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       # taz.de -- Schulreinigung in Berlin: Sauber nachgerechnet
       
       > Die Initiative Schule in Not und Verdi wollen die Kosten für eine
       > Rekommunalisierung berechenbar machen. Das soll den Druck auf die Bezirke
       > erhöhen.
       
   IMG Bild: Gute Putzarbeit kostet Zeit: Dieses Berliner Schulklo sieht eigentlich ganz ordentlich aus
       
       Berlin taz | Seit mehr als zwei Jahren streitet in Berlin eine
       [1][BürgerInneninitiative für die Rekommunalisierung der Schulreinigung] –
       und zwar hartnäckig: Am Mittwoch stellte die Initiative Schule in Not nun
       eine Kalkulations-Software vor, mittels der die Bezirke berechnen können,
       wie viel eine Umstellung auf Eigenreinigung eigentlich konkret kosten
       würde. Die Initiative will damit den Handlungsdruck auf die Bezirke
       erhöhen, wie Initiativen-Sprecherin Susanne Kühne betont: „Wir wollen
       endlich in eine Planungs- und dann in eine Handlungsphase gehen.“
       
       Ab 2022, so die Forderung der Rekommunalisierer, soll Berlin „verbindlich“
       30 Prozent der Schulreinigung in Eigenregie betreiben. Der Haken: 2021
       neigt sich dem Ende zu „und wird sind immer noch bei Null, was einen
       konkreten Fahrplan angeht“, so Kühne. Dabei gebe es bereits in acht
       Bezirken konkrete Beschlüsse für eine Rekommunalisierung.
       
       Tatsächlich ist eine solide Kostenschätzung der Knackpunkt, an dem es
       bisher nicht weiter geht: Zwar hat der Hauptausschuss im Abgeordnetenhaus
       im Frühsommer Kostenschätzungen aus den Bezirken eingeholt. Doch die
       erwiesen sich als „grobe Schätzungen“, wie Kühne kritisiert, die zudem
       „weit auseinanderklaffen.“ Konkret gehen die Schätzungen von 21 Prozent
       Mehrkosten bis zu 260 Prozent Kostensteigerungen durch eine
       Rekommunalisierung.
       
       Doch ohne eine transparente, nachvollziehbare Kostenschätzung dürfte das
       Land kaum willens sein, Geld im kommenden Doppelhaushalt – den die künftige
       Koalition im Frühjahr beschließen dürfte – für Personal oder Sachmittel
       locker zu machen. Ohne Plan gibt es auch kein Geld, weder für Stellen noch
       für Sachmittel. Bei der Initiative hat man deshalb seit längerem das Gefühl
       „[2][die Bezirke sitzen das aus], das Thema soll verschleppt werden“, so
       Kühne. In Pankow zum Beispiel sei erst vor kurzem wieder eine Ausschreibung
       für die kommenden drei Jahre raus gegangen. Dort dürfte ein Startdatum 2022
       also schwierig werden.
       
       ## Verschiedene Szenarien berechnen
       
       Die Software, die im Auftrag der Gewerkschaft Verdi entwickelt wurde, soll
       die Bezirke nun nicht länger die Ausrede erlauben, ein Kostenplan für die
       Rekommunalisierung sei zu komplex. Robert Kösling, Experte für kommunale
       Infrastruktur, der das Werkzeug entwickelt hat, erklärte am Mittwoch „drei
       Komponenten“, die die Bezirke als Variablen hätten: Personalkosten, die
       Reinigungszeit pro Klassenraum, und die [3][zusätzliche Tagesreinigung]
       ein, die es vielerorts seit der Corona-Pandemie gibt. „Damit können die
       Bezirke jetzt verschiedene Szenarien individuell berechnen“, so Kösling.
       
       In einem Bezirk habe man auch schon mal exemplarisch bei vier Schulen
       „nachgerechnet“, sagt Kösling. Weil die Ausschreibung öffentlich war, war
       der Bieterpreis bekannt: „Die Eigenreinigung wäre nach unserer Kalkulation
       genauso teuer gewesen, das Ergebnis war plusminus Null.“
       
       Der Punkt sei, sagt Kösling, dass man „Kosten und Qualität zusammendenken“
       müsse. „Fremdreinigung wird teurer, sobald ich ein Qualitätsmanagement
       einführe, weil Billiganbieter rausgedrängt werden.“ Derzeit bekommt meist
       der Anbieter den Zuschlag, der am schnellsten am meisten Fläche putzt –
       Lohndumping und völlig unrealistische Putzzeiten pro Raum sind die Folge.
       
       Zugleich werde Eigenreinigung durch Optimierung mit der Zeit billiger –
       vorausgesetzt die Bezirke führten ein Qualitätsmanagement ein, sagt
       Kösling. „Das Delta zwischen Eigen- und Fremdreinigung schließt sich dann“,
       sei die Erfahrung auch aus anderen Städten und Kommunen, die ihre
       öffentlichen Gebäude bereits wieder teilweise selbst putzen – etwa
       Düsseldorf und Köln.
       
       „Ich erwarte von den neuen Stadträten, dass sie nun in die Puschen kommen“,
       sagte am Mittwoch auch Erich Mendroch, Gewerkschaftssekretär bei Verdi.
       Immerhin gehe es hier nicht nur um saubere Schultoiletten, sonder auch um
       „gute Arbeit“. Ein großer Teil der Reinigungskräfte arbeitet wegen der
       ungünstigen Arbeitszeiten, die häufig nachts oder in den frühen
       Morgenstunden liegen, nur in Teilzeit oder ist auf Aufstockung beim
       Jobcenter angewiesen.
       
       Ins [4][Sondierungspapier der künftigen rot-grün-roten Koalition] hat es
       die Initiative immerhin schon geschafft mit ihrer Forderung. Der
       Koalitionsvertrag wird derzeit in diversen Fachgruppen verhandelt – die
       Themen Wirtschaft und Arbeit stehen passenderweise am Mittwoch auf der
       Agenda.
       
       10 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
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