URI: 
       # taz.de -- Corona in Sachsen: Wieder epidemische Notlage
       
       > Der sächsische Landtag debattierte über die Coronalage. Die
       > radikalisierten Proteste und die Bedrohung von Ministerin Köpping wurden
       > verurteilt.
       
   IMG Bild: Während im Landtag in Dresden die Coronalage diskutiert wird, bleibt es davor relativ ruhig
       
       Dresden taz | „Unsere Wasserwerfer haben wir da oben platziert“, zeigt ein
       Polizist lachend in den trüben Himmel über dem Sächsischen Landtag. „Die
       nieseln sich schon mal ein!“ Das nasskalte Wetter allein aber kann nicht
       verantwortlich sein, dass erwartete bürgerkriegsähnliche Zustände in
       Dresden am Montagmittag ausblieben. Offenbar zeigte der angekündigte
       massive Polizeieinsatz Wirkung. Nur einige Kleinstgruppen Demonstranten
       stehen jenseits der Absperrgitter und Mannschaftswagen. Am anderen Elbufer
       entfalten fünf Personen ein Plakat: „Treibt Kretsche den Notstand aus“.
       
       Dieser Michael Kretschmer, Sachsens CDU-Ministerpräsident, macht
       währenddessen im Landtag in einer Sondersitzung militante Impfgegner und
       die hinter ihnen stehende AfD-Propaganda mitverantwortlich für die
       Rekordinfektionszahlen in Sachsen. Dem zur Beatmung im Krankenhaus
       liegenden AfD-Abgeordneten Ivo Teichmann wünschten er und andere hingegen
       baldige Genesung.
       
       ## Bedauern von Kretschmer
       
       In der Sitzung ging es erstmals in einem Bundesland um die Feststellung der
       epidemischen Notlage, nachdem diese auf Bundesebene ausgelaufen war. Mit
       ihr schöpft Sachsen die länderbezogenen Möglichkeiten des Paragrafen 28 im
       Bundesinfektionsschutzgesetz aus. Zugleich wird Rechtssicherheit für die
       bereits in der letzten Coronaschutzverordnung getroffenen harten
       Restriktionen geschaffen.
       
       Dagegen stimmte am Ende nur die AfD, deren ungeimpfte Abgeordnete von der
       Zuschauertribüne herab die Debatte mit lärmenden Rufen begleiteten.
       Kretschmer bedauerte in einer leidenschaftlichen Rede, dass die Länder zu
       solchem Handeln gezwungen seien, „weil der Bund nicht will“ oder sich
       verspäte. Das sei eigentlich „ein abenteuerliches Verfahren“. „Ratlos und
       fassungslos“ mache ihn auch eine FDP, „die sich bei vielen Fragen selbst im
       Weg steht“. Zugleich äußerte Kretschmer „großes Zutrauen“ in den
       designierten neuen Kanzler Olaf Scholz.
       
       Langen Beifall gab es von den d[1][emokratischen Fraktionen für die
       durchaus umstrittene Sozialministerin Petra Köpping] (SPD). Am Freitagabend
       waren etwa 30 Coronaleugner [2][mit Fackeln vor ihr Wohnhaus bei Grimma]
       gezogen, flüchteten aber feige bei Eintreffen der Polizei. Köpping selbst
       nannte die Aktion „widerwärtig und unanständig“. Kretschmer, der selbst
       schon Opfer solcher Attacken wurde, sprach von Einschüchterung und
       verlangte beschleunigte Strafverfahren bei deren Ahndung. Neben weiteren
       Bundespolitikern nannte auch Scholz das Vorgehen eine „Bedrohung“, die man
       zurückweisen müsse.
       
       ## „Hase- und-Igel-Spiel“ bei den Demos
       
       Die Angriffe auf Köpping reihen sich ein in immer zahlreicher und
       militanter werdende Auftritte von Impfgegnern bundesweit, mit Schwerpunkt
       in Thüringen und Sachsen. In Thüringen sind Versammlungen eigentlich nur
       bis zu 35 Personen gestattet, in Sachsen mit 10 Personen. In Plauen und
       Auerbach im Vogtland und in mittelsächsischen Gemeinden kamen aber am
       Wochenende teils mehrere Hundert Menschen zusammen. Bei den
       „Montagsspaziergängen“ im erzgebirgischen Zwönitz wurde offen dazu
       aufgerufen, Kretschmer „abzuschießen“.
       
       Wegen des nur milden und teils nachsichtigen Verhaltens der Polizei wurde
       Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sogar von Albrecht Pallas
       kritisiert, Polizist und innenpolitischer Sprecher des Koalitionspartners
       SPD. An diesem Montag nun wollte Wöller Härte zeigen, lief aber zumindest
       vor dem Landtag in Dresden ins Leere. Die [3][angekündigte
       Entschlossenheit] des Innenministeriums ist aber offenbar vor allem auf
       erheblichen Druck des Sicherheitsdienstes im Landtag zurückzuführen.
       
       Polizisten auf dem Vorplatz sprachen von einem „Hase- und-Igel-Spiel“ der
       Demonstranten und verwiesen auf deren flexible Rückzugstaktik. Denn am
       Montagabend nach Redaktionsschluss waren in mindestens fünf weiteren
       sächsischen Städten Demonstrationen geplant, etwa in Bautzen und Freiberg.
       Dort war zuletzt Rechtsextremist Jürgen Elsässer vom Compact-Magazin
       aufgetreten. Die Polizei wollte diesmal größere Aufmärsche unterbinden.
       Mittlerweile unterstützen auch Bürgermeister und Kommunalvertreter diesen
       Schutz geltenden Rechts konsequenter als bisher.
       
       6 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Reaktionen-auf-Fackelmarsch-in-Sachsen/!5820438
   DIR [2] /Aktuelle-Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5820414
   DIR [3] /Innenminister-gegen-Coronaprotest/!5819264
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Bartsch
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Coronaleugner
   DIR Verschwörungsmythen und Corona
   DIR Sachsen
   DIR Epidemie
   DIR Verschwörungsmythen und Corona
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Corona-Proteste in Brandenburg: Wachsende Dynamik
       
       Immer mehr Menschen beteiligen sich an Aufmärschen in brandenburgischen
       Städten. Etwa 1.000 Teilnehmer kamen am Dienstag in Bernau zusammen.
       
   DIR Coronalage in Thüringen: Tod auf der Warteliste
       
       In Thüringer Kliniken werden coronabedingt Operationen verschoben.
       Ärzt*innen warnen: Die Versorgung von Nicht-Covid-Patient*innen sei
       gefährdet.
       
   DIR Nachrichten zur Coronakrise: WHO skeptisch bei Impfpflicht
       
       Die Weltgesundheitsorganisation sieht eine Pflicht als „absolut letztes
       Mittel“. Der Bundestag debattiert derweil erneut über das
       Infektionsschutzgesetz.
       
   DIR Nachrichten in der Coronakrise: Inzidenz steigt auf 441,9
       
       Das Robert Koch-Institut meldet mehr als 27.000 Neuinfektionen. In Thailand
       wurde der erste Fall der Omikron-Variante nachgewiesen.
       
   DIR Fackelaufmarsch in Sachsen: Neuordnung der Fronten
       
       Immer gefährlicher wird der Protest radikaler ImpfgegnerInnen. Die
       ungeimpften demokratischen Kräfte sollten sich distanzieren.
       
   DIR Intensivarzt zur Coronalage in Sachsen: „Ungeimpfte machen mich wütend“
       
       In Sachsen könnten bald alle Kliniken an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen,
       sagt der Intensivarzt Uwe Krause. Kritik übt er an den politisch
       Verantwortlichen.