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       # taz.de -- Verfassungsbeschwerde eingelegt: Zschäpe geht gegen NSU-Urteil vor
       
       > Der Bundesgerichtshof hat das Urteil gegen Beate Zschäpe bestätigt. Die
       > NSU-Terroristin legt dagegen nun eine Verfassungsbeschwerde ein.
       
   IMG Bild: Will sich mit dem NSU-Urteil nicht abfinden: Beate Zschäpe
       
       BERLIN taz | Die Hauptbeschuldigte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, geht
       gegen ihre rechtskräftige Verurteilung vor. Ein Sprecher des
       Bundesverfassungsgerichts bestätigte am Donnerstag der taz, dass bereits am
       20. September eine entsprechende Verfassungsbeschwerde erhoben wurde. Zuvor
       hatte [1][der Spiegel] darüber berichtet.
       
       Auch Matthias Grasel, Verteidiger von Zschäpe, bestätigte der taz den
       Vorgang. Die [2][Entscheidung des Bundesgerichtshofs] (BGH), Zschäpes
       Urteil für rechtskräftig zu erklären, sei „falsch und überraschend“, so
       Grasel. Es widerspreche der bisherigen Rechtssprechung des BGH. Ziel sei
       es, mit der Verfassungsbeschwerde doch noch eine mündliche Verhandlung vor
       dem Bundesgerichtshof über die Revision zu erreichen.
       
       Zschäpe war [3][im Juli 2018] vor dem Oberlandesgericht München als
       Mittäterin für die zehnfache NSU-Mordserie zu lebenslanger Haft mit
       besonderer Schwere der Schuld verurteilt worden. Sie hatte dagegen vorm BGH
       Revision eingelegt: Sie sei keine Mittäterin, alle Taten gingen auf das
       Konto ihrer Kumpanen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
       
       ## Der BGH sieht Zschäpe als volle Mittäterin
       
       Der BGH wies das [4][im August per Beschluss zurück] und erklärte das
       Urteil gegen Zschäpe für rechtskräftig. Die Beweiswürdigung weise keine
       Rechtsfehler auf und sei „[5][in hohem Maße plausibel]“, so die
       RichterInnen. Die NSU-Taten seien gemeinschaftlich begangen worden und
       Zschäpe habe dabei „sowohl Tatherrschaft als auch Tatinteresse“ besessen.
       Ohne ihr Zutun hätten die „verfolgten Ziele der Taten nicht erreicht werden
       können“.
       
       Grasel und die Mitverteidiger Wolfgang Heer sowie Andreas Lickleder sehen
       das in ihrer Verfassungsbeschwerde anders. Zschäpe sei an keinem Tatort
       gewesen und habe nach eigenem Bekunden weder an den Tatplanungen mitgewirkt
       noch überhaupt etwas davon mitbekommen, behaupten sie. Ein bloßes Interesse
       am „Taterfolg“ reiche für eine Mittäterschaft nicht aus – das habe der BGH
       in früheren Entscheidungen auch so gesehen.
       
       Dass es im Fall Zschäpe nun anders lief und der BGH seine bisherige
       Rechtsprechung ändere, „damit haben wir nicht gerechnet“, sagte Grasel der
       taz. Es brauche daher eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof,
       damit die Verteidigung auf die neue Rechtsprechungslage reagieren könne.
       Andernfalls würden die Grundrechte von Zschäpe beschnitten.
       
       ## Entscheidung über Verfassungsbeschwerde kann dauern
       
       Wann das Bundesverfassungsgericht indes über die Verfassungsbeschwerde
       entscheidet, ist völlig offen. „Ein Entscheidungstermin ist nicht
       absehbar“, sagte ein Sprecher der taz. Erfahrungsgemäß kann dies etliche
       Monate dauern.
       
       Eine mündliche Verhandlung über die Revision eines NSU-Urteils will der BGH
       nur im Fall des mitverurteilten [6][NSU-Helfers André Eminger] abhalten,
       dem engsten Vertrauten des untergetauchten Trios. Er war zu nur zweieinhalb
       Jahren Haft verurteilt worden – die Bundesanwaltschaft hatte zwölf Jahre
       verlangt. Beide Seiten waren danach in Revision gegangen. Nun soll Anfang
       Dezember in Karlsruhe darüber beraten werden.
       
       Auch die zwei mitverurteilten NSU-Helfer Ralf Wohlleben, zehn Jahre Haft,
       und Holger G., drei Jahre Haft, hatten Revision eingelegt. Beide Anträge
       wurden indes als unbegründet abgewiesen, die Urteile sind nun
       rechtskräftig. Verfassungsbeschwerden dieser beiden Verurteilten seien
       bisher nicht eingegangen, sagte der Sprecher des Bundesverfassungsgerichts.
       
       28 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-beate-zschaepe-geht-gegen-bgh-entscheidung-vor-a-32473087-b34b-4635-8e05-a081a749dd3e
   DIR [2] /BGH-bestaetigt-lebenlange-Haftstrafe/!5789983
   DIR [3] /Urteile-im-NSU-Prozess/!5517273
   DIR [4] /Reaktionen-auf-BGH-Urteil-zum-NSU/!5789982
   DIR [5] /BGH-bestaetigt-lebenlange-Haftstrafe/!5789983
   DIR [6] /NSU-Entscheidung-von-Bundesgerichtshof/!5789722
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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