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       # taz.de -- Mordfantasien von US-Republikanern: Den Rücken aufschlitzen
       
       > Ein republikanischer US-Abgeordneter veröffentlicht Gewaltfantasien gegen
       > die Linke Alexandria Ocasio-Cortez. Erst unter Druck löscht er das Video.
       
   IMG Bild: Sah sich als Manga-Schwertkämpfer gegen AOC und Joe Biden: Der Abgeordnete Paul Gosar
       
       New York taz | In jedem Unternehmen der USA würde ein Beschäftigter, der
       per Video auf seinem Twitter-Account eine Kollegin umbringt und den Chef
       bedroht, fristlos entlassen. Nicht so im US-Kongress. Die Republikanische
       Partei ließ ihren Abgeordneten aus Arizona, Paul Gosar, gewähren, als er
       einen Trickfilm veröffentlichte, in dem er der linken Demokratin
       [1][Alexandria Ocasio-Cortez] den Rücken aufschlitzt und den US-Präsidenten
       Joe Biden mit zwei Schwertern bedroht. Erst nachdem Hunderttausende Gosars
       Gewaltphantasien gesehen hatten, löschte er sie am Mittwoch von seinem
       Twitter-Konto.
       
       „Gibt es hier Comic-Fans?“, hatte Gosar scheinheilig gefragt, als er sein
       japanischen Mangas nachempfundenes 90-Sekunden-Video am Montag sowohl auf
       seinem privaten als auch seinem politischen Twitter-Konto veröffentlichte.
       Es mischt Aufnahmen von [2][Flüchtlingen], die durch den Rio Grande waten,
       während Worte wie „Verbrechen“, „Drogen“, „Mord“ und „Banden“ sowie
       Blutflecken ins Bild eingeblendet werden, mit Fantasiefiguren, die
       Gesichter von Kongressabgeordneten haben. Gosar selbst ist der Superheld in
       diesem Video. Nachdem er Ocasio-Cortez getötet hat, richtet er seine Waffen
       gegen Joe Biden.
       
       Twitter warnte, dass das Video seine Regel der Gewaltfreiheit verletze. Das
       Unternehmen ließ es jedoch auf seiner Seite stehen und begründete das mit
       dem „öffentlichen Interesse“. Als immer mehr demokratische Abgeordnete eine
       Ethik-Untersuchung über Gosar und dessen Ausschluss aus dem Kongress
       verlangten, verlautete aus dem Büro des Republikaners: „Dies ist ein Comic.
       Entspannt euch alle“. Der republikanische Fraktionschef im
       Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, und andere führende Republikaner sagten
       nichts zu dem Vorgang.
       
       Ocasio-Cortez, die schon mehrfach von RepublikanerInnen verbal attackiert
       worden war – unter anderem nannte sie der Abgeordnete Ted Yoho aus Florida
       auf einer Treppe des Kongress eine „Scheißschlampe“ – war unterwegs zur
       Klimakonferenz in Glasgow, als das Video erschien. Sie reagierte auf
       [3][Twitter] mit den Worten: „Ein gruseliger Kollege, mit dem ich
       zusammenarbeite, und der Geld für Neonazi-Gruppen sammelt, hat ein
       Fantasievideo geteilt, in dem er mich tötet.“
       
       ## Verrohung trifft auch republikanische Abgeordnete
       
       Später fügte die New Yorker Abgeordnete, deren Vorfahren aus Puerto Rico
       stammen, hinzu: „Die weiße Vorherrschaft ist etwas für extrem zerbrechliche
       Menschen und traurige Männer wie ihn, deren Selbstverständnis auf dem
       Mythos beruht, dass sie von Geburt an überlegen sind, weil sie tief in
       ihrem Inneren wissen, dass sie nicht einmal ein Gurkenglas öffnen oder ein
       ganzes Buch lesen können.“ Die afroamerikanische Abgeordnete der
       Demokraten, Cori Bush, fügte hinzu, dass „weiße Rassisten“ die Grenzen
       täglich weiter verschieben: „Sie wollen sehen, wie weit sie ohne
       Konsequenzen gehen können.“
       
       Zumindest eine parlamentarische Rüge droht Gosar jetzt. Zehn demokratische
       Mitglieder des Repräsentantenhauses kündigten die Vorlage einer Resolution
       an, die sein Verhalten verurteilt. Sein Twitter-Post „überschreite die
       Grenze des Erlaubten“, hieß es in einer Erklärung vom Mittwoch, die unter
       Federführung der Co-Vorsitzenden der Frauenorganisation der Fraktion der
       Demokraten verfasst wurde. Dies sei ein „klarer Fall für eine Rüge“. Wie
       die Erstürmung des Kapitols am 6. Januar gezeigt habe, könnten böse und
       vulgäre Botschaften echte Gewalt schüren.
       
       Gosar gehört zu einer Gruppe von mindestens sieben Trump-Getreuen im
       Repräsentantenhaus, die an den Vorbereitungen des [4][Sturms auf den
       US-Kongress] am 6. Januar beteiligt gewesen sein sollen. Das haben mehrere
       Kongress-Stürmer in Interviews mit dem Magazin Rolling Stone erklärt. Die
       Abgeordneten Matt Gaetz aus Florida und Lauren Boebert aus Colorado, die
       ebenfalls zu der Gruppe der Trump-Getreuen gehören, haben darüber
       gewitzelt, die Metalldetektoren am Kongresseingang zu sprengen, um ihre
       Waffen ins Repräsentantenhaus bringen zu können.
       
       Die Verrohung trifft auch Abgeordnete aus den republikanischen Reihen. In
       diesen Tagen bekommt das Fred Upton aus Michigan zu spüren. Er ist einer
       der 13 Republikaner im Repräsentantenhaus, die in der vergangenen Woche für
       das [5][Infrastrukturgesetz] gestimmt haben. Upton erhält Todesdrohungen,
       seit seine Parteikollegin, die Abgeordnete [6][Marjorie Taylor Greene] aus
       Georgia, die Telefonnummern der Republikaner, die „Bidens kommunistische
       Machtergreifung“ unterstützt haben, in sozialen Medien veröffentlicht hat.
       Bei einem TV-Interview spielte er eine ab, in der ein Anrufer ihn
       „Verräter“ und ein „Stück Scheiße“ nennt und ihm und seiner Familie den Tod
       wünscht.
       
       11 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /US-Politikerin-Alexandria-Ocasio-Cortez/!5700687
   DIR [2] /Gefluechtete-an-der-US-Grenze/!5803174
   DIR [3] https://twitter.com/AOC/status/1457886208563032066
   DIR [4] /Der-Sturm-auf-das-US-Kapitol/!5810188
   DIR [5] /Bidens-Infrastrukturpaket-verabschiedet/!5813345
   DIR [6] /Republikaner-und-Marjorie-Taylor-Greene/!5749155
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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