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       # taz.de -- AktivistInnen blockieren Gleise: Kohleausstieg in die Hand genommen
       
       > AktivistInnen haben am Freitag die Zufahrt zum größten Kohlekraftwerk
       > Deutschlands ist blockiert. Sie protestieren gegen den Abriss des Dorfes
       > Lützerath.
       
   IMG Bild: Botschaft nach Glasgow: Schienenblockade vor dem Kohlekraftwerk Neurath am 5. November
       
       Berlin taz | Seit den frühen Morgenstunden des Freitag blockieren etwa 40
       AktivistInnen die Kohlezufuhr per Schiene zum Braunkohlekraftwerk Neurath
       zwischen Aachen und Köln. Laut einer Mitteilung der Protestierenden haben
       sich dafür neun Aktivist:innen an zwei Stellen an den Gleisen
       festgekettet. Sie hätten sich dafür an Betonfässer und Zementblöcke
       fixiert, die unter die Schienen gegossen sind. Die Polizei bestätigte die
       Aktion. Mehrere Menschen seien auf den Schienen gesichtet worden, sagte ein
       Sprecher. Das weitere Vorgehen der Einsatzkräfte werde nun geplant.
       
       Es geht ihnen ganz konkret um die Blockade von Kohlezufuhr aus dem Tagebau
       Garzweiler, der [1][das kleine Dorf Lützerath] bedroht. Anlass für die
       Aktion sei auch die UN-Klimakonferenz in Glasgow, sagten zwei Aktivistinnen
       per Video, das [2][auf Twitter verbreitet] wurde. „Wir nehmen hier und
       heute den Kohleausstieg selbst in die Hand“, erklärte eine der
       Protestierenden. „Wir sind wütend auf die Herrschenden, dass sie nicht
       handeln.“
       
       Das Kraftwerk Neurath sei „die größte Dreckschleuder Deutschlands“. Es sei
       für die Emissionen von 32,1 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich.
       Dies entspreche ungefähr den jährlichen CO2-Emissionen von Neuseeland. Die
       Kohle, die in Neurath verbrannt wird, kommt auch aus dem Tagebau
       Garzweiler, für dessen Erweiterung das Dorf Lützerath sowie fünf weitere
       Dörfer zerstört werden sollen.
       
       Ob es dazu kommt, ist allerdings unklar. Vor wenigen Tagen hatte der
       [3][neue nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst] neue Töne
       in der Kohlepolitik des Landes angeschlagen. Anders als sein Vorgänger
       Armin Laschet (beide CDU) sah er ein Ende der Kohleverfeuerung in
       Deutschland schon 2030 – genau zu dem Zeitpunkt, den auch viele ExpertInnen
       nennen, weil die Kohleverstromung immer unwirtschaftlicher wird. „Wir sind
       in Nordrhein-Westfalen zu einem Ausstieg aus der Kohle auch schon 2030
       bereit und wollen alles dafür tun, dass uns das gelingt“, sagte Wüst im
       Landtag. Er wolle im rheinischen Braunkohlerevier „so viele Dörfer wie
       möglich“ erhalten.
       
       ## Folgen für Lützerath
       
       Das hätte unmittelbare Folgen für Lützerath, das für viele AktivistInnen
       symbolisch einer der Orte ist, an dem sich das Überschreiten der
       Erderhitzung um 1,5 Grad festmacht. Das hatte [4][eine Studie des Deutschen
       Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Umweltorganisation
       Greenpeace] errechnet. „Wenn Lützerath fällt, ist das unvereinbar mit dem
       Ziel, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu
       begrenzen“, [5][heißt es bei Fridays for Future].
       
       Nach bisheriger Planung soll Deutschland bis 2038 aus der Gewinnung und
       Verbrennung der klimaschädlichen Kohle aussteigen. Die sich formierende
       Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP im Bund will den Kohleausstieg nun
       „idealerweise“ auf 2030 vorziehen.
       
       Wüst hatte erklärt, er sei zu einer neuen Leitentscheidung bereit, also zu
       einer neuen Kohlepolitik. Bisher orientiert sich die
       CDU/FDP-Leitentscheidung des Landes NRW zum Ende des Braunkohletagebaus am
       bundesweiten Ausstiegsdatum 2038. Eine Entscheidung über die Zukunft von
       fünf Dörfern am Rande des Tagebaus Garzweiler soll Ende 2026 fallen. Das
       Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ sah in Wüsts Botschaft „einen riesigen
       Teilerfolg des Widerstandes vor Ort“, forderte aber auch den Erhalt der
       akut bedrohten sechsten Ortschaft Lützerath.
       
       „Wir blockieren das Kohlekraftwerk Neurath, denn RWE setzt mitten in der
       Klimakrise weiter auf dreckigen Kohlestrom“, hieß es dazu bei den
       Gleisblockierenden am Freitag. „Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu
       begrenzen, darf kein Dorf mehr abgerissen werden, nirgendwo!“
       
       5 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Klimaprotest-in-Luetzerath/!5808998
   DIR [2] https://twitter.com/search?q=neurath&src=typed_query&f=top
   DIR [3] /Neuer-Regierungschef-in-NRW/!5807379
   DIR [4] https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.819609.de/diwkompakt_2021-169.pdf
   DIR [5] https://fridaysforfuture.de/gastbeitrag-luetzerath-unraeumbar-machen/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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