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       # taz.de -- Koloniale Raubkunst: Frankreich gibt etwas zurück
       
       > Benins Präsident Patrice Talon darf 26 historische Objekte aus Paris nach
       > Hause zurückbringen. Französische Truppen raubten sie im Jahr 1892.
       
   IMG Bild: Die Präsidenten Macron und Talon am 9. November 2021 in Paris
       
       Cotonou taz | Sie werden schon lange in Benin erwartet: 26 Objekte, die
       Frankreich während des zweiten Krieges gegen [1][Dahomey] im Jahr 1892 –
       das Königreich lag damals im heutigen Benin – geraubt hatte. Darunter
       befindet sich der Thron von Gezo, der Dahomey von 1818 bis 1858 regierte,
       Statuen aus Holz sowie Zepter und tragbare Altäre. Zum Abschied waren sie
       Ende Oktober einer Woche lang in einer Sonderschau im Pariser Museum
       [2][Quai Branly] zu sehen.
       
       Seit Sonntag ist Benins Präsident [3][Patrice Talon] in Frankreich, um die
       Artefakte offiziell in Empfang zu nehmen. Nach der Übergabeunterzeichnung
       am Dienstag sollen sie am Mittwoch in einem Frachtflugzeug nach Benin
       gebracht werden. Die Objekte sind für den westafrikanischen Küstenstaat mit
       13 Millionen Einwohner*innen von großer Bedeutung, stammen sie doch aus
       den Königspalästen von Abomey, Hauptstadt des einstigen Königreichs
       Dahomey. Es wurde im 17. Jahrhundert gegründet.
       
       Letzter Herrscher war Ende des 19. Jahrhunderts Béhanzin. Er kämpfte gegen
       die französischen Eroberer unter General Alfred-Amédée Dodds und musste im
       Jahr 1894 schließlich kapitulieren. Das einstige Dahomey wurde Teil des
       französischen Kolonialreichs, die kleinste Provinz von
       Französisch-Westafrika.
       
       Viel ist in der alten Heimat für die 26 Artefakte noch nicht fertig. Das
       neue Museum, das eigens für sie gebaut wird, steht noch nicht. Mit dem Bau
       verbunden ist die Sanierung der Königspaläste, die seit 1985 zum
       Weltkulturerbe der UNESCO gehören. Die Anlagen sind in die Jahre gekommen.
       Deswegen werden die Objekte zunächst im Städtchen Ouidah ausgestellt. Dort
       wurde gerade das portugiesische Fort aus dem Jahr 1721 renoviert, in dem
       das historische Museum untergebracht ist.
       
       ## François Hollande lehnte Rückgabe zunächst ab
       
       Talon hatte bereits 2016 – er war gerade zum ersten Mal zum Präsidenten
       gewählt worden – die Rückgabe der geraubten Kunstgegenstände gefordert.
       Rund fünf Monate musste er auf eine Antwort der Regierung des damaligen
       französischen Präsidenten François Hollande warten, die schließlich
       ablehnte. Die Objekte seien „seit langer Zeit, manchmal seit mehr als einem
       Jahrhundert, in das französische Gemeingut integriert“.
       
       Die Debatte öffnete Hollandes Nachfolger Emmanuel Macron im Jahr darauf bei
       seinem Besuch im November 2017 in Burkina Faso neu. Es könne nicht sein,
       dass „ein großer Teil des kulturellen Erbes mehrerer afrikanischer Länder
       in Frankreich“ sei, sagte er während eines [4][Vortrags an der Universität
       Joseph Ki-Zerbo] in Ouagadougou. Das läutete die Rückgabe geraubter
       Kulturgüter aus Frankreich nach Afrika ein.
       
       Senegal hat bereits einen Säbel des Islamgelehrten und Herrschers Omar
       Saidou Tall erhalten, der einst zur Sammlung des französischen
       Militärmuseums gehörte. Er war schon vor der offiziellen Übergabe 2019 in
       der Hauptstadt Dakar zu sehen gewesen.
       
       Offiziell stimmte die französische Nationalversammlung im Dezember 2020
       einem Gesetz zu, das die Restitution der Dahomey-Artefakte binnen eines
       Jahres fordert. Dennoch bleiben fast alle von den kolonialen Eroberern aus
       Afrika geraubten Artefakte aber weiterhin in Frankreich. Es wird geschätzt,
       dass französische Museen etwa 90.000 Objekte aus afrikanischen Ländern
       südlich der Sahara in ihren Sammlungen haben, den größten Teil davon im
       Museum Quai Branly.
       
       Macrons Vorstoß erhöht auch den Druck auf Museen, Universitäten und
       Kirchen, die Artefakte aus dem einstigen [5][Königreich Benin] besitzen.
       Dieses liegt im heutigen Nigeria und wurde 1897 von den Briten erobert.
       Auch Deutschland hat nach langen Verhandlungen zugesagt, Eigentumsrechte an
       [6][Benin-Bronzen] rückzuübertragen.
       
       9 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://fr.wikipedia.org/wiki/Royaume_du_Dahomey
   DIR [2] https://www.quaibranly.fr/fr/expositions-evenements/au-musee/expositions/
   DIR [3] /Benins-Praesident-vor-der-Wiederwahl/!5758992
   DIR [4] https://www.elysee.fr/emmanuel-macron/2017/11/28/discours-demmanuel-macron-a-luniversite-de-ouagadougou
   DIR [5] /Restitutionsdebatte-in-Nigeria/!5773468
   DIR [6] /Schwerpunkt-Kunst-und-Kolonialismus/!t5773861
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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