# taz.de -- Krise zwischen China und Litauen: Signal an das „alte Europa“
> Litauen provoziert China, weil es Taiwan aufwertet. Es ist ein richtiger
> Schritt, der für das baltische Land verschmerzbare Konsequenzen hat.
IMG Bild: Fährt einen zunehmend harten Kurs gegen Taiwan: Chinas Präsident Xi Jinping
Welche Zukunft sich Pekings Staatsführung für Taiwan ausmalt, beschreibt
der chinesische Botschafter in Deutschland in einem [1][Gastbeitrag der
Berliner Zeitung]. Darin schreibt Wu Ken über seine Freude für die
Deutschen, „ihre Wiedervereinigung erreicht zu haben“. Und fährt dann fort:
„Genauso sehe ich der baldmöglichsten vollständigen Wiedervereinigung
meines Landes entgegen.“ Dass eine Wiedervereinigung mit Taiwan nur unter
militärischem Zwang erfolgen könnte, liegt auf der Hand.
Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass China empfindlich
reagiert, wenn andere Länder ihre diplomatischen Beziehungen zu Taiwan
aufwerten. Normalerweise laufen die Repräsentanzen des Inselstaats unter
dem Namen „Taipeh-Vertretung“. Die neue Landesvertretung in Litauen
hingegen wird [2][unter der offiziellen Bezeichnung Taiwans] geführt.
Litauen wird es verschmerzen können, dass Peking künftig keinen Botschafter
mehr entsenden wird. Die Provokation fußt auf einer wirtschaftlichen
Kalkulation: Chinas Investitionsversprechungen an den baltischen Staat
haben sich als heiße Luft herausgestellt, Taiwan erscheint angesichts
dessen als vielversprechenderer Handelspartner – auch, weil es dieselben
demokratischen Werte teilt.
Doch Litauens Standfestigkeit gegenüber China ist vor allem als Signal für
andere osteuropäische Staaten wichtig. Pekings Charmeoffensive ist bereits
bei den Regierungen in Ungarn und Serbien auf fruchtbaren Boden gefallen.
Je mehr politischen Einfluss die Volksrepublik in Europa ausübt, desto
schwieriger wird es, eine geeinte EU-Position zu kritischen China-Themen zu
finden.
Diese wird jedoch in Zukunft bedeutsamer. Längst stellt nämlich auch das
„alte Europa“ fest, dass es sich bei der Volksrepublik nicht vorrangig um
einen Partner handelt, sondern vielmehr um einen systemischen
Herausforderer. Litauen kann es sich freilich leisten, diese Erkenntnis
auch in seiner Außenpolitik zu artikulieren.
Für Deutschland, dessen Volkswirtschaft ungleich abhängiger von China ist,
wäre eine vergleichbare Solidarität gegenüber Taiwan mit einem deutlich
höheren Preisschild versehen.
21 Nov 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.berliner-zeitung.de/wochenende/chinesischer-botschafter-die-welt-braucht-mehr-bruecken-statt-mauerbauer-li.195306
DIR [2] /Wegen-Taiwan-Vertretung-in-Litauen/!5816784
## AUTOREN
DIR Fabian Kretschmer
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