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       # taz.de -- Petition der Woche: Skating ist not a crime!
       
       > Seit Oktober herrscht Skateverbot vor der Nationalgalerie in Berlin. Das
       > Museum sieht seinen Vorplatz gefährdet, die Skater:innen ihre Kultur.
       
   IMG Bild: Kunst und Skaten: vor der Neuen Nationalgalerie in Berlin 2005
       
       Es ist am frühen Abend nun schon dunkel in Berlin, und die Neue
       Nationalgalerie wird von Leuchtern angestrahlt. Vor dem Museum: viel Beton,
       ein ebener Vorplatz, große flache Treppenstufen, eine lange Rampe. Und
       keine Menschen. Dann ein leises Surren auf dem Beton. Es wird lauter. Kommt
       näher. Ein Skateboarder springt lässig vor der ersten Treppenstufe ab,
       dreht sein Brett zwischen den Füßen in der Luft, bevor er wieder zum Stehen
       kommt.
       
       Seit dreißig Jahren ist der Platz vor der Neuen Nationalgalerie ein Hotspot
       für Skateboarder, auch wieder seit [1][ihrer Wiedereröffnung im August],
       nach jahrelanger Renovierung. Doch seit dem 23. Oktober ist der Sprung über
       die Treppe verboten: Es gibt ein Skateverbot vor der Nationalgalerie,
       ausgesprochen von ebendieser. Es habe Schäden am Vorplatz und an den dort
       sich befindenden Skulpturen gegeben.
       
       Seitdem fahren hier nur noch wenige. Am Abend, wenn das Museum geschlossen
       ist: „Macht halt nicht mehr so Bock, wenn hier niemand mehr ist. Und auch
       keinen Bock, illegal zu skaten. Was soll das denn?“, sagt der Mann, der
       eben die Treppe runtergesprungen ist. Sein Brett wippt unter seiner
       Fußspitze.
       
       Erstmals wurde im Jahr 1997 über die Skater vor der Neuen Nationalgalerie
       gestritten. Damals ließ die Verwaltung Sand auf dem Vorplatz streuen. Die
       Glasscheiben der Galerie seien in Gefahr, hieß es. Außerdem würden die
       Klackgeräusche den Kunstgenuss der Museumsbesucher:innen
       beeinträchtigen. Die Scheiben sind nun neu, doch noch immer geht es um den
       Schutz des Museums. „Wir haben festgestellt, dass das Gebäude ziemlich in
       Mitleidenschaft gezogen wurde“, sagt Joachim Jäger, Leiter der Neuen
       Nationalgalerie. Deswegen habe man das Skaten erst mal verboten. „Das
       Museum lebt von Präzision und Perfektion. Es ist eben kein Altbau, der
       seinen Charme durch Abnutzung vergrößert“, so Jäger. Jetzt müsse man
       überlegen, wie man eine Jugendkultur erhalten und zugleich das Museum
       schützen könne.
       
       ## Skater:innen fordern einen Kompromiss
       
       Für die Skateboarder:innen geht es um die Frage, wer entscheidet, was
       Kultur sein soll – und wer an ihr in welcher Form teilnehmen darf. In
       anderen Ländern ist Skaten längst Kulturgut: Vor dem Museum of Contemporary
       Art in Barcelona oder vor dem Konzerthaus in Porto trifft sich regelmäßig
       die Weltelite des Sports. Seit diesem Jahr ist Skaten [2][sogar olympische
       Disziplin].
       
       In [3][einer Online-Petition] fordern die Skater:innen nun, das Verbot
       zu kippen. „Für den Erhalt der Skatekultur an der Neuen Nationalgalerie“
       lautet der Titel, 2.500 Menschen hatten bei Redaktionsschluss
       unterschrieben. Der angebotene Kompromiss: Skaten außerhalb der
       Öffnungszeiten. In der Petition wird die Künstlerin Veronika Kellndorfer
       zitiert: „Wenn man an einem Sonntagnachmittag in der Halle steht und
       draußen die Skater fahren sieht, dann entsteht wirklich dieses berühmte
       Fließen von innen nach außen, dann kippt es wirklich in ein Kunstwerk.“
       
       Auch die Nationalgalerie sei um eine Lösung bemüht, sagt Joachim Jäger. Wie
       die genau aussehen könnte, wisse man noch nicht. „Vermutlich, indem wir
       Regeln einführen, was auf dem Vorplatz möglich ist und was nicht.“ Man
       wolle jetzt erst mal mit den Skater:innen sprechen. Bis eine Lösung
       gefunden ist, bleibt das Verbot bestehen. Und der Museumsvorplatz
       menschenleer.
       
       13 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neue-Nationalerie-wiedereroeffnet/!5792342
   DIR [2] /Vom-Berliner-Skateverein-zu-Olympia/!5786599
   DIR [3] https://www.change.org/p/neue-nationalgalerie-f%C3%BCr-den-erhalt-der-skatekultur-an-der-neue-nationalgalerie
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Luisa Thomé
       
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