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       # taz.de -- Olympischer Online-Verkauf: Waldi für alle
       
       > Ein Olympia-Shop des IOC bietet nun online seine Waren an. Unter den
       > hässlichen Maskottchen macht nur der Münchner Waldi eine gute Figur.
       
   IMG Bild: Fast schon ikonografisch: Waldi, das Olympiamaskottchen der Sommerspiele 1972
       
       Olympia ist ein Geschäft. Das hört man allerorten. Fakt ist: Olympia hat
       ein Geschäft, also einen Shop. Vor Kurzem hat das Internationale Olympische
       Komitee ihn im Netz eröffnet. Er [1][poppte up]. Und man fragt sich, warum
       das so lange gedauert hat, wo der Kommerz die fünf Ringe doch wie Efeu
       umrankt.
       
       Freunde der Spiele müssen sich sputen, denn „The Olympic Collection
       Bleistiftspitzer“ für 5 Euro ist „fast weg“, ebenso „The Heritage
       Collection LA 1984 T-Shirt von Lacoste – Weiß“ für 60 Euro. Aber das
       niedliche Hündchen ist noch zu haben: „Waldi“ von den Olympischen
       Sommerspielen 1972 in München. Sein Schwanz ist hellblau, der Leib
       gestreift, die Brust grün. Der Wauwau kostet 38 Euro, und die Redaktion der
       Leibesübungen überlegt ernsthaft, ihn käuflich zu erwerben. Eine kleine
       olympische Plakatausstellung gibt es im Redaktionsgebäude, vierter Stock,
       schon. Da würde sich das erste olympische Maskottchen überhaupt gut machen.
       
       Waldi wurde ebenso berühmt wie der Designer Otl Aicher mit seinen
       stilbildenden Piktogrammen. München machte überhaupt vieles anders und
       richtig. Die Olympia-Organisatoren beauftragten erstmals eine private
       Werbeagentur damit, die Rechte des offiziellen Logos zu verkaufen, und ein
       Darsteller namens Merchandising betrat die Bühne, noch etwas unsicher. Aber
       er sollte im Laufe der Zeit Starruhm erwerben.
       
       Heute wird der neue olympische Shop von einem der reichsten Männer der USA,
       [2][Michael G. Rubin], verwaltet. Er besitzt die Vermarktungsfirma
       Fanatics, mit der das IOC zusammenarbeitet. Und nebenbei nennt Rubin die
       Sportteams Philadelphia 76ers (Basketball) und New Jersey Devils
       (Eishockey) sein Eigen. Der Bruder des Merchandising, Marketing, wurde nun
       gleichfalls groß. 1989 wurde in der olympischen Welt ein
       Marketingdepartement geschaffen. Lillehammer 1994 generierte das bis dato
       erfolgreichste Marketingkonzept der Winterspiele (500 Millionen Dollar
       inklusive TV-Rechte). In diesem Stil ging es weiter.
       
       ## Leergefegte Olympia-Shops
       
       So gänzlich neu sind Olympia-Shops freilich nicht. Die jeweiligen
       Ausrichter der Spiele hatten zuletzt immer einen vor Ort. Sie vertickten
       allen möglichen Kram, und die Fans standen Schlange. Am Ende waren die
       Läden meist leergefegt.
       
       Ich habe das zum Beispiel in Vancouver erlebt, als ich erst gegen Ende der
       Winterspiele shoppen ging. Es sah aus wie in einem Laden der
       DDR-Handelsorganisation HO. Nur noch Reste waren vorhanden. Ich raffte
       einige Ladenhüter zusammen, unter anderem ein Geschirrtuch, nur um nicht
       mit leeren Händen nach Hause zu kommen. Die so begehrten roten Handschuhe
       waren natürlich längst ausverkauft. Und auch in Rio de Janeiro 2016 kam ich
       wieder sehr spät an die Quelle. Die Schlange war endlos lang. In der Sonne
       bratend wäre ich am Strand der Copacabana fast kollabiert. Ich ergatterte
       schließlich Piktogramm-T-Shirts für die Kinder – was man nicht alles tut
       für die Kleinen.
       
       Ein Maskottchen habe ich ihnen nie mitgebracht. Die Viecher waren entweder
       absurd hässlich oder trugen hanebüchene Namen. Olympiamaskottchen sind
       meist ein Ausbund an Peinlichkeit. Anders Waldi. Er hat etwas Solides, ja
       fast schon Ikonografisches.
       
       Als Waldi Mitte der Neunziger von der Münchner Olympiapark-GmbH außer
       Dienst gestellt werden sollte, da wurde die SZ zum Sprachrohr des
       Vierbeiners: „Ich, Waldi, rufe alle, die mich noch haben, hegen und
       schätzen, zu einer Demo auf: Bildet mit allen meinen Zwillingsbrüdern eine
       Kette um den Olympiasee und schmeißt das namenlose Viech da hinein!“
       Allein, es nützte nichts: Ein Wesen namens Lympi wurde geschaffen. Aber wer
       kennt schon Lympi?! Waldi allein bellt oben auf dem Olymp. Wuff.
       
       19 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://shop.olympics.com/de/olympic-games/the-heritage-collection-munich-1972-waldi-plush-mascot/t-65472609+p-1268005265620+z-8-808855140?_ref=p-CLP%3Am-GRID%3Ai-r3c1%3Apo-10
   DIR [2] https://en.wikipedia.org/wiki/Michael_G._Rubin
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
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