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       # taz.de -- Neuer Ministerpräsident gewählt: Wüst folgt Laschet in NRW
       
       > Der Landtag Nordrhein-Westfalens hat Hendrick Wüst zum
       > Ministerpräsidenten gewählt. Vorgänger Armin Laschet war in die
       > Bundespolitik gewechselt – und gescheitert.
       
   IMG Bild: Kuss für den neuen Ministerpräsidenten: Ehefrau Katharina küsst Hendrik Wüst
       
       Düsseldorf rtr/dpa/afp | Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat am
       Mittwoch den bisherigen Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) zum neuen
       Ministerpräsidenten gewählt. Im ersten Wahlgang stimmten 103 Abgeordnete
       für den 46-Jährigen, sagte Landtagspräsident Andre Kuper. 90 Abgeordnete
       stimmten gegen ihn. Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP haben 100 der
       199 Sitze im Landtag. Der [1][einst skandalumwitterte Wüst] tritt damit die
       Nachfolge von Armin Laschet an, [2][der in die Bundespolitik wechselt].
       
       Es sei ihm eine Ehre, Nordrhein-Westfalen als Ministerpräsident dienen zu
       dürfen, sagte Wüst unter dem Beifall des Hauses. „Diese Wahl berührt mich
       und ich bin dankbar für das Vertrauen.“ Laschet sagte in seiner
       Abschiedsrede: „Es war mir eine Freude. Es war mir eine Ehre. Glückauf für
       unser Land Nordrhein-Westfalen.“
       
       An der Wahl beteiligten sich 197 von insgesamt 199 Abgeordneten, die CDU,
       FDP, SPD, Grüne und AfD gemeinsam stellen. Wie Landtagspräsident André
       Kuper berichtete, hatte sich eine Person entschuldigen lassen. Demnach gab
       es 90 Nein-Stimmen, drei Enthaltungen und eine Stimme war ungültig. Wüst
       wurde direkt nach seiner Wahl im Landtag vereidigt.
       
       Für den kommenden Mittwoch (3.11.) kündigte der neue Ministerpräsident
       seine erste Regierungserklärung an. „Große Aufgaben liegen vor uns“, meinte
       er. Die größten Herausforderungen seien die Bewahrung der Schöpfung und der
       Klimaschutz. Außerdem nannte Wüst: die Bewältigung der Pandemie,
       Wiederaufbau nach der Flut, wirtschaftliche Stärke und Innovation,
       Digitalisierung, steigende Preise und bezahlbaren Wohnraum.
       
       ## Auf Krawall gebürstet – zumindest früher
       
       In seiner Antrittsrede gab sich Wüst als friedfertiger Familienmensch.
       Sonst gilt er eher als Kämpfernatur: Im NRW-Parlament liefert er sich
       regelmäßig leidenschaftliche Wortgefechte, was ihm den Ruf als „begabter
       Haudrauf und hart gesottener Wadenbeißer“ einbrachte, wie die „Frankfurter
       Allgemeine Zeitung“ es einmal formulierte.
       
       Für bundesweites Aufsehen sorgte etwa ein Interview Wüsts mit der
       „Bild“-Zeitung im Jahr 2004. Darin schlug er vor, Arbeitslose etwa zur
       Sauberhaltung von Spielplätzen, „die häufig mit Hundekot, Glasscherben und
       Drogenspritzen verschmutzt sind“, einzusetzen. Der „taz“ sagte er später
       dazu: „Ich riskiere eben auch schon einmal eine schlechte Überschrift, wenn
       ich mir in der Sache sicher bin.“
       
       Geboren wurde Wüst in der westfälischen Kleinstadt Rhede, wo er auch seine
       ersten Schritte in der Politik machte. Mit 15 Jahren trat er der Jungen
       Union bei, später übernahm er deren Landesvorsitz. Nach dem Abitur
       studierte er Jura und wurde 2003 als Rechtsanwalt zugelassen. Wüst
       arbeitete ein Jahr lang bei einer Unternehmensberatung und zog 2005 als
       damals jüngster CDU-Abgeordneter in den Düsseldorfer Landtag ein. Nur ein
       Jahr später stieg Wüst zum Generalsekretär auf.
       
       Im Lauf seiner Karriere war Wüst in mehrere Skandale verwickelt, die sein
       Image vom Law-and-Order-Politiker schädigten. Einer davon war die später
       als Videoaffäre bekannte gegenseitige Wahlkampfbeobachtung von SPD und CDU
       vor der Bundestagswahl 2009.
       
       ## Überflieger auf dem Liegerad
       
       In die Bredouille brachten ihn zudem Vorwürfe, über mehrere Jahre hinweg
       überhöhte Zuschüsse zu seiner privaten Kranken- und Pflegeversicherung
       angenommen und die entsprechenden Leistungen seines Arbeitgebers nicht mit
       denen des Parlaments verrechnet zu haben. Letztlich zahlte Wüst insgesamt
       rund 6000 Euro an die Landesverwaltung zurück.
       
       Den bisher größten Schaden nahm Wüst bei der sogenannten Sponsoringaffäre
       im Februar 2010. Damals übernahm er die politische Verantwortung für die
       bekannt gewordenen umstrittenen Praktiken der NRW-CDU bei der Gewinnung von
       Sponsoren, welche die Regierungspartei wegen des Vorwurfs der Käuflichkeit
       stark unter Druck gebracht hatten. In Briefen an potenzielle Geldgeber
       wurden etwa Einzelgespräche mit dem Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers
       angeboten. Wüst trat von seinem Amt als Generalsekretär zurück.
       
       Bei der Landtagswahl im selben Jahr hatte die CDU deutliche Verluste zu
       verschmerzen. Wüst hingegen verteidigte sein Direktmandat und schärfte
       fortan als wirtschaftspolitischer Sprecher und Vorsitzender des
       Parlamentskreises Mittelstand seiner Fraktion auf der Oppositionsbank sein
       Profil.
       
       Sein politisches Comeback gelang Wüst nach dem Regierungswechsel nach der
       Landtagswahl 2017: Ins schwarz-gelbe Kabinett unter Laschet wurde er als
       neuer Verkehrsminister berufen. Seitdem setzt er sich vor allem in
       Onlinenetzwerken gekonnt in Szene. Mal radelt er im Anzug mit dem
       Liegefahrrad durch die Gegend, mal sieht man ihn im T-Shirt beim
       Heimwerken, mal lehnt er an der Wand und liest mit seiner im Frühjahr
       geborenen Tochter in der Babytrage ein Buch.
       
       Aktualisiert und ergänzt am 27.10.2021 um 16:10 Uhr. d. R.
       
       27 Oct 2021
       
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