URI: 
       # taz.de -- Geld für autokratisches Regime: Anrüchige Schein-Geschäfte
       
       > Vor einem Jahr ging der Krieg um Bergkarabach zu Ende. Nun druckt
       > Giesecke & Devrient wohl Propaganda-Banknoten für Aserbaidschan.
       
   IMG Bild: Feier in Baku zum Jahrestag des Endes des Krieges zwischen Aserbaidschan und Armenien
       
       München taz | Giesecke & Devrient ist ein angesehenes Münchner
       Traditionsunternehmen. Eines, auf das man sich verlassen können muss.
       Schließlich hat es die Lizenz zum Gelddrucken. Schon die gute alte D-Mark
       wurde hier produziert; auch Euro-Banknoten darf in Deutschland neben der
       Bundesdruckerei in Berlin nur Giesecke & Devrient drucken. Doch das
       Unternehmen zählt auch Regierungen außerhalb der Euro-Zone zu seinen
       Kunden. Zum Beispiel die von Aserbaidschan, [1][wo Präsident Ilham Älijew
       seit 2003 mit harter Hand regiert].
       
       Dort feiert man an diesem Dienstag [2][den ersten Jahrestag des
       Waffenstillstandsabkommens mit dem verfeindeten Nachbarn Armenien] – ein
       Abkommen, das von aserbaidschanischer Seite damals als Kapitulation
       Armeniens im Konflikt um die Region Bergkarabach bejubelt wurde. Zur Feier
       des Tages legte man nun eine neue Banknote auf. Wert: 500 Manat, gut 250
       Euro. Abgebildet sind auf dem Geldschein aber nicht nur ein paar rosa
       Blümchen, sondern vor allem Soldaten, die in Bergkarabach die
       aserbaidschanische Flagge hissen.
       
       Geliefert wurde das vor Propaganda triefende Zahlungsmittel von Giesecke &
       Devrient, wie die Süddeutsche Zeitung am Montag berichetete. Dem Blatt
       zufolge war man sich bei dem Unternehmen durchaus bewusst, dass es sich um
       einen heiklen Auftrag handelte. In der Belegschaft habe es Diskussionen
       gegeben, „ob man von dieser Form der Propaganda profitieren dürfe“. Doch
       offenbar behielten die weniger skeptischen Stimmen in der Diskussion die
       Oberhand. Laut SZ richtete die Geschäftsleitung sogar eigens eine
       Task-Force ein, um trotz kurzer Produktionszeit fristgerecht liefern zu
       können.
       
       Auf Anfrage der taz bestätigte Giesecke & Devrient zwar, seit mehreren
       Jahren in einer Geschäftsbeziehung mit der Zentralbank der Republik
       Aserbaidschan zu stehen und ihr auch Banknoten geliefert zu haben, zu den
       „Herausgabeanlässen von einzelnen Banknoten oder Banknotenserien des Manat“
       könne man aber keine Auskünfte erteilen und müsse an die Zentralbank der
       Republik Aserbaidschan verweisen.
       
       ## Die „Kaviardiplomatie“ von Aserbaidschan
       
       Das Älijew-Regime steht regelmäßig wegen Menschenrechtsverletzungen in der
       Kritik, [3][im März etwa hatte Human Rights Watch den aserbaidschanischen
       Streitkräften vorgeworfen, armenische Kriegsgefangene erniedrigt,
       misshandelt und teilweise auch gefoltert zu haben]. Die Regierung weist die
       Kritik nicht nur zurück, sondern ist zudem sichtlich um gute Kontakte in
       die EU bemüht. So beschäftigt seit dem Frühjahr die Affäre um die
       sogenannte Baku-Connection auch Politik und Justiz in Deutschland.
       
       Von „Kaviardiplomatie“ ist die Rede, gemeint ist: Korruption. So soll sich
       die Regierung in Baku positive Äußerungen von Politikern erkauft haben. Im
       Mittelpunkt der Affäre standen der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard
       Lintner sowie die CDU-Abgeordneten Karin Strenz, Mark Hauptmann und Axel
       Fischer. Strenz ist mittlerweile verstorben.
       
       Giesecke & Devrient seinerseits sieht sich nicht zum ersten Mal Vorwürfen
       ausgesetzt, es bei der Wahl seiner Geschäftspartner nicht zu genau zu
       nehmen. Erst nach öffentlicher Kritik beendete das Unternehmen Ende März
       seine Geschäftsbeziehungen mit Myanmar. „Die Gewaltexzesse waren einfach zu
       viele“, sagte Vorstandschef Ralf Wintergerst damals. In Aserbaidschan, so
       muss man demnach annehmen, bewegen sich die Menschenrechtsverletzungen nach
       den Kriterien des Unternehmens noch im hinnehmbaren Rahmen.
       
       Auf besondere Sympathie von Giesecke & Devrient kann man in Baku indes
       nicht bauen: Die Münchner beliefern auch Aserbaidschans Erzfeind Armenien
       mit Geldscheinen.
       
       8 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Opposition-in-Aserbaidschan/!5776881
   DIR [2] /Nach-Waffenstillstand-in-Bergkarabach/!5725187
   DIR [3] https://www.hrw.org/world-report/2021/country-chapters/azerbaijan
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
       ## TAGS
       
   DIR Aserbaidschan
   DIR Schwerpunkt Bergkarabach
   DIR Propaganda
   DIR Aserbaidschan
   DIR Schwerpunkt Korruption
   DIR Armenien
   DIR Aserbaidschan
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Aserbaidschan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bewährungsstrafe für CSU-Politiker: Erste Verurteilung in Aserbaidschan-Affäre
       
       „Natürliche Lobbyarbeit“: Eduard Lintner (CSU) hat Korruptionsgelder aus
       Aserbaidschan an Politiker weitergeleitet. Jetzt wurde er verurteilt.
       
   DIR CDU/CSU-Affäre um Aserbaidschan-Gelder: Anklage gegen Ex-Abgeordnete
       
       Axel Fischer (CDU) soll von Aserbaidschan gekauft worden sein. Eduard
       Lintner (CSU) soll im Auftrag Aserbaidschans andere bestochen haben.
       
   DIR Eskalation im Südkaukasus: Ruhe nach russischer Intervention
       
       Zwischen Armenien und Aserbaidschan ist es zu den schwersten Kämpfen seit
       einem Jahr gekommen. Nun schweigen die Waffen wieder – vorerst.
       
   DIR Stiftungsprofessur wird abgewickelt: Aserbaidschan nicht mehr in Berlin
       
       Aus für aserbaidschanische Geschichte an der HU: Der Studierendenrat hatte
       die von dem Regime finanzierte Professur scharf kritisiert.
       
   DIR Wirtschaftskrise in Myanmar: Ein Land im Dauerstreik
       
       Fast leere Geldautomaten, nur noch wenige Lkw und Züge fahren: Viele
       Menschen in Myanmar verweigern die Arbeit unter dem Putschregime.
       
   DIR Immunität von CDU-MdB aufgehoben: Schmiergelder aus Aserbaidschan?
       
       Ein CDU-Abgeordneter steht im Verdacht, sich gegen Geld für das autoritäre
       Regime eingesetzt zu haben. Die SPD sieht eine „Schande für den Bundestag“.