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       # taz.de -- Untersuchung von Hamburger Cum-Ex-Fall: Ehrenerklärung für Scholz
       
       > Im Hamburger Untersuchungsausschuss zum Steuer-Fall der Warburg-Bank
       > versichern die Zeugen, die Senatsspitze habe das Verfahren nicht
       > beeinflusst.
       
   IMG Bild: Langjährige Weggefährten: Olaf Scholz (l.) und Christoph Krupp (beide SPD) 2015
       
       Hamburg taz | Im [1][Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft
       zur Cum-Ex-Steueraffäre] haben Vertreter der Senatsverwaltung den früheren
       Bürgermeister Olaf Scholz und dessen damaligen Finanzsenator Peter
       Tschentscher (beide SPD) entlastet. Der designierte Bundeskanzler und der
       heutige Erste Bürgermeister hätten keinen Einfluss auf die Hamburger
       Finanzverwaltung genommen, um der Privatbank MM Warburg Steuernachzahlungen
       in Höhe von insgesamt 90 Millionen Euro zu ersparen.
       
       So versicherte Christoph Krupp (SPD), der ehemalige Leiter der
       Senatskanzlei, heute Vorstandssprecher der Bundesanstalt für
       Immobilienaufgaben und Impfstoffbeauftragter der Bundesregierung, die
       Senatsspitze sei zwar über den Fall Warburg informiert gewesen, er habe
       aber „nichts davon mitbekommen, dass die Politik auf die Steuerverwaltung
       Einfluss genommen hat“.
       
       In den Jahren 2016 und 2017 hatte sich das Hamburger Finanzamt mit der
       Frage zu befassen, ob Kapitalertragssteuern aus sogenannten
       Cum-Ex-Geschäften, die sich die Bank hatte zurückerstatten lassen,
       zurückgeholt werden sollten. Andernfalls würden die Rückforderungen
       verjähren. In beiden Jahren ging es um Kapitalertragssteuer, die sich die
       Bank zwar hatte erstatten lassen – aber nie bezahlt hatte. Die Bank
       argumentiert, ein anderer Beteiligter der in Rede stehenden
       Cum-Ex-Geschäfte hätte die Steuer entrichten müssen.
       
       Inzwischen ist gerichtlich festgestellt worden, [2][dass es sich bei Cum-Ex
       um ein Modell handelte, den Fiskus zu schröpfen]. Indem Aktien um den
       Dividendenstichtag herum schnell hin und her gehandelt wurden, ist gezielt
       verschleiert worden, wer diese zu einem bestimmten Zeitpunkt besaß und
       steuerpflichtig gewesen wäre.
       
       ## Bänker im Amtszimmer
       
       Dafür dass die Senatsspitze Einfluss genommen hat, spricht ein plötzlicher
       Sinneswandel der Finanzverwaltung, die das Geld zunächst zurückfordern
       wollte. Dazu kommen drei Gespräche, die der damalige Erste Bürgermeister
       Olaf Scholz in seinem Amtszimmer mit Vertretern der Bank führte und an die
       er sich zunächst angeblich nicht erinnern konnte.
       
       Außerdem telefonierte der Scholz mit Christian Olearius, einem der der
       Warburg-Gesellschafter, und empfahl ihm, ein Schreiben, das er bereits ans
       Finanzamt geschickt hatte, noch einmal direkt an den Finanzsenator
       Tschentscher zu schicken.
       
       Krupp kann zu diesem Schreiben „nichts sagen“. Tschentschers damaliger
       Pressesprecher und heutiger Büroleiter Daniel Stricker sagte aus, der
       Finanzsenator habe das Schreiben „entgegengenommen und das gemacht, was er
       mit allen Schreiben macht: Er hat es weitergeleitet an das zuständige
       Fachamt“.
       
       Tschentscher tat das mit der Bitte um Informationen zum Sachstand. Ob so
       eine Bitte nicht als Signal zum Handeln verstanden werden könnte, fragte
       der Ausschussvorsitzende Matthias Petersen (SPD). „So funktioniert
       Verwaltung nicht“, antwortete Stricker.
       
       ## „Knallharte Rechtsentscheidung“ der Finanzverwaltung
       
       Cum-Ex sei für Tschentscher ein wichtiges Thema gewesen, um das sich die
       Finanzverwaltung kümmern müsse, sagte sein damaliger persönlicher Referent
       Marcus Merkenich. Der Senator habe wiederholt mit der Leiterin der
       Steuerverwaltung über den Fall gesprochen. „Er stellte immer Rückfragen zum
       Sachverhalt und den Bewertungen“, sagte Merkenich. Es habe aber keine
       Anweisung von Tschentscher gegeben.
       
       Nachdem die Hamburger Finanzverwaltung die erste mögliche
       Steuerrückforderung 2016 hatte verjähren lassen, zog das
       Bundesfinanzministerium 2017 die Bremse. Es wies die Hamburger an, das
       übrige Geld zurückzufordern. Ob der Finanzsenator da keinen Gesprächsbedarf
       gesehen habe, fragte der Abgeordnete David Stoop (Die Linke). „Der
       Finanzsenator hat die Entscheidung seiner Verwaltung offensichtlich für
       plausibel gehalten“, sagte Stricker. Tschentscher habe sich an die
       „knallharte Rechtsentscheidung“ seiner Finanzverwaltung gehalten.
       
       Krupp sagte, Leute wendeten sich mit allen möglichen Anliegen auch an die
       Senatskanzlei. Diese mische sich aber nicht in Steuerangelegenheiten ein.
       Zwar habe es zur damaligen Zeit eine große Diskussion über den
       Bankenstandort Hamburg gegeben. Aber eine konkrete Gefährdung der
       Warburg-Bank durch eine mögliche Steuerrückzahlung sei kein Thema in seinen
       Gesprächen mit Scholz gewesen.
       
       19 Nov 2021
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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