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       # taz.de -- G20-Gipfel und COP26: Der Ton wird fordernder
       
       > Die KlimaaktivistInnen werden zunehmend salonfähig. Das ist ermutigend,
       > denn es braucht den politischen Willen, um die Erderwärmung zu bremsen.
       
   IMG Bild: Befeuern den politischen Willen: KlimaaktivistInnen in Glasgow
       
       Bei ihrer Abschiedsvorstellung bei der UN-Klimakonferenz am Montag blieb
       sich Bundeskanzlerin Angela Merkel treu: Sie sprach vor einem praktisch
       leeren Saal, gab einen kurzen Rückblick, einen Ausblick auf deutsche
       Projekte zum Waldschutz und zum Kohleausstieg in Südafrika und mahnte die
       Weltgemeinschaft, in Zukunft mehr zu tun. Solide, realistisch und ohne
       große Visionen.
       
       Dafür wird sie von der globalen Klimagemeinde verehrt. Denn große Visionen,
       die ein paar Jahre später vergessen sind, hört man auf den COPs mehr als
       genug. Selten sind so viele Schaumschläger auf einem Fleck versammelt wie
       beim „Gipfel der Weltführer“, wo bei jedem „Die Zeit zum Handeln ist jetzt“
       eine Milliarde Dollar ins Phrasenschwein gesteckt werden sollte. Die Zeit
       zum Handeln ist seit 30 Jahren, spätestens seit [1][Paris 2015].
       
       Aber in der Realität wurde in der Vergangenheit von zu vielen wichtigen
       Ländern doch eher gewartet und gefürchtet als gehandelt. Aber diese
       Rhetorik verschiebt sich gerade langsam in [2][Glasgow]. Da werden die zum
       großen Teil jungen DemonstrantInnen von vielen PolitkerInnen verbal umarmt
       und ihre Parolen als offizielle Sprachregelung ausgegeben.
       UN-Generalsekretär Guterres klingt mit jeder Rede und jedem neuen
       Klimabericht radikaler und verzweifelter.
       
       Die Vorwürfe der armen Länder an die Adresse der Industrienationen bekommen
       breiteren Raum, sie klingen weniger schrill als früher, stützen sich auf
       Fakten und sind weder logisch noch moralisch zu widerlegen: Die
       Industrieländer haben ihre Zusagen gleich mehrfach gebrochen und müssen
       nachliefern. Das sind ermutigende Anzeichen. Denn ob Glasgow ein Erfolg
       wird, hängt weniger an den konkreten Details, die etwa zu Anrechungsregeln
       oder Zeitrahmen vereinbart werden.
       
       ## Politischer Wille muss stärker werden
       
       Diese Weichenstellungen sind für die Zukunft sehr wichtig, rufen aber
       Begeisterung nur in einer kleinen Gruppe von Klima-Nerds hervor. Wirklich
       wichtig wird die geplante „politische Erklärung“ zum Ende der COP. Darin
       wird sich zeigen, ob es einen neuen Schwung gibt, die alten Beschlüsse und
       Ziele endlich überall ernsthaft anzufangen. Alle betonen ja immer, es fehle
       nicht an Geld, Technik oder Ideen, um die Klimakrise zu bremsen – sondern
       an politischem Willen. Genau das kann und muss sich in Glasgow ändern.
       
       Der [3][G20-Gipfel in Rom] vor der COP hat bei allen Enttäuschungen
       zumindest die Tür dafür geöffnet, weil sich dort alle Staaten zum Beispiel
       zum 1,5 Grad-Ziel und zur Klimaneutralität bekannt haben. Die britische
       Konferenzleitung setzt beim Waldschutz, dem Kampf gegen kurzfristige
       Klimakiller wie Methan oder dem Aus für Kohle und Verbrennungsmotor
       ebenfalls stark auf politische Erklärungen und Allianzen. Wenn Glasgow ein
       breites Signal sendet, dass es endlich überall ernsthaft losgeht, dann ist
       schon viel gewonnen.
       
       Wir ertragen weitere Reden, die beginnen mit „die Zeit zum Handeln ist
       jetzt“ nur dann, wenn die Zeit zum Handeln wirklich jetzt ist. Und die
       Milliarden aus dem Phrasenschwein spenden wir für die Klimahilfen zur
       Anpassung an den Klimawandel.
       
       2 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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