# taz.de -- Skandal um Polizeischule in Kolumbien: Feier mit Nazikostümen
> An Kolumbiens Polizeischule sollte Internationalität demonstriert werden.
> Das Gastland Deutschland wurde mit Nazi-Requisiten und Hitler begrüßt.
IMG Bild: Inzwischen gelöschtes Foto vom Twitter-Account von Kolumbiens Polizei
Bogotá taz | Der selbst gebastelte und bemalte riesige Pappmaché-Kampfjet,
das Schild mit der deutschen Aufschrift „Geschichte der Polizei“, die Burg
als Eingang, all die Uniformen, Fahnen und Hakenkreuze und ein stramm
stehender Adolf Hitler samt echtem Schäferhund: An der Polizeischule müssen
sie die „pädagogische Aktivität“ Tage, ja Wochen vorbereitet haben – und
niemand fand etwas dabei. Es sollte der ganz große Auftritt werden.
Mit ihrer [1][Nazi-Interpretation] der „Woche der Internationalisierung“
für das „Gastland Deutschland“ wurde die Polizeischule Simón Bolívar in
Tulúa im Valle del Cauca tatsächlich in ganz Kolumbien schlagartig bekannt.
„Mit diesem kulturellen Austausch stärken wir die Kenntnis unserer
Polizeischüler. #Polizeitransformation #PolizistSeinIstEineEhre“ schrieb
die nationale Polizei über das regionale Engagement in den sozialen Medien.
Diesen und andere Jubel-Posts findet man jetzt nur noch als Screenshots.
Der deutsche und israelische Botschafter machten Stunden später, als die
Empörung in den sozialen Medien hochkochte, mit einem gemeinsamen
[2][Tweet] klar, dass sie diese Hommage entschieden ablehnen. „Solche
Veranstaltungen sind nicht nur für Juden, sondern auch für alle Opfer des
Naziregimes und seiner Verbrecher empörend und direkt beleidigend.“
Sie forderten die Regierung auf, die Bildung in den offiziellen
Institutionen und den Bildungseinrichtungen über den Holocaust zu
verstärken. Auch der [3][US-Botschafter] zeigte sich „konsterniert und tief
enttäuscht“.
## Die Polizei entschuldigt sich bei der jüdischen Community
Die Polizei hat in Kolumbien einen schlechten Ruf. Allein dieses Jahr hat
ihre Anti-Aufstands-Einheit nach Recherchen von
Nichtregierungsorganisationen bei [4][Protesten] mindestens [5][40
Demonstrierende ermordet]. Wegen Menschenrechtsverletzungen hagelte es
internationale Kritik.
Die Polizei untersteht bis heute wie die Armee dem Verteidigungsministerium
statt dem Innenministerium. Die Führungskräfte werden an einer Uni
ausgebildet, die sich als Dozenten mehrfach einen Neonazi aus Chile einlud.
Vor Kurzem unterzeichneten Deutschland und Kolumbien eine
[6][Verteidigungsvereinbarung]. Ob das die Polizeischule inspiriert hatte?
Die Polizei [7][entschuldigte sich] bei der jüdischen Gemeinschaft und
allen Beleidigten. Das Wissen solle künftig anders vermittelt werden, sagte
Generalbrigadier Jackeline Navarro Ordóñez, die nationale Direktorin der
Polizeischulen.
Der Leiter der Polizeischule wurde abgesetzt, mehrere Führungskräfte
bekommen ein Disziplinarverfahren. Präsident [8][Iván Duque] distanzierte
sich, sagte aber gleichzeitig: „Ich werde nicht erlauben, die Polizei
nationalsozialistisch zu nennen.“
Für viele Kolumbianerïnnen ist ein weiterer Skandal, dass auf die
internationale Empörung nach der Naziparty mehr personelle Konsequenzen und
Entschuldigungen der Polizei folgten als auf die Menschenrechtsverletzungen
während der Proteste.
22 Nov 2021
## LINKS
DIR [1] https://twitter.com/jonathancongres/status/1461443108374290448?s=20
DIR [2] https://twitter.com/alemEmbajador/status/1461520489839476744?s=20
DIR [3] https://twitter.com/USEmbassyBogota/status/1461689874164109316?s=20
DIR [4] /Soziologe-ueber-Proteste-in-Kolumbien/!5807742
DIR [5] /Proteste-und-Polizeigewalt-in-Kolumbien/!5788619
DIR [6] https://twitter.com/mindefensa/status/1455908655333879816?s=20%20und%20https%3A%2F%2Ftwitter.com%2FalemEmbajador%2Fstatus%2F1455948062485008392%3Fs=20
DIR [7] https://twitter.com/PoliciaColombia/status/1461522792055246856?s=20
DIR [8] https://caracol.com.co/radio/2021/11/19/politica/1637287399_005388.html
## AUTOREN
DIR Katharina Wojczenko
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