration sowie in Hamburg konnten wir jetzt am Sonntag
sehen, dass eine faktenorientierte Debatte mit diesen Personen zur Zeit
nicht möglich ist. Die Beratungsstellen empfehlen sowieso, [2][auf der
emotionalen Ebene ins Gespräch zu kommen.]
Wie geht das?
„Was ist deine Sorge?“ „Hast du Angst um deine Existenz oder dass du dich
ansteckst und verarbeitest es so?“ „Hast du Angst um deine Freund*innen
oder denkst du, dass deine Kinder irgendwas verpassen können, weil sie kaum
in der Schule sind?“ Solche Fragen sind hilfreicher als der Versuch
aufzuzeigen, dass die Bill-Gates-Theorien, die gerade herumgeistern,
Verschwörungsnarrative sind. Das ist die große Hoffnung.
9 Nov 2021
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## AUTOREN
DIR Leah Binzer
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