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       # taz.de -- Nachruf auf Frederik Willem de Klerk: Der die Apartheid beendete
       
       > Er war der Verfechter eines Unrechtregimes und wurde doch derjenige, der
       > Südafrikas Wandel ermöglichte. Jetzt ist Frederik Willem de Klerk
       > gestorben.
       
   IMG Bild: De Klerk mit Nelson Mandela im Mai 1990. Später erhielten sie den Friedensnobelpreis
       
       Berlin taz | Wer vor 1989, in der düstersten Ära von Südafrikas Apartheid
       und der permanenten Gewalt des weißen Minderheitsregimes, gegen die
       schwarze Mehrheitsbevölkerung von Freiheit träumte, dachte dabei sicher
       nicht an Frederik Willem de Klerk.
       
       Der unscheinbare Bildungsminister gehörte zum konservativen Flügel der
       regierenden Natonalpartei (NP), als er nach dem Schlaganfall und Rückzug
       des alten Präsidenten Pieter Willem Botha am 2. Februar 1989 an die
       Parteispitze nachrückte.
       
       Genau ein Jahr später, am 2. Februar 1990, verkündete der mittlerweile auch
       zum Staatschef aufgestiegene de Klerk vor Südafrikas weißem Parlament eine
       Revolution: Freilassung aller politischen Gefangenen, Ende der Todesstrafe,
       Ende der Restriktionen des Ausnahmezustands, Legalisierung der schwarzen
       Freiheitsbewegung ANC und anderer verbotener Organisationen sowie
       Verhandlungen zur Gründung eines „neuen Südafrika“ mit Wahlrecht für alle.
       
       De Klerks [1][historische Rede] war der Anfang vom Ende des weißen
       Terrorregimes am Kap. Konservative Abgeordnete verließen mit
       „Verräter!“-Rufen den Saal. Neun Tage später verließ ANC-Führer Nelson
       Mandela als freier Mann das Gefängnis nach 27 Jahren hinter Gittern.
       Gemeinsam organisierten Mandela und de Klerk die Demokratisierung, als
       deren Krönung der ANC im Jahr 1994 Südafrikas erste allgemeine freie Wahlen
       gewann und de Klerk das Amt des Präsidenten an Mandela übergab.
       
       ## De Klerks Rede vom Februar 1990 überraschte alle
       
       Wie so oft in der Geschichte war ein vermeintlicher Bewahrer eines
       Unrechtssystems zu seinem Überwinder geworden. Es war die Zeit des
       Mauerfalls und des weltweiten Umbruchs – mit dem Tod des Kommunismus 1989
       begründete de Klerk die Notwendigkeit für Südafrika, sich jetzt aus sich
       selbst heraus zu verändern. Er wurde in einem Atemzug mit [2][Michail
       Gorbatschow] genannt, die „[3][Regenbogennation]“ Südafrika galt als
       leuchtendes Zukunftsmodell. Schon 1993 erhielten de Klerk und Mandela
       gemeinsam den Friedensnobelpreis.
       
       „Für uns war Herr de Klerk ein Rätsel“, schreibt Mandela in seinen Memoiren
       über die Zeit von 1989, als er längst aus dem Gefängnis heraus
       Geheimverhandlungen mit dem Regime führte. Aber „er war kein Ideologe,
       sondern ein Pragmatiker – ein Mann, der Wandel als notwendig und
       unumgänglich ansah“.
       
       Die historische Rede vom 2. Februar 1990 überraschte dennoch das ganze Land
       und nicht zuletzt Mandela, der eine Politik der kleinen Schritte erwartet
       hatte. Am Ende bat Mandela sogar vergeblich um einen Aufschub seiner
       Freilassung, da der ANC darauf nicht vorbereitet sei. De Klerk wollte es
       schnell machen und setzte sich durch.
       
       Als der Mann, der die Apartheid begraben hat, ist de Klerk in die
       Geschichtsbücher eingegangen, ein respektierter Elder Statesman. Vielen
       blieb er aber ein Rätsel: Lange weigerte er sich, für die Apartheid [4][um
       Entschuldigung zu bitten], und bis zuletzt hing ihm der Ruf nach, nicht aus
       Überzeugung gehandelt zu haben, sondern einfach unter dem Zwang der
       Einsicht, dass die weiße Alleinherrschaft keine Zukunft mehr hatte.
       
       Aber auch Einsicht ist bei Staatschefs nicht selbstverständlich. Ohne de
       Klerks Gespür zur richtigen Zeit wäre die Apartheid nicht friedlich
       überwunden worden und Mandela hätte nicht als Versöhner regieren können.
       
       [5][Mandela starb 2013], nun ist auch de Klerk gestorben, im Alter von 85
       Jahren an Lungenkrebs, im Kreis seiner Familie. Manche Radikale in
       Südafrika feiern seinen Tod. Aber der Großteil des Landes weiß, was es ihm
       zu verdanken hat – und trauert um eine Ära, als es in Südafrika noch große
       politische Führer gab.
       
       11 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://web.archive.org/web/20041215042859/http://www.info.gov.za/speeches/1996/101348690.htm
   DIR [2] /Letzter-sowjetischer-Praesident-wird-90/!5749609
   DIR [3] /Suedafrika-Doku-im-ZDF/!5140018
   DIR [4] https://www.news24.com/news24/southafrica/news/watch-fw-de-klerk-apologises-without-qualification-for-apartheid-in-last-message-to-people-of-sa-20211111
   DIR [5] /Nachruf-auf-Nelson-Mandela/!5053238
       
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   DIR Dominic Johnson
       
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       Label.