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       # taz.de -- Serie „The Beatles: Get Back“: Explosionsartige Spielfreude
       
       > Fast 60 Stunden Material hat Regisseur Peter Jackson in eine Miniserie
       > verwandelt. Darin geht es um die Entstehung des Beatles-Albums „Let It
       > Be“ von 1969.
       
   IMG Bild: Der letzte Auftritt der Fab Four: die Beatles auf dem Dach der Apple Studios am 31. Januar 1969
       
       Irgendwas musste geschehen. [1][Die Beatles] waren 1969 seit drei Jahren
       nicht mehr auf Tour gewesen, hatten sich von ihrem Publikum verabschiedet.
       Stattdessen entdeckten sie das Studio als Instrument, experimentierten mit
       rückwärts gespielten Tonbändern und anderen Dingen, die man auf der Bühne
       nicht reproduzieren kann. Jetzt wollten sie wieder etwas Schlichteres, sich
       zusammensetzen und eine Platte direkt einspielen, ohne sie groß
       nachbearbeiten zu müssen.
       
       Man verpflichtete den Regisseur Michael Lindsay-Hogg, die Arbeit im Studio
       zu filmen. Das Projekt war für drei Wochen angesetzt, unter anderem war ein
       Fernsehauftritt geplant, auf dem das Album vorgestellt werden sollte,
       Arbeitstitel „Get Back“. Die Sache entwickelte sich anders, am Ende gab es
       1970 als ihr letztes Album „Let It Be“ und den gleichnamigen
       Dokumentarfilm.
       
       Die knapp 60 Stunden Filmmaterial, die damals weitgehend ungenutzt
       übrigblieben, hat sich der neuseeländische Regisseur Peter Jackson
       („Braindead“, „Der Herr der Ringe“) neu vorgenommen, digital aufbereitet,
       den Ton nachgebessert und auf eine Geschichte abgesucht, die 1970 noch
       nicht erzählt worden war. Was ihm einigermaßen gut gelungen ist.
       
       „The Beatles: Get Back“ heißt das Resultat, eine dreiteilige Miniserie, gut
       sieben Stunden lang. Inhaltlich knüpft Jackson an [2][Ron Howards
       Dokumentarfilm „The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years“ von
       2016] an, darin ging es um die zehrenden Konzertmarathons der Band.
       
       ## Zoff unter den Fab Four
       
       Jackson verwendet den ersten Teil von „Get Back“ für den Auftakt des
       Projekts, zu dem die Beatles in den Twickenham Studios im Süden Londons
       eine riesige Halle zum Proben bezogen. Dort war das Set für die Komödie
       „The Magic Christian“, in der Ringo Starr an der Seite von Peter Sellers
       spielte, die Beatles nutzten eine Drehpause.
       
       Kaum hat die Arbeit begonnen, geht es los mit den Klagen. Die Atmosphäre
       des kargen Studios stört besonders George Harrison, von der miesen Akustik
       sind alle genervt. Da helfen auch die bunten Strahler nichts, die die Wand
       im Hintergrund beleuchten.
       
       Vor allem aber geht Jackson in diesem Teil den Konflikten innerhalb der
       Band nach. Zeigt die Spannungen zwischen Paul McCartney und Harrison, die
       dazu führen, dass Letzterer in einem Streit abrupt aufsteht und mit den
       Worten „Ich verlasse die Band“ weggeht. Nach fünf Tagen kommt er zurück,
       besteht aber darauf, dass sie den unwirtlichen Ort gegen ihr noch nicht
       fertig eingerichtetes neues Apple Studio tauschen.
       
       Jackson lässt wenig von dieser erschöpften Endphase der Fab Four aus, viele
       Proben gestalten sich zäh, derbes Fluchen inklusive, weil man einfach nicht
       mehr konzentriert aufeinander ist. Yoko Ono sitzt im Studio oft unmittelbar
       neben ihrem [3][Freund John Lennon], auch Pauls spätere Frau Linda Eastman,
       wie sie damals hieß, ist oft zugegen. Und ausgerechnet mit dem Song „Don’t
       Let Me Down“ will es nicht vorangehen.
       
       ## Kurzfristiger Zusammenschluss mit Keyboarder Billy Preston
       
       Zugleich sind da Momente, in denen sich die Spielfreude explosionsartig
       entlädt, wenn sie sich etwa auf frühere Shows besinnen und energisch Chuck
       Berrys „Rock and Roll Music“ jammen. Wenn ihr Freund, der Keyboarder Billy
       Preston, im Studio vorbeischaut, ohne zu wissen, dass er kurzfristig fast
       zum fünften Beatle wird, und die anderen mit seiner ruhig inspirierten Art
       sofort euphorisiert.
       
       Oder wenn sie sich zusammenraufen, um mit dem Song „No Pakistanis“
       satirisch Stellung gegen die migrantenfeindliche Politik der britischen
       Regierung zu beziehen. Nach ein paar Tagen ist aus dieser Nummer das
       weniger eindeutige „Get Back“ geworden, aber egal.
       
       Wie im Film „Let It Be“ bildet das Konzert auf dem Dach der Apple Studios
       am 31. Januar 1969 vor Passanten auf der Straße den krönenden Abschluss,
       bei Jackson mit Splitscreen in Parallelgeschehen aufgespalten. Es war der
       letzte Auftritt der Beatles. Einen so stilvollen Abgang haben bis heute
       wenige andere Bands hinbekommen.
       
       28 Nov 2021
       
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   DIR Tim Caspar Boehme
       
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