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       # taz.de -- Handball im medialen Abseits: Mal gucken, wie sie sich so machen
       
       > Die Frauen-WM in Spanien zeigt, was passiert, wenn Sport bloß als Event
       > präsentiert wird. Die Athletinnen kämpfen nur noch um Aufmerksamkeit.
       
   IMG Bild: Großer Sport, klein präsentiert: DHB-Handballerin Meike Schmelzer (M) im Spiel gegen Tschechien
       
       Noch bis kurz vor Weihnachten wird die Handball-WM der Frauen in Spanien
       ausgespielt. Ein Weltturnier, das vor vier Jahren in Deutschland stattfand
       und medial ordentlich präsentiert wurde: Journalistisch wurden Gruppen- und
       Finalspiele im Fernsehen begleitet und aufbereitet.
       
       Noch früher, etwa als das Turnier 1997 schon mal in Deutschland stattfand,
       oder gar in den Siebzigern, als die DDR dreimal Weltmeister wurde, waren
       das noch größere Medienevents, auch wenn man gerade diesen Begriff damals
       nicht verwendete. Eine WM wurde halt selbstverständlich im Fernsehen
       übertragen. Heute zeigt [1][sportdeutschland.tv] die Spiele, ein
       Onlinesender, der vor zehn Jahren vom Deutschen Olympischen Sportbund
       (DOSB) gegründet wurde, damit Nischensportarten überhaupt noch ihr Publikum
       erreichen. Dass darunter neue Disziplinen wie Ultimate Frisbee oder
       Wakeboard sind, mag man vermuten, aber tatsächlich hat der
       Verdrängungswettbewerb mittlerweile auch Klassiker wie Rudern oder Fechten
       dorthin verbannt. Und eben Handball.
       
       Sieger sind bekanntlich der Profifußball der Männer, die Formel-1, und ab
       und an ploppt auch noch Profiboxen auf, Biathlon nicht zu vergessen. Dass
       es noch vor wenigen Jahrzehnten Standard war, dass öffentlich-rechtliche
       Sender von Ereignissen wie Deutschen Meisterschaften im Schwimmen oder der
       Leichtathletik täglich berichteten, mag man sich gar nicht mehr vorstellen.
       
       Heute sind die nicht mal mehr bei WMs mit ganz großen Übertragungen vor
       Ort. Alle vier Jahre bei Olympia muss mittlerweile reichen. Und auch dessen
       mediale Bedeutung wird ja angegriffen, wenn der Weltfußballverband Fifa
       laut darüber nachdenkt, sein Topereignis, die Fußball-WM, alle zwei Jahr
       stattfinden zu lassen.
       
       ## Eventisierung des Sports
       
       Dass der DOSB einen eigenen Sender gründete – bei dem seit wenigen Jahren
       Pro7 Mehrheitseigner ist – gehört zu den Strategien, wie olympische
       Sportverbände auf die Herausforderungen der erfolgreicheren Profisportarten
       reagieren. Das Format [2][„Finals“] hat sich dabei als relativ erfolgreich
       erwiesen: ein Multisportevent, bei dem an einem Wochenende 18 deutsche
       Meisterschaften ausgetragen werden. Eine Art nationales Miniolympia, das
       für größere Aufmerksamkeit sorgt.
       
       Als weniger geeignet haben sich Versuche der Verbände erwiesen, etwa von
       den Dritten Programmen zu fordern, sie sollten nicht immer nur „Tatort“
       abnudeln, sondern ihren Programmauftrag dergestalt erfüllen, dass bei ihnen
       Wettkämpfe zu sehen sind, die in der „Sportschau“ oder dem „aktuellen
       Sportstudio“ schon lange nicht mehr laufen.
       
       Doch gleich welche Gegenstrategie die Verbände austüfteln: Sie müssen immer
       das, was sie aus dem medialen Schatten herausholen wollen, als glänzendes
       Event inszenieren. Event heißt: HIer gibt es Stars, hier geschehen Dramen,
       wer hier nicht hingeht, verpasst etwas. Alles, was nicht
       Männerbundesligafußball ist, wird als supertolles Ereignis inszeniert.
       
       In den Sozialwissenschaften spricht man von Eventisierung. Die dient nun
       keinesfalls der Förderung des Sports, sondern sie wird zur Imagebildung
       genutzt: Ob ein Rockfestival, eine mit allem Tamtam inszenierte
       Kunstausstellung oder eine Handball-WM stattfinden, ist ziemlich egal. Ein
       Event ist ja ein einmaliges Event und soll kurzfristig für Aufmerksamkeit
       sorgen. So war das mit der Handball-WM 2017 in Deutschland, und deswegen
       schauten hiesige Medien damals auch genauer hin.
       
       Dieses Jahr wird in Spanien gespielt, das deutsche Team, das übrigens gar
       nicht favorisiert ist, hat am Donnerstag sein Auftaktspiel gegen Tschechien
       mit 31:21 gewonnen. Darüber hat die „Tagesschau“ zumindest kurz berichtet.
       
       3 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://sportdeutschland.tv/
   DIR [2] /Erfindung-vom-Reissbrett/!5610135/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Krauss
       
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