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       # taz.de -- Wahlen in Bulgarien: Anti-Korruptions-Partei liegt vorne
       
       > Eine neu gegründete Partei hat bei der Abstimmung auf Anhieb die meisten
       > Stimmen erhalten. Sie könnte endlich eine regierungsfähige Koalition
       > bilden.
       
   IMG Bild: Parteivorsitzende in Feierlaune: Kiril Petkow und Assen Wassilew
       
       Berlin taz | Überraschender Sieg in Bulgarien: Bei der [1][Parlamentswahl
       am vergangenen Sonntag] ist die neue Zentrumspartei „Wir setzen die
       Veränderungen fort“ (PP) vorläufigen Ergebnissen zufolge mit 25,85 Prozent
       der Stimmen auf Anhieb stärkste Kraft geworden.
       
       Die PP, die sich vor allem dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat, war
       erst im vergangenen September von Kirill Petkow und Asen Wasilew gegründet
       worden. Beide hatten als Minister einer Expertenregierung angehört, die vom
       12. Mai bis zum 16. September 2021 im Amt war.
       
       Auf dem zweiten Platz landete die konservative Partei „Bürger für eine
       europäische Entwicklung Bulgariens“ (Gerb) des langjährigen Regierungschefs
       Bojko Borissow. Sie kam auf 21,4 Prozent der Stimmen. Besonders gegen die
       korrupten Machenschaften von Borissow und seiner Gerb waren Zehntausende
       Bulgar*innen 2020 wochenlang auf die Straßen gegangen und hatten den
       Rücktritt der Regierung gefordert.
       
       Zudem werden fünf weitere Parteien und Bündnisse in die neue
       Nationalversammlung einziehen. Die Bewegung für Rechte und Freiheiten
       (DPS), die vor allem die Interessen der türkischen Minderheit vertritt,
       erhielt 13,79 Prozent. Die Partei „So ein Volk gibt es“ (ITN) des
       Showmasters Slawi Trifonow, die noch im Juli mit 24,1 Prozent der Stimmen
       Spitzenreiterin geworden war, stürzte auf 10,8 Prozent ab.
       
       Die Sozialistische Partei (BSP) kommt auf 9,99 Prozent, das pro-westliche
       Bündnis „Demokratisches Bulgarien“ (DB) auf 6,1 Prozent. Auch die
       nationalistische pro-russische Partei Wiedergeburt (Wysrashdane), die sich
       für eine Aufhebung aller Covid-Beschränkungen einsetzt, schaffte den Sprung
       über die Vierprozenthürde. Sie landete bei 5,1 Prozent.
       
       ## Neue Gesichter für ein Regierungsbündnis
       
       Die dritte Parlamentswahl innerhalb von nur sieben Monaten war nötig
       geworden, weil sowohl die Wahl am 4. April als auch die am 11. Juli keine
       eindeutigen Mehrheitsverhältnisse im Parlament und ergo keine
       Regierungsmehrheit hervorgebracht hatten. Seit dem vergangenen Mai führt
       eine Expertenregierung die Geschäfte.
       
       Außer der Parlamentswahl stimmten die Bulgar*innen am Sonntag auch über
       ein neues Staatsoberhaupt ab. Klar in Führung liegt Amtsinhaber Rumen
       Radew. Der Ex-Militär, den sowohl die Sozialisten als auch die PP und die
       ITN unterstützen, erreichte 49,45 Prozent. In der Stichwahl am kommenden
       Sonntag trifft er auf den Rektor der Sofioter Universität Anastas
       Gerdschikow, der als Kandidat der Gerb gilt. Die Wahlbeteiligung bei beiden
       Abstimmungen lag bei knapp 40 Prozent.
       
       Am Montag versuchte Radew Optimismus zu verbreiten. „Ich glaube, dass die
       Parteien dieses Mal ihre Differenzen überwinden werden und wir eine stabile
       Mehrheit haben, die eine Regierung wählen wird“, zitiert ihn das
       bulgarische Nachrichtenportal Mediapool.bg.
       
       Ob es diesmal wirklich dazu kommen wird, ist jedoch noch fraglich. Um eine
       Regierungsmehrheit zusammenzubekommen, bräuchten PP und ITN, die aus der
       Protestbewegung von 2020 hervorgegangen sind, auch noch die Unterstützung
       der Partei „Demokratisches Bulgarien“ sowie der Sozialisten. Die
       Sozialisten gelten jedoch als Partei des Status quo, was keine wirkliche
       Empfehlung für radikale Reformen ist.
       
       Dennoch halten Expert*innen es für möglich, dass dieses Mal eine Einigung
       zustande kommen könnte. Immerhin hätten mit Kirill Petkow und Asen Wasilew
       zwei neue Gesichter die politische Bühne betreten, die für einen Aufbruch
       stünden, sagte der politische Analyst Rosen Karadimow am Montag gegenüber
       Mediapool.
       
       15 Nov 2021
       
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