# taz.de -- Agrarmarktreform in Indien: Modi rudert zurück
> Die geplante Öffnung des Agrarsektors für die Privatwirtschaft hat
> Indiens Regierung in eine Krise gestürzt. Jetzt gibt der Regierungschef
> nach.
IMG Bild: Großer Jubel bei den protestierenden Bauern nach der Rücknahme der Reform am 19. November
Neu Delhi dpa | Nach [1][fast einjährigen Bauernprotesten] will Indien eine
kontroverse Agrarmarktreform kippen. Dies kündigte Premierminister Narendra
Modi am Freitag an. Damit gibt Modi, der sich gerne als starker Mann
inszeniert, in einem Konflikt nach, der die Regierung in eine ihrer größten
Krisen gebracht hat.
Tausende Bäuerinnen und Bauern hatten fast ein Jahr lang rund um die
Hauptstadt Neu Delhi gegen die Agrarmarktreform protestiert. In dieser Zeit
lebten sie dort in Zelten. Modi rief sie nun auf, zu ihren Höfen
zurückzukehren.
Die Landwirtschaft in Indien ist ineffizient und viele sehen Reformbedarf.
Das Thema ist allerdings politisch heikel, denn noch heute lebt mehr als
die Hälfte der Bevölkerung von der Landwirtschaft. Die meisten sind
Kleinbauern und haben kaum Erwerbsalternativen.
Die Regierung hatte bisher argumentiert, dass mehr Privatwirtschaft das
Einkommen der Landbevölkerung steigern würde, aber die Landwirte
befürchteten genau das Gegenteil. Konkret sollten es die umstrittenen
Gesetze zur Marktöffnung Unternehmen erleichtern, direkt von Bauern zu
kaufen.
## Wahlen stehen an
Bislang wird in Indien Getreide meist in staatlich organisierten
Großmärkten mit Mittelsmännern zu garantierten Mindestpreisen gehandelt.
Die Regierung versuchte, Bauernvertreter in mehreren Gesprächsrunden zu
überzeugen, dass die Gesetze gut für sie seien – vergebens.
Nun stehen bald in zwei wichtigen ländlich geprägten Bundesstaaten – Uttar
Pradesh und Punjab – Wahlen an, bei der Modis hindunationalistische
Bharatiya Janata Partei sich starker regionaler Konkurrenz stellen muss.
Uttar Pradesch ist der bevölkerungsreichste Bundesstaat Indiens – mit etwa
so vielen Einwohnern wie Brasilien – mit den meisten Sitzen im Parlament.
Außerdem dürfte Modi auch die Sikhs, von denen besonders viele unter den
Protestierenden sind und die die Mehrheitsbevölkerung in Punjab stellen,
nicht als Wähler verlieren wollen.
Bauerngewerkschaftsvertreter gaben an, dass sie ihre Protestorte erst
räumen wollten, wenn die Reform wirklich auch formell vom Parlament gekippt
ist. Das soll in der Wintersitzung passieren, die Ende des Monats beginnt.
19 Nov 2021
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