# taz.de -- Eskalation im Südkaukasus: Alijews Appetit kommt beim Essen
> Die neueste Eskalation im Südkaukasus kommt nicht überraschend. Denn
> Aserbaidschans autokratischer Präsident will mehr.
IMG Bild: Der Machthaber will von innenpolitischen Problemen ablenken: Feiernde am 8. November in Baku
Wer geglaubt hatte, dass es keine neuen Kämpfen im Südkaukasus mehr geben
würde, sieht sich jetzt eines Besseren belehrt. [1][Die neue Eskalation]
war absehbar und die Waffen werden solange nicht schweigen, wie es zu
keinem wirklichen Friedensvertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan
kommt.
Mit russischer Vermittlung wurde der 44-tägige [2][Krieg um Bergkarabach]
am 10. November vergangenen Jahres zwar beendet. Doch das Abkommen zeichnet
nur eine Vision, wie die Region nach dem Krieg aussehen könnte. Die
mangelnde Klarheit musste dazu führen, dass beide Seiten die Einigung nach
eigenen Gutdünken interpretieren.
Das gilt besonders für [3][Aserbaidschans autokratischen Staatspräsidenten
Ilham Alijew]. Wie heißt es: Der Appetit kommt beim Essen. Und Alijews
Hunger ist noch lange nicht gestillt. Ihm reichen die sieben Gebiete um
Bergkarabach und Teile dieser von Armenier*innen bewohnten Region
nicht. Er will mehr. Das war bereits im Mai zu beobachten, als
[4][aserbaidschanische Truppen im Süden auf armenisches Territorium]
vordrangen.
Dabei geht es nicht nur darum, den Feind weiter zu demütigen. Vielmehr ist
jeder Erfolg Alijews an der Front dazu geeignet, von innenpolitischen
Problemen abzulenken – in einem Land, in dem schwere
Menschenrechtsverletzungen gegen Kritiker*innen des Regimes an der
Tagesordnung sind.
## Geostrategischer Machtpoker
Der erneute Ausbruch militärischer Kampfhandlungen hat darüber hinaus einen
regionalen Aspekt. Die Türkei, die Aserbaidschan im Krieg 2020 militärisch
unterstützt hatte, ist dabei, sich als wichtiger Player im Südkaukasus zu
etablieren. Das erklärt auch die relative Zurückhaltung Russlands,
vorgeblich die Schutzmacht Armeniens. Eine Konfrontation mit Ankara kann
Moskau jetzt nicht gebrauchen – Syrien lässt grüßen.
Angesichts des geostrategischen Machtpokers gerät aus dem Blick, dass diese
Woche wieder Menschen gestorben sind. Vor allem Zivilisten im Süden
Armeniens leiden und fürchten um ihr Leben. Das ist die eigentliche
Tragödie.
17 Nov 2021
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## AUTOREN
DIR Tigran Petrosyan
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