URI: 
       # taz.de -- Neue Forschungserkenntnisse: Rodungen treiben Klimawandel an
       
       > Die Schätze der Erde werden zu CO2-Schleudern. Einige der Wälder des
       > Unesco-Welterbes stoßen mehr Treibhausgase aus, als sie speichern.
       
   IMG Bild: Indonesien ist größter Palmöl-Produzent. Das schädigt Regenwälder massiv
       
       Hamburg taz | Touristenzentren, Industriegebiete, Autobahnen – man denkt
       eher an solche Orte, wenn es darum geht, wo viele Treibhausgase in die
       Atmosphäre gelangen. Wälder standen bislang nicht im Verdacht, eine
       negative CO2-Bilanz hervorzubringen, vielmehr galten sie als wichtige
       CO2-Senken.
       
       Doch nun haben Forscher*innen der Unesco, des World Resources Institute
       (WRI) und der International Union for Conservation of Nature (IUCN)
       herausgefunden, dass zehn Wälder in Natur- und Kulturerbestätten unterm
       Strich zur Erderhitzung beitragen, weil sie mehr CO2 ausstoßen, als sie
       binden. Darunter befinden sich der Grand Canyon Nationalpark in den USA,
       die tropischen Regenwälder von Sumatra in Indonesien und das
       Biosphärenreservat Río Plátano in Honduras.
       
       Die Autor*innen der [1][Studie] haben Satellitenbilder mit vor Ort
       gesammelten Daten aus den letzten 20 Jahren kombiniert. Sie werteten alle
       257 Welterbewälder aus, indem sie die freigesetzten Treibhausgase zur
       Leistung an Kohlenstoffbindung und -speicher in Beziehung setzten. Der
       Regenwald in Sumatra, der die Liste der CO2 emittierenden Wälder anführt,
       zieht demnach jährlich 1.200 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr aus der
       Atmosphäre und stößt 4.200 Tonnen aus.
       
       Die Gründe dafür liegen, nicht nur in Sumatra, in exzessiver Abholzung,
       Rodungen und der Ausbeutung der Böden für landwirtschaftliche Zwecke. Auch
       direkte Folgen des Klimawandels wie Waldbrände, Dürren, Extremtemperaturen,
       Fluten und Stürme tragen dazu bei, dass die eigentlich bestgeschützten
       Wälder der Welt kippen.
       
       ## „Es droht eine Abwärtsspirale“
       
       „Wir müssen uns bewusst machen, dass natürliche Ökosysteme eine Lösung im
       Kampf gegen den Klimwandel darstellen können – wenn wir sie besser
       schützen“, sagt Elena Osipova, Mitautorin vom IUCN. Am Samstag wollen sich
       auch die Verhandler*innen auf der COP mit der Rolle der Natur und der
       Ökosysteme zur Eindämmung der Erderhitzung befassen, der 6. November steht
       unter dem Motto „Nature Day“. Am Dienstag hatten sich mehr als 100 Staaten
       auf der COP verpflichtet, [2][gegen Abholzungen vorzugehen]. Allerdings
       hatte es bereits 2014 einen ähnlichen Beschluss gegeben.
       
       „Wenn wir die Wälder nicht genug schützen, drohen wir in eine
       Abwärtsspirale zu geraten“, warnt Osipova. „Die Erderhitzung steigt, die
       Ökosysteme gehen weiter kaputt, was den Klimawandel vorantreibt, und immer
       so weiter.“ Das Ergebnis der Studie bewertet sie als sehr alarmierend.
       
       Die Forscher*innen hätten ursprünglich aufzeigen wollen, wie wichtig die
       Wälder im Kampf gegen den Klimawandel sind. Das Ergebnis habe sie dann
       überrascht, sagt Osipova, sie hätten nicht damit gerechnet, herauszufinden,
       dass zehn der Wälder tatsächlich als Kohlenstoffquellen wirken. Sie hätten
       den Bericht daraufhin umstrukturiert.
       
       Bereits Ende Oktober hatte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO)
       bekannt gegeben, dass Teile des [3][brasilianischen Amazonas nicht mehr als
       CO2-Senke], sondern als Nettoemittent wirken. Die Aufnahmekapazität des
       größten Regenwalds der Welt als Ganzes sei dadurch stark reduziert. Die
       zuständige Abteilungsleiterin der WMO, Oksana Tarasova, bewertete das
       Ergebnis ebenfalls als „sehr kritisch“.
       
       ## Die Bilanz ist positiv – noch
       
       Insgesamt konnten die Forscher*innen bei der Untersuchung der
       Unesco-Erbestätten eine positive Bilanz ziehen – noch. 166 der Wälder
       fungieren derzeit als CO2-Senken, bei 81 hielten sich CO2-Ausstoß, -Bindung
       und -Speicherung die Waage. Aber niemand könne absehen, wann die Bilanz ins
       Negative kippe, sagt Osipova. Wichtig sei, dass sofort auf lokaler sowie
       globaler Ebene Maßnahmen getroffen würden, die Wälder besser zu schützen
       und die Erderhitzung zu begrenzen.
       
       Hoffnung gibt laut den Forscher*innen, dass ein Wald, der aktuell mehr CO2
       emittiert, als er bindet, umgehend eine leicht positive Bilanz entwickeln
       würde, wenn er ab sofort vor Abholzungen und Bränden geschützt würde. Bis
       sich das Ökosystem vollständig regeneriert habe, dauere es länger.
       
       4 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000379527.locale=en
   DIR [2] /Staaten-versprechen-Waldschutz/!5809271
   DIR [3] /Bericht-der-Weltwetterorganisation-WMO/!5806458
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
       ## TAGS
       
   DIR Klimakonferenz in Dubai
   DIR Regenwald
   DIR Treibhausgase
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Leonardo DiCaprio
   DIR Palmöl
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Wald
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Behäbige Demokratie in der Klimakrise: Wir hatten die besten Jahre
       
       Wenn das Szenario von „Don’t Look Up“ nicht Realität werden soll, braucht
       es radikale Veränderungen. Doch Politiker fürchten, abgewählt zu werden.
       
   DIR Entwicklung eines Ersatzes für Palmöl: Im Labor bereits gelungen
       
       Vier Jungwissenschaftler der Technischen Universität Hamburg haben
       entdeckt, wie man Palmöl ohne Naturzerstörung herstellt.
       
   DIR Gericht verhindert Palmölplantagen: Erfolg für Indigene in Indonesien
       
       Sie sollten so groß wie Hamburg sein: Ein Gericht spricht sich gegen neue
       Palmölplantagen in der indonesischen Region Papua aus.
       
   DIR Sanierung von Wäldern im Rheinland: Bäume fällen, um Wald zu retten
       
       Der Klimawandel gefährdet das Rheintal: Die Dürre rafft viele Buchen dahin.
       Damit sie nicht andere Bäume in die Tiefe reißen, werden sie gefällt.
       
   DIR Rodungen im Amazonas auf Höchststand: Bäume weg in Brasilien
       
       Die Rodungen im Amazonasgebiet nehmen weiter stark zu. Satellitenbilder
       zeigen: Es handelt sich um die größte abgeholzte Fläche seit 2006.
       
   DIR Neue Studie zu Wald und Klimakrise: Problemfall Kettensäge
       
       Der Schutzstatus als „Natura-2000-Gebiet“ hilft Wäldern in der Klimakrise
       wenig. Dies zeigt eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie.
       
   DIR CDU-Politikerin zur Klimakrise: „Hey Leute, bei uns wird's eng“
       
       In ihrer Generation werde diskutiert, ob man heute noch Kinder bekommen
       sollte. CDU-Vorstandsmitglied Wiebke Winter will das trotzdem.
       
   DIR Halbzeit bei Glasgower Klimakonferenz: Doch mehr als Blablabla
       
       Bei der Klimakonferenz ist nach einer Woche Halbzeit. Wie ist der Stand?
       Antworten auf die drängendsten Fragen.