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       # taz.de -- taz.Berlin-Adventskalender (10): Nette Begegnung im Hunderter-Bus
       
       > Im Doppeldecker bekommt unsere Autorin unerwartete Unterstützung – und
       > kleine Korrekturen – aus der Reihe hinter ihr: Ein Stadtführer ist mit an
       > Bord.
       
   IMG Bild: Die besten Plätze sind oben direkt hinter der Scheibe
       
       BERLIN taz | Mein siebenjähriger Sohn und ich haben beschlossen, die
       lästige Erledigung mit etwas Schönem zu verbinden und noch mal mit dem
       Einhunderterbus durch Berlin zu cruisen, bevor auch das vielleicht bald
       nicht mehr geht. Und zwar vom Alexanderplatz bis zum Zoo und wieder zurück.
       Natürlich ganz oben und ganz vorn, für die gute Aussicht.
       
       Als wir einsteigen, sitzen auf den begehrten Plätzen hinter der
       Frontscheibe schon vier Männer um die 50, die irgendwie zusammenzugehören
       scheinen. Aber unsere traurigen Augen scheinen sie zu überzeugen: Der ganz
       vorn mit der sympathischen Zottelfrisur steht mit einem freundlichen
       Lächeln auf, sagt „bitte schön“ und setzt sich dann direkt hinter uns in
       die zweite Reihe.
       
       Ich fange an, meinen Text abzuspulen, es geht wie üblich mit dem
       Fernsehturm los. Schon bei Punkt zwei hakt sich der Mann hinter uns ein und
       korrigiert mich. Nicht die schöne, kleine Marienkirche an der
       Karl-Liebknecht-Straße sei die älteste Kirche der Stadt, sondern die
       Nikolaikirche schräg dahinter.
       
       Die ist wahrscheinlich gut 40 Jahre älter, weiß der nette Mann. Am neu
       erbauten Berliner Humboldtforum sagt der Sohn ganz richtig: „Das mögen wir
       nicht, oder Mama?“ Ich sage zu ihm, dass es eher ganz, ganz alte Männer
       waren, die dieses Schloss wieder aufbauen wollten.
       
       ## Ein ehemaliger Stadtführer
       
       Da kommt Leben in den Mann hinter uns. „Wisst ihr“, grinst er ganz
       aufgekratzt, „ich hab früher Stadtführungen gemacht“. Fortan beantworten
       wir im Wechsel die vielen Fragen des Sohns. Bei der Museumsinsel weiß ich
       mehr zu erzählen, beim Brandenburger Tor weiß er wieder mehr. Ich übernehme
       beim Holocaust-Denkmal, er beim Botschaftsviertel. Am Ende einigen wir uns
       darauf, dass das ja wohl ganz gut geklappt hat. „Hoffentlich hab ich euch
       nicht genervt“, sagt der Mann beim Aussteigen noch.
       
       „Ach Quatsch“, antwortet der Sohn.
       
       10 Dec 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Messmer
       
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