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       # taz.de -- Künftiger FDP-Minister provoziert Grüne: Anwalt der Autofahrer
       
       > Der designierte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will
       > Diesel-Fahrenden helfen, wenn das Steuerprivileg fällt. Für die Grünen
       > ist das eine Provokation.
       
   IMG Bild: Auch sonst gern im Auto unterwegs: Volker Wissing, der bald Bundesverkehrsminister sein soll
       
       Berlin taz | Noch bevor er im Amt ist, stößt der designierte
       [1][FDP-Verkehrsminister Volker Wissing] den Grünen massiv vor den Kopf. In
       einem Interview kündigte er einen Ausgleich an, wenn die Steuern auf Diesel
       an die für Benzin angeglichen werden – und der Kraftstoff deshalb teurer
       wird. Zum Ausgleich wolle er die Kfz-Steuern senken, sagte Wissing der
       Bild-Zeitung. Grüne Verkehrspolitiker:innen sind empört. „Herr
       Wissing ist FDP-Verkehrsminister, aber er muss sich daran gewöhnen, dass er
       auch ein Ampel-Verkehrsminister ist“, sagte Stefan Gelbhaar,
       Verkehrsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, der taz.
       
       Überraschend besetzen nicht die Grünen, sondern die FDP mit Volker Wissing
       in der neuen Bundesregierung den Posten des Verkehrsministers. Die Aufgabe
       des Verkehrsressorts sorgt unter den Grünen für massiven Unmut. „Die
       Tragweite dieser Entscheidung ist unermesslich katastrophal“, findet etwa
       die ehemalige Kreuzberger Bürgermeisterin Monika Herrmann, die mit ihrer
       Pop-up-Radwegepolitik in der Coronakrise weltweit für Aufmerksamkeit
       gesorgt hatte.
       
       Tatsächlich scheinen sich die Befürchtungen zu bestätigen. Bereits kurz
       nach seiner Nominierung hatte Wissing sich für eine Senkung der
       Energiesteuern starkgemacht, damit auf diesem Weg die Spritpreise sinken
       können. Er machte zudem klar, dass er sich als Anwalt der Autofahrenden
       versteht. Dann legte er mit der Forderung nach einem Ausgleich für
       Diesel-Fahrende nach.
       
       Im [2][Koalitionsvertrag der Ampel] haben sich SPD. Grüne und FDP
       allerdings darauf verständigt, die Steuern für Diesel an die für Benzin
       anzupassen. Heute wird Diesel 18 Cent weniger besteuert als Benzin. Das
       sogenannte Dieselprivileg wollen Umweltschützer:innen seit Langem
       abschaffen. Das findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder. „Mit der
       Umsetzung der EU-Energiesteuerrichtlinie, die u. a. die steuerliche
       Angleichung von Dieselkraftstoff und Benzin vorsieht, werden wir die
       steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeugen in der Kfz-Steuer überprüfen“,
       heißt es dort.
       
       Wissings Vorstoß sei nicht gedeckt, betonte Verkehrsexperte Gelbhaar. Im
       ersten Teil dieser Passage sei klar vereinbart, dass die EU-Richtlinie
       umgesetzt werde. Im zweiten Teil sei von einem Prüfauftrag die Rede.
       Prüfaufträge sind eine Chiffre dafür, dass sich
       Koalitionspartner:innen nicht geeinigt haben, sondern über den
       entsprechenden Punkt weiter verhandeln werden. In der Frage der Kfz-Steuer
       ist ein Alleingang des Verkehrsministers nicht möglich. „Das Parlament
       entscheidet darüber“, sagte Gelbhaar. Deshalb muss sich die Ampel auch
       darüber verständigen.
       
       ## Scheuer hätte es nicht anders gemacht
       
       Auch der grüne Bahnexperte Matthias Gastel, der anders als Gelbhaar den
       Koalitionsvertrag mit ausgehandelt hat, ärgerte sich über Wissings Vorstoß.
       „Ein zukünftiger Ampel-Verkehrsminister sollte zuvorderst Anwalt für Bahn,
       Bus und Fahrrad sein – und auf Zukunft alternativer, innovativer Antriebe
       setzen statt rückwärtsgewandt und zukunftsvergessen auf fossile
       Kraftstoffe“, twitterte Gastel.
       
       Die Vereinbarungen der Ampel zu Mobilität sind auf zum Teil [3][harsche
       Kritik von Umwelt- und ökologischen Verkehrsverbänden] gestoßen, weil ihnen
       wichtige Punkte fehlen und vieles vage bleibt. Das Wort Verkehrswende wird
       nicht einmal erwähnt.
       
       Die wohl – unfreiwillig – härteste Kritik kommt vom bisherigen
       CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer. „Schön, dass die Ampel meine Arbeit
       der letzten Jahre fortsetzt“, sagte er gegenüber der dpa. Den Vertrag hätte
       er bei den Themen Verkehr und Digitales auch schreiben können. „Großspurige
       Ankündigungen, es radikal anders zu machen“, fänden sich im
       Koalitionsvertrag nicht.
       
       28 Nov 2021
       
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