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       # taz.de -- Coronazahlen in Deutschland: Viel AfD, viel Corona
       
       > Wo mehr AfD gewählt wird, ist das Infektionsgeschehen besonders stark,
       > zeigt eine Studie. Das gilt in Ost- wie Westdeutschland.
       
   IMG Bild: Wahlkampf-Kundgebung der AfD im Mai 2021 in Sachsen-Anhalt
       
       Berlin taz | Pirna im Landkreis Sächsische Schweiz ist auf den Karten zum
       Infektionsgeschehen tiefrot. Die Kreisstadt gilt derzeit als eine der
       deutschen Corona-Hotspots. Zugleich erhielt hier die AfD bei der
       Bundestagswahl 2017 über 35 Prozent aller Zweitstimmen. Ähnliches gilt für
       die Stadt Sonneberg in Thüringen. Nicht nur im Osten, auch im Westen
       scheinen sich die beiden Faktoren auffallend ähnlich zu verhalten: In
       Landkreisen wie zum Beispiel im bayrischen Deggendorf, in denen Corona
       derzeit besonders stark wütet, erhält die AfD viele Stimmen.
       
       Zufall? Offenbar nicht. Was bislang nur vermutet wurde, belegt [1][eine
       Studie] jetzt eindeutig: Wo mehr AfD gewählt wird, ist das
       Infektionsgeschehen besonders stark.
       
       Ein interdisziplinäres Team des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher
       Zusammenhalt sowie ein Wissenschaftler aus München hatten den Zusammenhang
       systematisch untersucht. Für die Studie analysierte das Team die zwei
       Infektionswellen des Jahres 2020 für alle deutschen Kreise und kreisfreien
       Städte. Ihr Ergebnis ist eindeutig: Je höher das AfD-Zweitstimmenergebnis
       bei der Bundestagswahl 2017 war, desto stärker vermehrte sich dort im
       vergangenen Jahr das Coronavirus.
       
       Besonders eklatant: Die Forscher*innen konnten den Zusammenhang zwischen
       AfD-Stimmen und Infektionen auf den Prozentpunkt genau belegen.
       
       „Ein Anstieg des AfD-Wahlergebnisses um einen Prozentpunkt erhöht die
       durchschnittliche Infektionshöhe in der Anstiegsphase der ersten Welle um
       2,2 Prozentpunkte“, erläutert Christoph Richter, Soziologe am Institut für
       Demokratie und Zivilgesellschaft. In einem Wahlkreis wie dem bayrische
       Deggendorf, in dem die AfD 2017 etwa 20 Prozent der Zweitstimmen bekommen
       hatte, ist die Inzidenz um 22 Prozentpunkte höher als in einem Wahlkreis,
       in dem nur zehn Prozent der Wähler*innen für die AfD stimmten.
       
       Schon im Dezember vergangenen Jahres wies Matthias Quent, Soziologe und
       Mitautor der Studie, auf einen Zusammenhang zwischen AfD-Wahl und
       Inzidenzen hin. Auf Twitter vermutete Quent damals, dass die „soziale und
       politische Orientierung auch Einfluss auf die Verbreitung von Corona nehmen
       kann.“ Der Forscher betont ausdrücklich, dass es sich dabei nicht um
       zufällige Einzelfälle handle. Andere Faktoren wie zum Beispiel die
       Grenznähe oder die Homeoffice-Quoten, die sich ebenfalls auf die Inzidenzen
       auswirken können, konnte die Studie zudem ausschließen.
       
       Rechte Impfskepsis 
       
       Die Ergebnisse bedeuteten zwar nicht, dass etwa alle AfD-Wähler*innen gegen
       Coronamaßnahmen verstoßen. Oder dass alle Maßnahmengegner*innen
       automatisch die AfD wählen, betonen Quent und sein Team. Dennoch ist
       zumindest die Impfskepsis unter AfD-Wähler*innen besonders stark
       verbreitet. Erst vergangene Woche zeigte eine Umfrage des Forsa-Instituts,
       dass etwa die Hälfte aller ungeimpften Wähler*innen bei der
       zurückliegenden Bundestagswahl im September die AfD gewählt hatten.
       
       Zumindest liefern die Studienergebnisse einen Hinweis darauf, dass sich ein
       Großteil der bislang Ungeimpften möglicherweise nicht von den regierenden
       Parteien umstimmen lässt. Vieles weist darauf hin, dass sich Menschen in
       diesen Regionen schon länger politisch distanziert haben.
       
       Für Mitautor Axel Salheiser vom Institut für Demokratie und
       Zivilgesellschaft ist klar, dass „besonders in den Regionen, in denen die
       demokratische Partizipationsbereitschaft niedrig und der Zuspruch zu
       Parteien der radikalen Rechten hoch ist, bestehende zivilgesellschaftliche
       Strukturen noch stärker gefördert werden müssen.“ Nur so ließe sich in den
       betroffenen Regionen mehr Bereitschaft für Impfungen schaffen.
       
       19 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.idz-jena.de/newsdet/studie-erschienen-politische-raumkultur-als-verstaerker-der-corona-pandemie-einflussfaktoren-auf-die-regionale-inzidenzentwicklung-in-deutschland-in-der-ersten-und-zweiten-pandemiewelle-2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marilena Piesker
       
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