URI: 
       # taz.de -- Die Wahrheit: Eine Tankstelle für den Präsidenten
       
       > US-Präsidenten mit irischem Familienhintergrund gab es viele. Auch Joe
       > Biden gehört wohl dazu. Das gefällt nicht jedem Iren.
       
   IMG Bild: Großes Gruppenbild zum 30. Jubiläum der Wahrheit – finde die halbe Ente!
       
       Irland ist stolz auf die enge Verbindung mit den USA. Die Hälfte aller
       US-Präsidenten hatte irische Wurzeln, so auch Barack Obama, dessen Urahn
       Fulmuth Kearney aus Moneygall in der Grafschaft Offaly am 20. März 1850 an
       Bord der „S.S. Marmion“ nach Amerika ausgewandert ist. Fulmuth? Den Namen
       gibt es gar nicht. Vermutlich fluchte er gern, so dass man ihn ursprünglich
       „Foul Mouth“ nannte.
       
       Sein Urururenkel Barack Obama ließ sich von den Iren als einen der Ihren
       vereinnahmen. Als er US-Präsident war, reiste er sogar in den Heimatort
       seines Vorfahren, trank ein Guinness und nahm es nicht krumm, dass man am
       Ortseingang ein Schild aufstellte: „O’Bama-Land“.
       
       Bei Joe Biden ist es umgekehrt. Er hat die Iren vereinnahmt, und die sind
       nicht sonderlich begeistert. Als er neulich in Rom war, schenkte er dem
       Papst eine Münze und erklärte, dass er der einzige abstinente Ire sei, den
       der Papst je getroffen habe. Der habe laut Sunday Times darauf geantwortet:
       „Die Iren haben mir Whiskey mitgebracht.“
       
       Das Blatt berichtete, dass Biden während des Wahlkampfs vor zwei Jahren in
       Iowa auf eine Publikumsfrage geantwortet habe: „Ich bin zwar Ire, aber ich
       bin nicht blöd.“ Eine Nation fremdschämte sich. Bidens Vorfahren stammen
       aus der Grafschaft Mayo, bei deren Erwähnung die Iren laut Heinrich Böll
       stets „God help us“ hinzufügen. „Meine Mutter ist eine irische Katholikin
       mit 6.000 Sprichwörtern“, sagte Biden. Sein Opa Ambrose Finnegan habe ihm
       erklärt, dass Gott „wohlmeinende Iren, die betrunken sind, und die
       Vereinigten Staaten von Amerika“ schütze. In Irland dankten sie Gott, dass
       wenigstens Donald Trump keine irischen Wurzeln hat.
       
       ## Und lief davon
       
       Biden gibt den Briten die Schuld dafür, dass seine Vorfahren auswandern
       musste. Das stimmt zwar vermutlich, aber es ist kein plausibler Grund für
       seine Reaktion auf einen Interviewwunsch der BBC. „Die BBC? Ich bin Ire“,
       sagte er und lief davon.
       
       Die Iren freuen sich über den Einfluss, den sie dank der „Landsleute“ im
       Weißen Haus vermeintlich haben. Umgekehrt setzen die Präsidenten auf
       irische Ahnen, um bei den US-Iren Stimmen zu fangen. John F. Kennedy war
       der Erste, der das ausnutzte und 1963 die Grüne Insel besuchte. Er sagte,
       es seien „die besten vier Tage meines Lebens“ gewesen, das kurz danach in
       Dallas zu Ende ging. Seitdem stehen überall in Irland Kennedy-Statuen
       herum.
       
       Von Bill Clinton hat man in Ballybunion, wo er öfter Golf gespielt hat,
       eine Statue aufgestellt, vorsichtshalber vor dem Polizeirevier. Man weiß ja
       nie. Schließlich gab es früher im Ort einen Friseursalon namens „Monica’s“.
       
       Besser hat es Ronald Reagan getroffen: Man hat in seinem „Heimatort“
       Ballyporeen ein Wirtshaus nach ihm benannt. Das musste allerdings 2004
       dichtmachen. Obama hingegen hat bei Moneygall eine Barack Obama Plaza
       bekommen – eine Raststätte mit Tankstelle. Und Biden? Man wird in Mayo wohl
       ein Fettnäpfchen nach ihm benennen.
       
       22 Nov 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Joe Biden
   DIR Barack Obama
   DIR Irland
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
   DIR Die Wahrheit
   DIR Kolumne Die Wahrheit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Die Wahrheit: Tragödie von opernhaftem Ausmaße
       
       Wenn Strafverteidiger auf ihr Leben zurückblicken, kann es schillernd
       werden. Wie im Fall des berühmten US-Verteidigers Peter DeBlasio.
       
   DIR Die Wahrheit: Zu Fuß in der Busspur
       
       Augen auf im Straßenverkehr: Manchmal sind sowohl englische Polizeicomputer
       wie irische Richter zu Scherzen auf Kosten der Verkehrssünder aufgelegt.
       
   DIR Die Wahrheit: Enthaltsam am Schragenkreuz
       
       Der Nationalheilige der Schotten hat das nasskalte Land zu Lebzeiten nie
       besucht. Nicht einmal das Golfspiel hat der eigensinnige Andrew erfunden.
       
   DIR Die Wahrheit: Beleidigtes Gruselkabinett
       
       Mit 17 knetete sie einst ihre erste Wachsfigur – Madame Tussauds
       Marketing-Idee begann. Eigentlich war die Dame eine Straßburger
       Henkerstochter…
       
   DIR Die Wahrheit: Großer Abend mit halber Ente
       
       Cheerio: Das 30. Jubiläum der Wahrheit in der taz Kantine endete jüngst so
       lustig, wie es begonnen hatte. Höhepunkt: der Jieper-Preis!
       
   DIR Die Wahrheit: Der wahre 30. Geburtstag
       
       Wer nicht dabei war, hat etwas verpasst: Am Donnerstag feierte die Seite
       der Wahrheit sich selbst und alle anderen.