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       # taz.de -- Bauprojekt-Streit in Hamburg-Steilshoop: „Zu viel und am falschen Ort“
       
       > In Hamburgs am engsten besiedelten Quartier will die Stadt 470 weitere
       > günstige Wohnungen bauen. Eine Initiative wehrt sich gegen „mehr vom
       > Gleichen“.
       
   IMG Bild: In Steilshoops Hochhäusern wohnen viele Menschen. Nun wird die Fläche einer früheren Schule bebaut
       
       Hamburg taz | Weil Hamburg günstige Wohnungen braucht, entwickelte die
       Stadt die Idee der „Hamburg-Wohnungen“: Die werden auf städtischem Grund
       gebaut und können anschließend für acht Euro Kaltmiete oder etwas mehr
       gemietet werden. Mit 470 werden die meisten davon im Stadtteil Steilshoop
       geplant, einer Hochhaussiedlung aus den 1970er-Jahren. Zu viel und am
       falschen Ort, findet die [1][Anwohnerinitiative „Nicht mehr vom Gleichen“].
       
       „Wir fordern ein Moratorium für diese Pläne“, sagt Andreas Holzbauer, der
       Pastor der Gemeinde. Denn die Anwohner seien vom zuständigen Bezirk und den
       Behörden nicht wirklich beteiligt worden. „Der Standardspruch ist:,Wir
       nehmen das mit’“, sagt Initiativen-Sprecher Kai-Uwe Zirk. Einwände würden
       überhört.
       
       Den Plänen widmete sich bereits die Zeit und titelte, Steilshoop sei
       [2][Hamburgs „Stadtteil für Arme“]. Der besteht aus zwölf Hochhaus-Ringen,
       die jeweils bis zu 13 Stockwerke haben. Satteliten-Fotos zeigen im Innern
       grüne Höfe. Deshalb mag mancher zustimmen, wenn der Rot-Grüne Senat
       beteuert, dort sei es in Wirklichkeit nicht dicht besiedelt.
       
       Geplant sind laut [3][Architekturwettbewerb] der Wohnbaufirma Saga nun
       wieder drei Häuserringe, teils vier, teils sechs, teils sogar sieben
       Stockwerke hoch, in günstiger „Systembauweise“. Eine Anwohnerin nennt es
       „Klein-Steilshoop neben Groß-Steilshoop“.
       
       ## Verwaltung trickst mit Dichte-Zahl
       
       Der Platz dafür entsteht wesentlich durch die Verkleinerung der
       Schulflächen, die im Norden an den Bramfelder See grenzen. Die große
       Gesamtschule wurde durch einen kleineren Bau ersetzt. Und die Grundschule
       daneben wurde im vergangenen Winter dem Erdboden gleich gemacht. Dabei
       hatte man die Bürger 2013 in Workshops gefragt, was sie dort gern täten.
       [4][Ideen gab es viele], von Urban Gardening über Cafés bis zu
       Wohnprojekten.
       
       Die Fläche am See ist auch nach dem Abriss noch Projektionsfläche für
       Wünsche. Anwohner bangen, dass dort Häuser entstehen, die die grünen Bäume
       überragen. Könne es dort nicht eine Erholungsfläche „für die vielen in der
       Großsiedlung lebenden Menschen“ geben, fragte ein Bürger [5][bei der
       Bauplananhörung]. Kommentar der Verwaltung: „Steilshoop ist nach Maßstab
       der Einwohnerdichte nicht übermäßig dicht bewohnt.“ So gäbe es dort pro
       Quadratkilometer 7.870 Menschen – viel weniger als in Eimsbüttel.
       
       Nur ist diese Zahl irreführend, weil sie sich auf den „Stadtteil
       Steilshoop“ bezieht, der dreieinhalb mal so groß ist und auch locker
       bebaute Wohngebiete und unbewohnten Gewerbebau umfasst. Im eigentlichen
       Hochhaus-Quartier Steilshoop wohnen [6][laut einem Quartiers-Vergleich des
       Statistikamts Nord] die Menschen in einer Dichte von 20.115 Menschen pro
       Quadratkilometer. Das ist nach dem Phönix-Viertel in Harburg die
       zweithöchste Dichte der Stadt.
       
       Es gehe hier nach dem Motto, „weil ihr Hochhäuser habt, kriegt ihr
       weitere“, erbost sich Andreas Holzbauer. Die Initiative ist nicht gegen
       Wohnungbau. Gut vorstellbar wäre ein Wohnhaus für Studierende und Azubis.
       Doch nötig sei eine Mischung mit Gewerbe, Geschäften und Cafés. Holzbauer:
       „Es gibt hier keine Bank, keine Post, und außer Aldi keine
       Lebensmittelläden.“ „Man parkt dort die Leute, aber leben können sie dort
       nicht“, ergänzt Kai-Uwe Zirk. Das Quartier habe nicht mal ein Restaurant.
       
       Die Karten müssten noch mal auf den Tisch, sagt Pastor Holzbauer. Vor allem
       Jugendliche müssten ihre Ideen einbringen. Er kenne kein Argument, das
       gegen Wohnungen für junge Leute spreche. Auch stört die Initiative, dass
       hier nicht wie üblich ein „Drittelmix“ von geförderten Wohnen, Vermietung
       und Eigentum geplant ist, um die Mischung zu fördern. „Man könnte im
       Erbbaurecht bezahlbares Eigentum für junge Familien anbieten“, sagt Zirk.
       
       Anfang November trat die Anwohnerinitiative „Nicht mehr vom Gleichen“ vor
       die Presse und sorgte damit zumindest im Bezirk Wandsbek für etwas Unruhe.
       Grüne und SPD forderten [7][mit einem Antrag die Verwaltung auf, auf die
       Kritik einzugehen]. Am 18. Januar soll ein Saga-Vertreter im
       Planungsausschuss Rede und Antwort stehen. Doch auch wenn sich die
       Bezirkspolitiker nun Studentenwohnen dort vorstellen können, geht es hier
       um das Wie, nicht mehr um das Ob.
       
       „Ein Moratorium ist für dieses Projekt nicht vorgesehen“, sagt eine
       Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde auf taz-Nachfrage. Eine Beteiligung
       der Öffentlichkeit habe es seit 2013 mit der Erstellung eines „Rahmenplans“
       gegeben. Die nun geplante Bebauung entspreche dem „menschlichen Maßstab von
       Gründerzeitbebauungen“, und komme in zahlreichen anderen Quartieren zum
       Einsatz.
       
       Heike Sudmann, Wohnungspolitikerin der Linksfraktion, ist etwas hin- und
       hergerissen. „Eigentlich müsste Hamburg nur noch günstige Wohnungen bauen
       und auf diesen Drittelmix mit teuren Wohnungen verzichten“, sagt sie.
       Steilshoop sei aber nicht mit gut situierten Gründerzeitquartieren zu
       vergleichen. „Statt das hier mit der Brechstange durchzuziehen, müsste die
       Stadt mit den Leuten offen reden, und gucken, was sie brauchen“.
       
       16 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal_1800/Protest-gegen-weitere-Hochhaeuser-in-Steilshoop,hamj115512.html
   DIR [2] https://www.zeit.de/2021/22/hamburg-steilshoop-hochhaeuser-wohngebiet-stadtplanung?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de
   DIR [3] https://www.ppl-hh.de/hamburg-steilshoop-nord
   DIR [4] /Neubauten-in-Hamburg-Steilshoop/!5579825
   DIR [5] https://sitzungsdienst-wandsbek.hamburg.de/bi/___tmp/tmp/45-181-136/OKZCxgdm8al85zATiPHGCcsyhUQ6G9ZS4O4ctFmm/XbgriDAyP/84-Anlagen/03/Steilshoop11_12_ZusammenstellungderBeitraegeau.pd
   DIR [6] https://www.statistik-nord.de/fileadmin/Dokumente/NORD.regional/NR21_Statistik-Profile_HH-2018.pd
   DIR [7] https://sitzungsdienst-wandsbek.hamburg.de/bi/vo020.asp
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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