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       # taz.de -- Neue Verfassungsrichter in Spanien: Mit der Justiz hat er es nicht so
       
       > Enrique Arnaldo soll am Donnerstag neuer Verfassungsrichter Spaniens
       > werden. Dabei ist er selbst schweren Vorwürfen ausgesetzt.
       
   IMG Bild: Enrique Arnaldo Anfang November in Madrid
       
       Madrid taz | Vetterleswirtschaft, Korruption, Beeinflussung der Justiz: Die
       spanische Presse wirft dem Juristen Enrique Arnaldo, den das Parlament in
       Madrid am Donnertag ins Verfassungsgericht wählt, vieles vor. Der
       64-jährige Anwalt gehört zum engen Umfeld der Führung [1][der konservativen
       Partido Popular (PP).] Diese hatte ihn für das hohe Richteramt
       vorgeschlagen.
       
       Insgesamt werden vier Richterstellen am Verfassungsgericht neu besetzt.
       Zwei wurden von den regierenden Sozialisten bestimmt und vom kleineren,
       linksalternativen Koalitionspartner [2][Unidas Podemos (UP) mitgetragen.]
       Zwei kommen von der konservativen Opposition. Dank gegenseitiger
       Unterstützung erreichen die KandidatInnen die notwendige
       Dreifünftelmehrheit.
       
       Doch für so manchen Linken wird es nicht leicht, für Arnaldo zu stimmen.
       Denn der konservative Jurist, der 2003 bis 2020 immer wieder politische
       Vorträge bei der erzkonservativen PP-Parteistiftung FAES hielt, nahm es
       selbst mit dem Gesetz nie so genau.
       
       Während er als Jurist für das spanische Parlament tätig war, arbeitete sein
       Anwaltsbüro gleichzeitig für die Regionalregierung auf den Balearischen
       Inseln. Das geht eigentlich nicht zusammen. Arnaldo soll den wegen
       Korruption verurteilten Regionalpräsidenten Jaume Matas laut Ermittlungen
       bei Geldwäsche unterstützt haben. Laut der Zeitung Público sollen
       Zehntausende Euro auf den Konten von Arnaldos Anwaltskanzlei gelandet sein.
       Als es zum Verfahren kam, waren die Vorwürfe gegen Arnaldo verjährt. „Meine
       Rolle bei dem Gerichtsverfahren beschränkte sich auf eine Aussage. Dann war
       ich entlastet“, sagte er unlängst zu den Vorwürfen.
       
       ## Ein Sumpf aus Aufträgen
       
       Auch in der korrupten Madrider Regionalpolitik taucht Arnaldos Name auf.
       Das Privatfernsehen La Sexta machte eine von der Guardia Civil abgehörte
       Unterhaltung zwischen Arnaldo und dem einstigen Chef der Madrider
       Regionalregierung, Ignacio González, öffentlich: Darin versprach Arnaldo
       dem PP-Politiker, dafür zu sorgen, dass der neu zu besetzende Staatsanwalt
       der Region „ein Guter ist“. Trotz des Gesprächs wurde Arnaldo nie vor
       Gericht zitiert, nicht einmal als Zeuge.
       
       Arnaldo, geschiedener Vater eines Sohnes, kommt aus einer einflussreichen
       hauptstädtischen Familie. Sein Vater war Notar; sein Onkel hatte in den
       Jahren der Franco-Diktatur mehrere hohe Ämter im Finanz- und
       Industrieministerium inne.
       
       Die Tageszeitung El País berichtet nun von einer Untersuchung des
       Finanzamtes, die in Zusammenhang mit den Ermittlungen auf den Balearen
       erstellt wurde: Demnach soll Arnaldos Kanzlei von 2003 bis 2008 Aufträge im
       Wert von Hunderttausenden Euro von den Regionalregierungen in Valencia und
       Madrid, der Stadtverwaltung im andalusischen Malaga, der Provinzregierung
       im baskischen Álava und der PP selbst erhalten haben. Im Jahr 2019 vergab
       der Stadtrat von Las Rozas – ein Madrider Vorort in Händen der
       Konservativen – einen Vertrag über mehr als 100.000 Euro an Arnaldos
       Kanzlei.
       
       11 Nov 2021
       
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