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       # taz.de -- Protestbewegung in Burkina Faso: Wachsender Zorn
       
       > In Burkina Faso formiert sich eine neue Protestbewegung. Sie demonstriert
       > gegen die andauernde Gewalt – und die Regierung von Präsident Kaboré.
       
   IMG Bild: Ouagadougou am Dienstag: Menschen demonstrierten gegen Präsident Kaboré und Frankreich
       
       Cotonou taz | Der Zorn in Burkina Faso wächst. In der Hauptstadt
       Ouagadougou haben am Dienstag etwa 300 Menschen gegen die Regierung von
       [1][Präsident Roch Marc Christian Kaboré] protestiert und dessen Rücktritt
       gefordert. Das ist nicht viel, aber es soll nur der Anfang sein.
       
       Grund ist die [2][andauernde Gewalt in Burkina Faso], für die Terrorgruppen
       und Banditen verantwortlich sind. Mehr als 1,4 Millionen der 20 Millionen
       Einwohner sind im eigenen Land auf der Flucht, knapp zwei Drittel im Norden
       des Landes, wo bewaffnete islamistische Gruppen aktiv sind.
       
       In Ouagadougou ist von „absoluter Inkompetenz“ des Präsidenten die Rede.
       „Sauvons le Burkina Faso“ – „Rettet Burkina Faso“ – heißt es auf Plakaten,
       die die Protestierenden auf dem Platz der Revolution ausbreiteten. So
       lautet auch der Name der Bewegung, die zu dem Protest aufrief und für den
       27. November einen weiteren angekündigt hat. Einer der Organisatoren,
       Mohamed Koumsongo, sagt gegenüber Journalist*innen: „Die Regierung ist an
       ihre Grenzen gestoßen. Sie hat keine Strategie, Terroristen zu bekämpfen.“
       
       Die Protestierenden verlangen ein Einschalten des Mogho Naaba,
       traditionelles Oberhaupt der Mossi, der größten ethnischen Gruppe im Land.
       Er gilt als geachteter Vermittler bei Konflikten. Unterstützt werden sie
       auch von Oppositionsführer Eddie Komboïgo. Vergangene Woche setzte er
       während einer Pressekonferenz Präsident Kaboré ein Ultimatum von einem
       Monat. Falls nichts geschehe, müsse dieser zurücktreten.
       
       ## Trikolore in Flammen
       
       Der Ärger richtet sich auch gegen die einstige Kolonialmacht Frankreich.
       Auf einem Foto ist eine brennende Trikolore zu sehen. Einige
       Demonstrant*innen sind sicher: Durch die große [3][militärische Präsenz
       Frankreichs im Sahel] – vor allem in Mali – haben sich die Konflikte weiter
       verschärft. Von dort aus kamen einst die islamistischen Untergrundgruppen,
       die jetzt den Norden Burkina Fasos unsicher machen.
       
       Dort hatte sich am Wochenende der jüngste schwere Angriff ereignet.
       Bewaffnete stürmten eine Polizeistation in der Provinz Soum und töteten 28
       Soldat*innen und vier Zivilist*innen. Die Angreifer kamen am frühen
       Sonntagmorgen auf Motorrädern und Pickups. Es heißt, dass der Angriff
       mehrere Stunden dauerte.
       
       Präsident Kaboré sprach den Hinterbliebenen sein Beileid aus. Per Twitter
       sagte er: „Angesichts der Mächte des Bösen, die uns einen gnadenlosen Krieg
       aufzwingen, müssen wir vereint und entschlossen bleiben. Wir werden nicht
       zulassen, dass die Fundamente unserer Nation untergraben werden.“ Bis
       Donnerstag wurde eine dreitägige Staatstrauer angeordnet.
       
       ## Konflikte in Baumwollregionen
       
       Nach jedem schweren Anschlag – am vergangenen Freitag waren sieben
       Polizist*innen umgebracht worden – betont Kaboré, man müsse wirksam
       gegen den Terror kämpfen. Dass das gelinge, ist nirgendwo zu spüren, im
       Gegenteil. Die Gewalt hat sich längst in Richtung Osten an die Grenze zu
       Niger ausgebreitet. Neueste betroffene Region ist der Südwesten, der lange
       als sicher galt, aber einen spürbaren Anstieg von Überfällen verzeichnet.
       Dort wird das wichtige Exportgut Baumwolle angebaut, und es ist die
       Grenzregion zum Nachbarland Elfenbeinküste.
       
       In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Spekulationen darüber, ob
       die Regierung mit den Terroristen verhandeln sollte. Kaboré hat das stets
       abgelehnt, aber große Teile der Bevölkerung sehen darin die einzige Lösung.
       Ein Beobachter im Norden schätzt: „Die Regierung ist gegenüber der
       aktuellen Entwicklung keinesfalls gleichgültig. Die entscheidende Frage
       ist, ob ihre Strategie die richtige ist.“
       
       17 Nov 2021
       
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