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       # taz.de -- Pestizide für die Zuckerproduktion: Rübenbauern wollen „Bienenkiller“
       
       > Ein Zuckerverband beantragt, das Pestizid Thiamethoxam benutzen zu
       > dürfen. Dabei hat die EU es wegen seiner Risiken für Bienen im Freiland
       > verboten.
       
   IMG Bild: Ein Rübenroder im Einsatz bei der Zuckerrübernernte 2021
       
       Berlin taz | Deutsche Zuckerrübenbauern wollen eine Ausnahmegenehmigung, um
       auch 2022 ein von der EU wegen Risiken für Bienen verbotenes Pestizid
       einzusetzen. „Wir haben das wieder beantragt, weil es immer noch keine
       Alternative gibt“, sagte eine Sprecherin des Verbands Wirtschaftliche
       Vereinigung Zucker der taz. Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und
       Lebensmittelsicherheit (BVL) liegt nach eigenen Angaben ein Antrag auf
       Notfallzulassung für ein Mittel aus der Gruppe der Neonikotinoide vor.
       
       Es handele sich um ein Insektizid mit dem Wirkstoff Thiamethoxam, so der
       Verband Süddeutscher Zuckerrübenanbauer. Genau dieses Mittel und sein
       Abbauprodukt Clothianidin – ebenfalls ein Neonikotinoid – hat sich in
       Teilen Frankens [1][unkontrolliert ausgebreitet], nachdem mit dem Stoff
       ummantelte Zuckerrübensamen ausgesät worden waren.
       
       Eigentlich hat die EU 2018 verboten, Thiamethoxam und Clothianidin im
       Freiland auszubringen. Mehrere Studien hatten gezeigt, dass diese Pestizide
       Bienen schädigen. Neonikotinoide können Experten zufolge Insekten bereits
       bei einer niedrigen Dosierung lähmen, töten oder das Lernvermögen und die
       Orientierungsfähigkeit beeinträchtigen. Das betrifft nicht nur Bienen,
       sondern auch andere Insekten und Wasserorganismen. Da immer mehr
       Insektenarten aussterben, wollte die EU das nicht länger hinnehmen.
       
       Doch das der noch amtierenden Agrarministerin Julia Klöckner (CDU)
       unterstellte BVL erteilte mehrere Notfallzulassungen. Die
       EU-Pestizidverordnung erlaubt solche Ausnahmen, wenn sich eine „Gefahr“
       nicht anders abwehren lässt. Die „Gefahr“ war in diesem Fall eine
       Blattlaus, die durch Saugen die Pflanzen mit verschiedenen Vergilbungsviren
       infiziert. Die Blätter verfärben sich gelblich, die Photosynthese stockt,
       und die Rübe verkümmert. Das kann die Ernte erheblich schmälern.
       
       ## Thema bei Verhandlungen über Ampelkoalition
       
       Die deutschen Zuckerrübenbauern argumentieren, die meisten ihrer
       [2][Konkurrenten im EU-Ausland] dürften ebenfalls Saatgut mit
       Neonikotinoiden einsetzen. Da die Rüben vor der Blüte geerntet werden,
       würden sie nicht von Bienen angeflogen und seien deshalb keine Gefahr für
       diese Insekten.
       
       Bienen würden jedoch das sogenannte Guttationswasser aufnehmen, das die
       Pflanzen über die Blätter ausscheiden können, sagte Martin Häusling,
       agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, der taz. Wenn
       Mitgliedstaaten das Verbot durch ständige „Ausnahmen“ unterliefen, müsse
       die EU-Kommission einschreiten. Die Risiken durch Thiamethoxam seien
       wissenschaftlich belegt.
       
       „Ich werde mich bei den Koalitionsverhandlungen dafür einsetzen, dass es
       keine Notfallgenehmigungen mehr für Neonikotinoide in Deutschland gibt,
       nach den Ergebnissen aus Bayern erst recht nicht“, so Häusling, der an den
       Gesprächen zwischen SPD, Grünen und FDP über die neue Bundesregierung
       teilnimmt.
       
       Dass sich Zuckerrüben auch ohne Neonikotinoide oder ähnlich wirkende
       chemisch-synthetische Insektizide anbauen lassen, zeigen dem Umweltinstitut
       München zufolge Öko-Landwirt:innen. Sie würden zum Beispiel die natürlichen
       Fressfeinde der Grünen Pfirsichblattlaus fördern. Allerdings ernten
       Biobauern pro Hektar weniger als konventionelle.
       
       31 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nach-Notfallzulassung-eines-Pestizids/!5799734
   DIR [2] https://www.zuckerverbaende.de/wir-sind-zucker/ruebenanbau/pflanzenschutz/neonicotinoide/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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