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       # taz.de -- Tennisprofi Zverev im Zwielicht: Freunde und Feinde
       
       > Bei den ATP-Finals bestätigt Alexander Zverev erneut seine starke Form.
       > Beschädigt wird die tolle Jahresbilanz jedoch durch Gewaltvorwürfe gegen
       > ihn.
       
   IMG Bild: Dynamischer Auftritt: bei den ATP-Finals in Turin demonstriert Zverev seine Fitness
       
       Turin taz | Als Alexander Zverev bei den ATP-Finals in Turin nach seiner
       knappen 3:6, 7:6 und 6:7-Niederlage am Dienstag im zweiten Gruppenspiel
       gegen Titelverteidiger Daniil Medwedew fluchtartig die riesige Arena Palo
       Alpitour verließ, brandete noch einmal heftiger Applaus auf. Ja, die
       Tennis-Fans mögen den Deutschen mittlerweile. Auch hier in Italien, wo das
       Publikum sehr fair ist und fachkundig wirkt. Zverev, die Nummer 3 der
       Weltrangliste, hat ein famoses Tennisjahr hinter sich. Selbst ohne den noch
       möglichen Titel bei den ATP-Finals, dem traditionellen Jahresabschluss der
       besten acht Tennis-Herren, bleibt die Bilanz des 24-Jährigen exzellent.
       
       Fünf Titel hat Zverev in dieser Saison gewonnen. So viele wie keiner seiner
       Konkurrenten. Darunter waren die prestigeträchtigen Masters-Turniere in
       Madrid und Cincinnati. Sein nach eigenen Angaben „emotionalstes Erlebnis
       der Karriere“ [1][fand aber im Sommer bei den Olympischen Spielen statt.]
       Dort schlug er im Halbfinale im vermutlich besten Match seiner Karriere
       zunächst den Weltranglisten-Führenden Novak Đoković und im Endspiel Karen
       Khachanov aus Russland.
       
       Der Gewinn der Goldmedaille hat definitiv etwas gemacht mit dem
       Fast-Zwei-Meter-Riesen. Zverev kann immer noch unnahbar wirken, und manche
       Kritiker werfen ihm eine gewisse Arroganz vor, aber gerade die Erlebnisse
       in Tokio, das betont Zverev bei jeder Gelegenheit, haben ihn auch demütig
       gemacht. Dieses für einen Individualsportler neue Gefühl, bei Olympia im
       Kollektiv ein Land zu repräsentieren, war wichtig – und hat seine Wirkung
       nicht verfehlt. Zverev ist reifer geworden, auch sportlich.
       
       Seine Grundschläge sind noch einmal härter, er ist beweglicher als früher
       und kann aufgrund seiner verbesserten Physis problemlos lange Matches
       bestreiten. Das unerschütterliche Vertrauen in die eigene Stärke ist Zverev
       eh gegeben. Nach der Niederlage gegen Medwedew klang er nicht wie ein
       Verlierer: „Es war alles gut. Alles ist okay. Ich habe immer noch große
       Chancen, das Turnier hier zu gewinnen“, sagte er.
       
       ## Gewaltvorwürfe seiner Ex-Freundin
       
       Mit einem Sieg im letzten Gruppenspiel gegen den polnischen
       Turnier-Debütanten Hubert Hurkacz am Donnerstag könnte Zverev den
       Halbfinal-Einzug klarmachen. Natürlich hat ihn die Niederlage gegen
       Medwedew, der sich langsam zu einer Art Erzrivalen entwickelt, geärgert.
       Das leicht Patzige, das dann beim Weltranglistendritten gerne
       durchschimmert, gehört zum Programm. Da bleibt Zverev bei aller
       persönlichen Erneuerung ganz der Alte.
       
       Trotz des sportlichen Höhenflugs und seiner immer erfolgreicher
       verlaufenden Karriere, zuletzt war Zverev sogar für die Auszeichnung als
       „Sportler des Jahres“ im Gespräch, schwebt ein schweres Thema über dem
       Hamburger. Es geht um die seit einem Jahr im Raum stehenden Gewaltvorwürfe
       einer Ex-Freundin. Die russische Fotografin Olya Sharypova hat Zverev in
       zwei langen Veröffentlichungen in den amerikanischen Magazinen Raquet und
       Slate im Herbst 2020 und 2021 vor den US Open schwer beschuldigt.
       
       Es geht um physische und psychische Gewalt. Zverev bestreitet die Vorwürfe.
       Mittlerweile untersucht die Spielervereinigung ATP den Vorfall. Wie genau
       und mit welcher Intensität, ist allerdings unklar. Man hört, dass Sharypova
       noch immer nicht kontaktiert worden sei. [2][Zverev unterstützt die
       Ermittlungen der Spielerorganisation.] Zuletzt etwas darüber gesagt hat er
       am Rande der US Open im September. Seitdem schweigt Zverev.
       
       In der Tenniswelt wird über den Fall getuschelt, mal leise, mal lauter. Im
       Internet hat sich eine breite Front auf die Seite der Russin geschlagen.
       Hinter dem Hashtag #IBelieveOlya versammeln sich viele User, die Sharypova
       unterstützten. Zverev wurde und wird dort von seinen Anhängern verteidigt.
       Der heftigste Gegenwind kommt aus den USA, dem Land, in dem die Vorwürfe
       publik wurden. Wie im Internet, so gibt es in der Tennisbranche zwei
       Fraktionen. Gerade von den internationalen Medien wird Zverev äußert
       kritisch betrachtet. Das geht so weit, dass bestimmte Pressevertreter den
       Deutschen in ihrer Berichterstattung und auf Pressekonferenzen ignorieren.
       Zverev lässt sich davon bisher nicht beeindrucken.
       
       17 Nov 2021
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Bellstedt
       
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