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       # taz.de -- Hundefleischkonsum in Südkorea: K-Dog wird zum Haustier
       
       > Bisher wurde Hundefleisch in Korea konsumiert. Mittlerweile ist der
       > Vierbeiner ein beliebtes Haustier und bringt so die Esskultur
       > durcheinander.
       
   IMG Bild: Warten auf Rettung in einer südkoreanischen Hundefarm in Haemi, Oktober 2020
       
       Wer einmal in seinem Leben eine koreanische Hundefleisch-Farm besucht hat,
       wird den Anblick so schnell nicht wieder vergessen: In den oftmals kleinen
       Hinterhofbetrieben harren die Vierbeiner in winzigen Gitterkäfigen aus,
       nicht wenige von ihnen wurden als ehemalige Haustiere abgegeben.
       
       Ende letzter Woche hat die südkoreanische Regierung nun eine Taskforce
       gegründet, um sich mit einem möglichen Verbot vom Hundefleischkonsum zu
       befassen. Die Arbeitsgruppe, die aus Regierungsbeamten, Experten und
       Bürgervertretern besteht, soll nach einer detaillierten Untersuchung eine
       Empfehlung über die Zukunft der Branche aussprechen.
       
       „Da die Zahl der Familien mit Haustieren rapide gestiegen ist und das
       öffentliche Interesse an Tierrechten und Tierschutz in unserem Land
       zugenommen hat, [1][mehren sich die Stimmen, die sagen, dass es jetzt
       schwierig ist, den Verzehr von Hundefleisch nur als traditionelle Esskultur
       zu betrachten]“, sagt Südkoreas Ministerpräsident Kim Boo Kyum.
       
       Auch Präsident Moon Jae In gilt als Freund der Vierbeiner: Zwei Monate nach
       seinem Amtsantritt 2017 adoptierte der Politiker einen vier Jahre alten
       Mischling namens Tory, der nur kurz zuvor von einer Tierschutzorganisation
       aus einem Zuchtbetrieb gerettet worden war.
       
       Doch gleichzeitig beherbergt der ostasiatische Tigerstaat als einziges Land
       der Welt eine kommerziell organisierte Hundefleischindustrie. Jährlich
       sollen laut Angaben von Nichtregierungsorganisationen über eine Million
       Tiere für den Verzehr geschlachtet werden.
       
       Konservative Hüter der jahrhundertealten Tradition berufen sich nicht
       selten auf Konfuzius, der in seiner Lehre bereits zwischen Jagd-, Wach- und
       Zuchthunden unterschieden habe. Zudem glauben insbesondere ältere Koreaner,
       dass Hundefleisch – meist in einer scharfen Suppe serviert – als
       Potenzmittel dient und das Immunsystem gegen die feuchte Sommerhitze
       wappnet. Vor allem aber umwehen Hundefleischgerichte in Südkorea auch eine
       nostalgische Aura: Viele Senioren fühlen sich an die entbehrungsreiche
       Nachkriegszeit erinnert, als Hundefleisch die einzig verfügbare Quelle für
       Proteine darstellte.
       
       ## Kein kulinarisches Gericht mehr
       
       Mittlerweile hat sich die öffentliche Wahrnehmung jedoch deutlich
       gewandelt. Für die allermeisten Südkoreaner sind Hunde Haustiere und kein
       kulinarisches Gericht. Laut einer Umfrage der Nichtregierungsorganisation
       Last Chance for Animals ziehen 80 Prozent aller befragten Koreaner nicht in
       Erwägung, Hundefleisch zu essen. Nur 1,2 Prozent konsumieren es mindestens
       einmal im Monat. Dementsprechend muss man in der Hauptstadt Seoul schon
       ganz genau suchen, um noch ein paar vereinzelte Hundefleisch-Restaurants zu
       finden.
       
       „Es ist an der Zeit, dem Ganzen ein Ende zu setzen, zum Wohle aller“, sagt
       Wendy Higgins von der Organisation Humane Society International (HSI). Die
       NGO hat in den letzten Jahren bereits mehr als ein Dutzend Hundezuchtfarmen
       geschlossen und die geretteten Tiere an Besitzer vermittelt. Als Anreiz
       zahlt HSI den Betreibern von Zuchtbetrieben eine Geldsumme, damit diese
       einen wirtschaftlichen Neuanfang starten können.
       
       Trotz allem ist das Thema eine hochsensible Angelegenheit. Denn das Stigma
       gegen den Konsum von Hundefleisch wird vor allem von ausländischen
       Tierschützern herangetragen. Bereits im Vorfeld der Olympischen Spiele 1988
       in Seoul sorgte internationaler Protest dafür, dass Südkoreas Regierung ein
       vorübergehendes Verbot aussprach. [2][Auch bei den Olympischen
       Winterspielen 2018 in Pyeongchang wurden mehrere Hundert Restaurants
       aufgefordert, die Speisekarten für das Sportereignis temporär]
       auszutauschen.
       
       Doch der südkoreanische Hundemästerverband möchte sich nicht vorschreiben
       lassen, was in Südkorea auf dem Teller kommen darf.
       
       Generalsekretär Ju Yeon Bong schlug vor, den Verzehr von Hundefleisch noch
       etwa 20 Jahre zu gestatten, in der Erwartung, dass sich das Problem durch
       die ohnehin sinkende Nachfrage von selbst erledigt. Denn die meisten
       Hundezüchter seien ohnehin ältere Leute ohne Chance auf ein geregeltes
       Einkommen.
       
       30 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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