# taz.de -- Tennis-Boykott gegen China: Sportliche Solidarität
> Der Weltverband der Tennis-Frauen sagt seine Turniere in China ab. Er
> stellt sich damit hinter die von Peking bedrängte Spielerin Peng Shuai.
IMG Bild: Peng Shuai jubelt nach einem Sieg gegen Venus Williams bei den China Open 2016
Spektakulär ist schon die Entscheidung. Die WTA, die Vereinigung der
professionellen Tennisspielerinnen, setzt ihre Turniere 2022 in China aus.
Nicht minder spektakulär ist die Begründung für diesen kostspieligen
Boykott, der in der internationalen Sportwelt einiges in Rutschen bringen
könnte. „Chinas politische Führung hat der WTA keine andere Wahl gelassen“,
heißt es in der Erklärung des WTA-Chefs Steve Simon. Die chinesische Seite
habe nicht nachweisen können, dass [1][die Tennisspielerin Peng Shuai frei
und unbedroht] sprechen könne, nachdem sie dem früheren chinesischen
Vizepremier Zhang Gaoli über die sozialen Netzwerke vorgeworfen hatte, sie
vergewaltigt zu haben.
Was sollen wir mit all dem Geld aus China anfangen, wenn die Grundlagen
unseres Sports zerstört werden, zu denen auch der Schutz seiner
Akteur:innen vor physischer, psychischer und sexueller Gewalt gehört. Es
gibt Grenzüberschreitungen, denen man nicht – wie es das IOC für sich
beansprucht – mit „stiller Diplomatie“ begegnen kann, sondern nur mit einem
lauten Aufschrei. So liest sich das Statement der WTA.
Das Bekenntnis der WTA zur Alternativlosigkeit seiner Entscheidung
[2][bringt das Internationale Olympische Komitee in Bedrängnis]. Denn im
IOC meint man, nach wie vor wählen und abwägen zu können zwischen dem
Wohlergehen seiner Sportler:innen und dem seiner Geschäfte. Im
Zweifelsfall wird den Geschäften größeres Gewicht zugemessen. Dass der
Hauptsitz des IOC in Lausanne dann wie die Außenstelle eines chinesischen
Propagandaministeriums wirkt, ist in die interne Kosten-Nutzen-Abwägung
offenbar eingepreist.
So berichtete IOC-Präsident Thomas Bach [3][nach einem Telefonat mit Peng
Shuai], ihr gehe es gut und sie wünsche, dass ihre Privatsphäre respektiert
werde. Der Eindruck drängt sich auf, Bach habe mehr störungsfreie
Olympische Winterspiele und chinesische Verdienstorden im Sinn als den
Schutz und die Rechte von Peng Shuai. Die WTA-Erklärung wirft die wichtige
Frage auf, ob und wo das IOC noch Grenzen ziehen will im Zusammenspiel mit
autoritären Staaten. Gibt es selbst bei augenscheinlichen
Menschenrechtsverletzungen stets eine Alternative zum Boykott?
Bislang hielt sich der olympische Dachverband solche Debatten vom Hals,
indem er unter anderem die Sphären Sport und Politik künstlich voneinander
getrennt abhandelte. Mit Peng Shuai ist nun aber eine Sportlerin von
Zensur, Gewalt und Einschüchterung eines autoritären Regimes bedroht. Wenn
die stillen Diplomaten vom IOC nicht bald Ergebnisse liefern, wird es immer
mehr Aufschreie geben. Gut, dass die WTA einen Anfang gemacht hat.
2 Dec 2021
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## AUTOREN
DIR Johannes Kopp
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