# taz.de -- Ampel-Regierung steht, doch wofür?: Auf den Kanzler kommt's an
> Die neue Koalition will arbeitsteilig regieren. Die Grünen sollen dabei
> quasi im Alleingang für den klimaneutralen Umbau sorgen.
IMG Bild: Olaf Scholz der Klimakanzler: Da gab es schon während des Wahlkampfs Skeptiker
Fangen wir mit dem Erfreulichen an. Mit der Ampel kommt der Staat [1][in
ein paar Bereichen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit an]. Es wird eine
doppelte Staatsangehörigkeit geben – damit wird ein altes rot-grünes
Projekt verwirklicht, das vor 20 Jahren am Widerstand der Union scheiterte.
Cannabis wird endlich legal verkauft werden. Im besten Fall ist das der
Einstieg in eine liberale, weniger starrsinnige Drogenpolitik.
Beim Sozialen ist 12 Euro Mindestlohn ein Schritt, um die erniedrigende
Ausbeutung im unteren Viertel der Gesellschaft zu mildern. All das kann man
nur in einer Regierung ohne Union tun.
Was fehlt, ist in der Sozialpolitik alles, was den Staat Geld kostet. Ob
das [2][zum Bürgergeld avancierte Hartz IV höher ausfallen] wird, weiß man
so wenig wie bei der Kindergrundsicherung. Dazu steht im Koalitionsvertrag
eher politische Prosa als Konkretes.
[3][Die Ampel] wird jedenfalls klassisch arbeitsteilig regieren. Die SPD
bespielt die Ressorts, in denen es um Sicherheit geht – Innenministerium,
Verteidigung sowie Arbeit und Soziales. Die FDP bekommt Justiz und
Finanzen. Das klingt nach Bürgerfreiheit und dem Kassenwart, der das Geld
kontrolliert. Wahrscheinlich der wichtigste Job im Kabinett. Und die Grünen
kümmern sich um ihr Gebiet: Klima, Umwelt, Landwirtschaft.
## Die Grünen haben wohl zu Recht geklagt
Baerbock und Co haben während des Koalitionsdeals als Einzige öffentlich
geklagt. Wahrscheinlich zu Recht. Denn sie haben den schwierigsten Part.
Sie sollen für den [4][klimaneutralen Umbau] sorgen. Scheitert der,
scheitern sie – nicht aber zwingend SPD und FDP.
Dabei ist zweifelhaft, ob sie mit dem um Klima erweiterten
Wirtschaftsministerium dafür wirklich den Hebel in der Hand halten. Das
Wirtschaftsministerium hat schon seit Langem an Einfluss verloren und taugt
nur bedingt, um den komplexen Prozess dieses Umbaus zu steuern. Dass die
Grünen auf dem Papier fast so viele Posten haben wie die SPD, ist eher das
Bonbon, das die bittere Pille versüßt.
Egal wie gut die Ampel funktioniert – entscheidend ist, ob sie den
klimaneutralen Umbau der viertgrößten Industrienation anpackt. Das ist eine
gigantische, langfristige Umwälzung, ein Projekt, weit größer als die
deutsche Einheit. Es ist zweifelhaft, ob dies wirklich das Projekt der
Ampel ist.
Viel hängt dabei vom Kanzler ab. Olaf Scholz kann Merkel Nummer zwei
werden, der zurückhaltende Moderator eines komplizierten Dreierbündnisses,
der wenig riskiert und auf Sicht fährt.
Wenn die Ampel eine ökologische Fortschrittsregierung sein will, muss
Scholz etwas anderes sein. Er muss der Klimakanzler sein, der einen Plan in
der Tasche hat. Die Figur, die er im Wahlkampf war. Es wäre eine
Überraschung.
24 Nov 2021
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## AUTOREN
DIR Stefan Reinecke
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