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       # taz.de -- Berlins Wirtschaftssenatorin tritt ab: Ramona Pop zieht es weiter
       
       > Nach 20 Jahren in der Landespolitik kündigt die grüne Wirtschaftsenatorin
       > an, dem nächsten Senat nicht mehr angehören zu wollen.
       
   IMG Bild: Verabschiedet sich aus der Landespolitik: Ramona Pop am Mittwoch
       
       Berlin taz | [1][Ramona Pop], seit 2016 Wirtschaftssenatorin und zuvor
       langjährige Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus, zieht sich
       aus der Landespolitik zurück. Sie habe den Landesvorsitzenden am Morgen
       mitgeteilt, dass sie nicht weiter für eine Position im Senat zur Verfügung
       steht, sagte die 44-Jährige am Mittwochmorgen vor kurzfristig zusammen
       gerufenen Journalisten.
       
       „Ich möchte ein neues Kapitel aufschlagen“, fügte sie hinzu. Pop
       beschränkte ihren Abschied ausdrücklich auf die Berliner Landespolitik und
       schloss auf Nachfrage nicht aus, dass es in diesem von ihr so bezeichneten
       neue Kapitel um Bundespolitik geht. „Ich weiß noch nicht genau, wie das
       aussieht“, sagte sie.
       
       Pop, die 1977 in Rumänien geboren wurde, kam vor 20 Jahren als damals
       jüngste Abgeordnete ins Landesparlament. „Ich bin Feministin und rasiere
       mir trotzdem die Beine“, sagte sie 2002 in ihrem ersten großen Interview
       mit der taz. 2009 wurde sie Co-Fraktionschefin, und anders als ihr Co-Chef
       Volker Ratzmann überstand sie auch das Beinahe-Schisma der Fraktion nach
       der trotz des bislang stärksten Ergebnisses enttäuschenden
       Abgeordnetenhauswahl 2011: Sie blieb Vorsitzende, nun mit Antje Kapek an
       ihrer Seite.
       
       2016 führte sie die Grünen als Spitzenkandidatin in den Senat, in dem ihre
       Partei erstmals eine ganze Wahlperiode blieb. 1990 war die Zusammenarbeit
       mit der SPD nach weniger als zwei Jahren geplatzt; die grüne
       Regierungsbeteiligung ab Sommer 2001 stellte eine reine
       Übergangminderheitsregierung bis zur Bildung der rot-roten Koalition Anfang
       2002 dar.
       
       Dass Pop sich von der Landespolitik verabschieden würde, kommt nicht
       überraschend. Nach zwölf Jahren in den zentralen Führungsfunktionen –
       Fraktionschefin und Vize-Regierungschefin – müsste sie in der künftigen
       Regierung einen Schritt zurück treten: Führende Kraft der Grünen im Senat
       und designierte Vize-Regierungschefin wird – so es zu der erneuten Auflage
       eine Koalition von SPD, Grünen und Linken kommen – Bettina Jarasch sein.
       
       Jarasch hat ihre Partei als Spitzenkandidatin bei der Wahl am 26. September
       zu einem neuen Rekordergebnis von 18,9 Prozent geführt. Auch wenn die
       Grünen weniger hierarchisch strukturiert sind als andere Parteien, so hätte
       Pop als ehemalige Führungsfigur dort nicht mehr wirklich hinein gepasst.
       Derzeit laufen die Verhandlungen über die weitere Zusammenarbeit mit Linken
       und SPD; sie sollen Ende November abgeschlossen sein.
       
       ## Zwei von drei grünen Senatorinnen ziehen sich zurück
       
       Pop ist nach dem [2][Rückzug von Verkehrssenatorin Regine Günther] bereits
       die zweite grüne Senatorin, die einer Neuauflage von abgekürzt RGR nicht
       mehr angehören wird. Justizsenator Dirk Behrendt, das dritte grüne
       Regierungsmitglied, werden dagegen Ambitionen nachgesagt, sein Amt
       fortzuführen unter einer Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey
       (SPD).
       
       Für die Grünen bietet der Rückzug sowohl von Pop wie auch von Günther die
       große Chance, ein neues Team für den Senat zusammen zu stellen, ohne große
       Personalkonflikte mit Amtsinhabern austragen zu müssen.
       
       Pops Parteikolleginnen Jarasch und Kapek sowie Co-Fraktionschefin Silke
       Gebel bedauerten den Abschied der Wirtschaftsenatorin in einer
       Pressemitteilung: „Ramona Pop hat für die Grüne Fraktion große Verdienste
       errungen und ihr Rückzug bedeutet für uns, aber auch für Berlin einen
       echten Verlust.“ Ganz weg ist Pop allerdings noch nicht: Bis zur
       Vereidigung der neuen Landesregierung, wahrscheinlich im Dezember, bleibt
       sie wie der gesamte Senat geschäftsführend im Amt.
       
       ## Kritik von der Basis
       
       Doch Pop hat nicht nur gute Erfahrungen in den vergangenen Jahren mit der
       Partei gesammelt. In schlechter Erinnerung dürfte ihr noch sein, wie ihr
       die Grünen zwischenzeitlich den Rückhalt versagten: Als die
       Wirtschaftssenatorin Ende 2019 eindringlich darum warb, eine Berliner
       Bewerbung für eine neuartige Internationale Automobil-Ausstellung, bei der
       Elektromobiltät ein wichtige Rolle spielen sollte, zu unterstützen, ließ
       ihre Partei sie auflaufen.
       
       In gleicher Weise ist es unwahrscheinlich, dass die Grünen auf Bundesebene
       nicht die Chance nutzen, Pop mit ihrer langjährigen Führungserfahrung zum
       Teil der Bundesregierung zu machen, etwa in der Position einer
       Staatssekretärin. Dazu dürfte auch beitragen, dass Pop in der Corona-Krise
       umsichtig agierte und intensiv zu schneller Hilfe für Selbstständige
       beitrug.
       
       3 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gruene-Wirtschaftssenatorin-im-Interview/!5686355
   DIR [2] /Politisches-Personal-in-Berlin/!5810001
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
   DIR Bert Schulz
       
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