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       # taz.de -- Belarus, die Geflüchteten und die EU: Putins Werk, Lukaschenkos Beitrag
       
       > Was dieser Tage an der belarussisch-polnischen Grenze passiert, sorgt zu
       > Recht für Empörung. Doch die Ursache sitzt in Moskau.
       
   IMG Bild: Der Präsident und sein Vasall: Wladimir Putin (r.) mit Alexander Lukaschenko
       
       Alle Welt regt sich zu Recht über den belarussischen Staatschef Alexander
       Lukaschenko auf. Der Mann hat nicht nur sein eigenes Volk in Geiselhaft
       genommen, sondern benutzt jetzt auch wehrlose Geflüchtete, um einen
       [1][Rachefeldzug gegen die Europäische Union] zu führen.
       
       Doch wer ist eigentlich Alexander Lukaschenko? Ein Vasall Russlands. Jeder
       weiß: Es bedürfte nur eines Fingerschnippens von Wladimir Putin und
       Lukaschenko wäre weg vom Fenster.
       
       Deshalb muss sich dieser Tage der Blick vor allem nach Russland richten.
       Dort kann Putin die jüngsten Ereignisse mit Genugtuung betrachten, für ihn
       läuft alles nach Plan. Mit der [2][Unterzeichnung eines 28-Punkte-Plans],
       gemeinsame Militärdoktrin inklusive, ist in der vergangenen Woche die seit
       Jahren von Moskau forcierte Eingemeindung des Nachbarn ein gutes Stück
       nähergerückt.
       
       Doch es kommt noch besser: Die Präsenz von nur ein paar Tausend
       Geflüchteten hat die Schwachstellen in der Europäischen Union wieder einmal
       gnadenlos offengelegt. Ein Ausdruck dessen sind zwei Anrufe der
       geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel in Moskau, in denen sie an
       Putin appelliert, auf Lukaschenko mäßigend einzuwirken. Ja, warum sollte
       er?
       
       ## Hybrider Krieg gegen den Westen
       
       Schließlich geht es nicht um ein paar geschundene Seelen, mit denen Putin
       vorgeblich genauso wenig zu tun hat wie mit den prorussischen Kämpfern in
       der Ostukraine. Nein, dies ist eine weitere Facette des langfristig
       angelegten hybriden Krieges mit dem Ziel, den Westen zu destabilisieren.
       
       Leider könnte diese Strategie ein Stück weit aufgehen – dank Polen.
       [3][Warschau rüstet massiv an der Grenze zu Belarus auf]. Dorthin werden
       [4][weder humanitäre Hilfe noch Journalist*innen] durchgelassen, damit
       Menschenrechtsverletzungen wie Pushbacks möglichst nicht öffentlich werden.
       Genau das spielt dem Kreml in die Karten. Es ist doch nichts schöner, als
       den verrotteten Westen in eine Lage zu bringen, in der er seine eigenen
       Werte verrät.
       
       Was das anbetrifft, hat Polen ja schon einiges auf der Habenseite – siehe
       der [5][Konflikt mit Brüssel] über die Justizreform. Die folgt dem
       Grundsatz: Autoritär durchregieren und dafür Grundsätze wie
       Gewaltenteilung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit über Bord werfen.
       
       Was das in letzter Konsequenz bedeutet, kann Warschau jetzt vor der eigenen
       Haustür besichtigen. Was folgt daraus? Im besten Fall dämmert in Warschau
       langsam die Erkenntnis, den eigenen Kurs innerhalb der EU zu überdenken.
       
       Europa darf sich nicht weiter auseinanderdividieren lassen. Zumal die
       nächste Attacke aus dem Osten, in welcher Form auch immer, folgen wird.
       Darauf braucht es Antworten. Eine davon ist Geschlossenheit. Eine Mauer zu
       bauen, ist es nicht.
       
       12 Nov 2021
       
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