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       # taz.de -- Lehrerstreik lässt Unterricht ausfallen: Alles ein Frage des Timings
       
       > Streiken ist ein hohes Gut. Die Frage ist: Warum ließ sich damit an den
       > Schulen nicht bis nach Corona warten? – die Lage ist so schon schwierig
       > genug.
       
   IMG Bild: Corona belastet die Stimmung in den Schulen auch ohne Lehrerstreik schon genug
       
       Die warnende E-Mail war am Vortag gekommen: Dass wegen des Streiks von
       angestellten Lehrern am Mittwoch die sichere Betreuung und Wahrnehmung der
       Aufsichtspflicht nicht gewährt sei, dass der Unterricht deshalb außer in
       der Oberstufe weitgehend nicht stattfinden würde. Vergangene Woche schon
       hatte der Streik im öffentlichen Dienst für Ausfall gesorgt.
       
       Logo, dass sei doch auch der Sinn der Sache, würden einem jetzt die
       Gewerkschaften sagen, anders lasse sich doch kein Druck aufbauen für
       Tarifverhandlungen. Mag so sein, mag so in anderen Zeiten gelten. Die Frage
       ist bloß: Gilt das auch in Coronazeiten? Rein rechtlich natürlich – noch in
       keiner Covid-Verordnung des Senats war zu lesen, dass Grundrecht auf Streik
       werde pandemiebedingt eingeschränkt. Es ist eine moralische Frage oder
       anders gesagt: eine des Fingerspitzengefühls und des Timings.
       
       Ungezählt sind die Artikel und Sendungen, wie belastet Schüler und damit
       auch Eltern durch die Pandemie schon sind. Die Situation ist ohnehin
       angespannt und überlagert von der Angst vor der nächsten Schulschließung
       und erneutem Tele-Unterricht – wobei das manchen auch recht wäre, weil sie
       sich mehr Schutz wünschen.
       
       Gleiches gilt für die ebenfalls betroffenen Kitas. In den Schulen aber
       kommt hinzu: In den vergangenen 20 Monaten ist bereits eine Menge
       Unterricht ausgefallen oder hat in suboptimaler Form stattgefunden.
       Berichte über dadurch entstandene Lernlücken gibt es genug.
       
       ## Studie: Stimmung ist „mütend“
       
       In einer solchen Situation nur die eigenen Interessen im Sinne zu haben –
       mögen sie noch so berechtigt sein – kommt einem reinen Scheuklappenblick
       gleich: Nicht nach rechts, nicht nach links gucken, nur den eigenen Weg vor
       Augen. Irgendwann, hoffentlich jedenfalls, wird Corona in jetzigem Ausmaß
       Geschichte, die Lage entspannter sein. Dann und nicht jetzt wäre der
       Zeitpunkt gewesen, für höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen zu
       streiken. Wieso kein Fortschreiben des Tarifvertrags bis Pandemieende unter
       dem klaren Vorbehalt, das künftige Regelungen rückwirkend gelten?
       
       Aber so? Es ist an diesem Mittwoch ja auch nicht so, dass sich an jeder
       Schule alle Streikenden mit Streikweste gut sichtbar an einem Streikbüro
       versammeln und so auf ihren Protest hinweisen würden. Es fällt oft schlicht
       Unterricht aus. Das drückt noch weiter auf die Stimmung zu einem Zeitpunkt,
       in der die Nerven bei vielen blank liegen. „Mütend“, eine Mischung aus müde
       und wütend, beschreibt eine jüngst von der Diakonie vorgestellte Studie
       dieses Gefühl.
       
       Solidarisch, alter gewerkschaftlicher Grundgedanke, muss einem das mit dem
       Unterrichtsausfall nicht vorkommen. Skurril ist, dass just am
       Mittwochmorgen die rot-grün-roten Koalitionäre ankündigen, dass das Land
       Berlin ab 2023 Lehrer wieder verbeamtet – Beamte haben kein Streikrecht.
       
       24 Nov 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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