URI: 
       # taz.de -- SPD-Ja zum Koalitionsvertrag: Kopf und Gefühl
       
       > Die SPD hat allen Grund, mit dem Koalitionsvertrag zufrieden sein. Aber
       > sie muss aufpassen, als Kanzlerpartei nicht hinter Scholz zu
       > verschwinden.
       
   IMG Bild: Die SPD sollte nicht zur Scholz-Partei werden, sondern eigenständig bleiben
       
       Die SPD galt noch vor vier Monaten als ein Art Zombie-Partei. Konservative
       bemitleideten den Abschied der Ex-Volkspartei. [1][Grüne Liberale planten
       auf den Trümmern der Sozialdemokratie ihre Zukunft] als führende Kraft der
       linken Mitte. Die SPD hat die Nachrufe und Häme recht klaglos zur Kenntnis
       genommen – und dann die Bundestagswahl gewonnen.
       
       Dass fast 99 Prozent des Parteitags für den [2][Koalitionsvertrag] stimmen,
       ist nicht von oben erzwungen. Es ist der authentische Ausdruck des Gefühls,
       die eigene Beerdigung überlebt zu haben. Die Sozialdemokratie ist
       glücklich. Und der Koalitionsvertrag kann sich als Kompromiss aus SPD-Sicht
       sehen lassen. Der alles überwölbende Fortschrittsbegriff der Ampel hat eine
       sozialdemokratische Gravur. Die Klimapolitik ist ambitioniert. Aber sie ist
       kein ökologischer, kultureller Wandel, sondern ein industriepolitisches
       Großprojekt.
       
       Die SPD-Kernforderungen zu [3][Mindestlohn], Rente und Wohnen finden sich
       grosso modo in dem Vertrag wieder. Das ist Ausdruck der Erkenntnis, in der
       Schröder-Ära etwas falsch gemacht zu haben. Mit der Agenda und einer
       Steuerpolitik, die Reiche beschenkte und die Mitte belastete, hat sie viel
       Kredit verspielt. Die Scholz-SPD hat daraus den Schluss gezogen, solche
       zerstörenden Manöver zu vermeiden.
       
       Wenn man derzeit SPD-Spitzenpolitiker fragt, welche Kompromisse sie in dem
       Ampelvertrag schmerzlich fanden, erntet man ratlose Blicke. Abgesehen von
       der Steuerpolitik, wo mit der FDP halt nichts gehe, fällt ihnen nichts ein.
       Dabei fehlt von der Bürgerversicherung über eine wirksame Mietpreisbremse
       bis zur kompletten Abschaffung grundlos befristeter Jobs einiges.
       
       Ja, die SPD hat Grund, zufrieden zu sein. Aber zu viel Selbstzufriedenheit
       ist gefährlich. SPD-Linke wie Kevin Kühnert und Gustav Horn haben auf dem
       Parteitag darauf hingewiesen. Die SPD braucht eine eigene, kräftige Stimme.
       Das Regieren erfordert Pragmatismus und Kompromisse. Wenn die SPD als
       Kanzlerpartei hinter Scholz verschwindet so wie die Union hinter Merkel,
       wird ihr Glück von kurzer Dauer sein.
       
       5 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /3688053
   DIR [2] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741
   DIR [3] /Erhoehung-des-Mindestlohns/!5810552
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
   DIR SPD
   DIR Ampel-Koalition
   DIR Olaf Scholz
   DIR Volkspartei
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
   DIR Olaf Scholz
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
   DIR SPD
   DIR SPD-Parteitag
   DIR Ampel-Koalition
   DIR SPD
   DIR Olaf Scholz
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Falscher Vergleich der Ampelkoalition: Mehr Geschichte wagen
       
       2021 ist nicht 1969: Warum Olaf Scholz’ Ampelkoalition mit dem
       sozialliberalen Bündnis unter Willy Brandt nicht zu vergleichen ist.
       
   DIR Regierung von SPD, Grünen und FDP: Ampel ohne Störungsmeldung
       
       Der rot-grün-gelbe Koalitionsvertrag ist unterzeichnet. Christian Lindner
       will als Finanzminister nicht mehr sparen – sondern ermöglichen. Reicht
       das?
       
   DIR Regierung von SPD, Grünen und FDP steht: Koalitionsvertrag unterschrieben
       
       SPD, Grüne und FDP haben das Programm ihrer gemeinsamen Regierungskoalition
       besiegelt. Am Mittwoch soll Olaf Scholz zum Kanzler gewählt werden.
       
   DIR SPD-MinisterInnen der neuen Regierung: Solide, mittig, rational
       
       Karl Lauterbach ist der einzige künftige SPD-Minister, der nicht in Scholz’
       Anforderungsprofil leiser Mitarbeit passt. Die Erwartungen an ihn sind
       riesig.
       
   DIR Künftige SPD-Minister:innen: Gesundheit, Herr Lauterbach!
       
       Die SPD hat das Personal für ihre Ministerien in der Ampel-Koalition
       vorgestellt. Karl Lauterbach wird Gesundheitsminister, Nancy Faeser
       Innenministerin.
       
   DIR Ampel und SPD-FDP-Koalition: Links-liberal, zweiter Akt
       
       Das Ampelbündnis sieht sich in der Tradition der sozial-liberalen Koalition
       der frühen 1970er Jahre. Schon jetzt sieht man deutliche Parallelen.
       
   DIR SPD stimmt für Regierungsprogramm: Friede, Freude, Koalitionsvertrag
       
       Der SPD-Parteitag sagt mit überwältigender Mehrheit Ja zum Ampel-Bündnis.
       Olaf Scholz tänzelt über die Bühne und hält eine emotionale Rede.
       
   DIR Künftiger Kanzler Olaf Scholz: Der Unauffällige
       
       Olaf Scholz' Karriere verlief ohne Brüche und Dramen – am Mittwoch will
       sich der Sozialdemokrat zum Bundeskanzler wählen lassen. Wie wird er
       regieren?