URI: 
       # taz.de -- Studie zu kultureller Teilhabe in Berlin: Zögerlichen Zugang zur Kultur
       
       > Die Berliner vermissten im Lockdown ihre Kultur, besagt eine Studie. Weil
       > die Angst vor dem Virus nach wie vor groß sei, bleibe es bei der
       > Sehnsucht.
       
   IMG Bild: Zur Sicherung des Kulturbetriebs: DJ bei der Langen Nacht des Impfens in Berlin
       
       Berlin taz | Es ist gut, wenn geschaut wird, was die Menschen zur Kultur
       bringt. Zumal, wenn dabei noch genauer auf die unterschiedlichen Zugänge
       geblickt wird. Weil Kultur eben nicht nur Hoch-, sondern auch Kiezkultur
       sei, wie Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) gern sagt.
       
       Am Dienstag wurde dazu eine Untersuchung des Berliner [1][Instituts für
       Kulturelle Teilhabeforschung] veröffentlicht. Die Einrichtung untersteht
       der Senatsverwaltung von Lederer und soll unter anderem evaluieren, ob
       Kulturangebote nicht nur von gut situierten und/oder gebildeten, sondern
       von breiten Bevölkerungsschichten angenommen werden (können).
       
       Wobei einem beim Blick auf die Ergebnisse allerdings schon bange werden
       kann um die Kultur.
       
       Zusammengefasst zeigt die Studie, dass die Kultur im Lockdown zwar vermisst
       wurde – dass die Sehnsucht nach ihr aber nicht so groß ist, dass dafür
       freiwillig gesundheitliche Risiken eingegangen würden. Es sei unter anderem
       deswegen zu befürchten, so die Schlussfolgerung, dass „nicht alle
       bisherigen Besucher*innen 1:1 wiederkommen werden“. Vor allem jene, die
       schon vor der Pandemie „wenig wahrscheinlich Kulturangebote besucht haben“,
       werden diese in naher Zukunft voraussichtlich noch weniger wahrnehmen.
       
       Was verständlich wird, wenn man zum Beispiel das so erlebt wie vergangenen
       Samstag bei einer großen landeseigenen Berliner Bühne. Die Tickets für das
       ausverkaufte Stück sind personalisiert, die Vorgabe für den Besuch lautet
       3G. Beim Eintritt wird immerhin überprüft, ob das Impfzertifikat auch von
       jener Person gezeigt wird, für die es ausgestellt wurde. Ob es auch gültig
       ist, interessiert aber genauso wenig wie die Frage, ob die
       Karteninhaber*in die gleiche ist wie auf dem Ticket vermerkt, sprich,
       die beim Kauf festgehaltenen Kontaktdaten für den Fall des Falles stimmen.
       Drinnen dann: keine Maskenpflicht trotz fast voll besetzten Saals.
       
       Wer in diesen Tagen ins Theater oder Konzert geht, macht unterschiedliche
       Erfahrungen, wie es um die Kontrolle der Corona-Auflagen bestellt ist. Aber
       Beispiele wie das erwähnte dürften viele Menschen in ihrer Zurückhaltung
       beim öffentlichen Kulturgenuss bestärken.
       
       Wer die Details der Studie anschaut, wird sich fragen, warum in Berlin
       überhaupt noch Aufführungen ausverkauft sind. Denn sie führt vier
       Verhaltenstypen an, die „die Stimmungslage der Berliner*innen in Bezug
       auf Kulturbesuche während der Pandemie greifbar machen“: „Besorgte“,
       „Vorsichtige“ und „Zurückhaltende“ umfassen fast 90 Prozent aller
       Besucher*innen; die „Unbekümmerten“ machen lediglich 12 Prozent aus. Aber
       selbst da unterstütze eine große Mehrheit die verpflichtenden
       Hygienemaßnahmen bei den Kulturveranstaltungen.
       
       Die unweigerliche Schlussfolgerung daraus: Wer aus den drei erstgenannten
       Gruppen ein Theaterstück unter den anfangs geschilderten Bedingungen einmal
       erlebt hat, bleibt fortan lieber zu Hause.
       
       Bleibt die Frage, ob die vom Berliner Senat [2][am Mittwoch beschlossenen
       verschärften Auflagen] daran etwas ändern können. Ab kommender Woche gilt
       2G für so gut wie alle Drinnen-Veranstaltungen, egal ob Museum oder
       Theater, Konzert oder Kino, Restaurants oder Galerien. Damit wagt sich die
       noch amtierende rot-rot-grüne Koalition unter Michael Müller (SPD) im
       Bundesvergleich weit vor, wird aber wahrscheinlich in den nächsten Tagen
       von vielen anderen Bundesländern wieder eingeholt.
       
       Kultursenator Lederer weiß aufgrund der Studie aber immerhin, dass die
       meisten Kulturfans diese Verschärfung mittragen werden.
       
       12 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.iktf.berlin/publications/kurz-und-knapp-corona/
   DIR [2] /Senat-beschliesst-2G-fuer-Berlin/!5811030
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Kultur in Berlin
   DIR Gesellschaftliche Teilhabe
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Klaus Lederer
   DIR Museen in Berlin
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Kolumne Großraumdisco
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Staatsschauspiel Dresden
   DIR Gehörlosigkeit
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Familie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Nacht der Museen in Berlin: Museales Schlangestehen
       
       Die Lange Nacht der Museen hatte 700 Veranstaltungen in 70 Museen im
       Angebot. Und: Erstmals seit Corona war auch der typische Charme wieder da.
       
   DIR Berlins Kultursenator über die Pandemie: „Coronaleugner haben zu viel Raum“
       
       Wie kommt die Kulturszene aus der Coronakrise? Klaus Lederer (Linke) über
       fehlende Arbeitskräfte, soziale Sicherung, Schwurbler und den Kultursommer.
       
   DIR Kino in Pandemiezeiten: Popcorn durch die Maske schieben
       
       Hamburger Kinos haben Corona-Auflagen wie alle anderen Kulturanbieter auch.
       Nur liegt die Verantwortung hier vor allem bei Betreibern und Kundschaft.
       
   DIR Maßnahmen gegen Corona in Belgien: Belgiens Kultur probt den Aufstand
       
       Wegen steigender Omikron-Zahlen sollten Theater, Kinos und Konzertsäle
       schließen, doch die Betreiber weigerten sich. Nun gab ihnen die Justiz
       recht.
       
   DIR Dresdner Theaterfestival „Fast Forward“: Egoismus des Patriarchats
       
       Deutsche Schnitzeljagd, ein eindrückliches Stück aus Polen: Zum 11. Mal
       fand das Dresdner Festival für junge europäische Regie, „Fast Forward“,
       statt.
       
   DIR Übertragung von Poesie: Wenn Gebärden zu Gedichten werden
       
       Taube und hörende KünstlerInnen teilen sich in Berlin die Bühne. Sie
       übertragen Poesie aus Gebärdensprache in Lautsprache und umgekehrt.
       
   DIR Erstes Feiern nach dem Lockdown: Orte der Verheißung
       
       Das hat wirklich gefehlt: eine diverse Clubkultur, die nicht zwischen queer
       und hetero unterscheiden will. In den Berliner Clubs wird wieder getanzt.
       
   DIR 2G-Protest in Hamburg: „Kinder verdienen Normalität“
       
       Die „Initiative Familie“ demonstriert am Sonntag gegen 2G für Kinder und
       Jugendliche. Die Falschen würden vom kulturellen Leben ausgeschlossen.