# taz.de -- Diversität bei den Grünen: Macht abgeben
> Die Grünen haben verstanden, dass Frauenquote und Flügel nicht alles
> sind. Sogar in Brüssel könnte bald ein jüdischer Migrant Chef der Grünen
> werden.
IMG Bild: Wahrscheinlich der nächste grüne Parteichef: Omid Nouripour
In der nächsten Bundesregierung wird mit Cem Özdemir erstmals ein Minister
mit türkischen Wurzeln sitzen. Ein in Teheran geborener Grüner, [1][Omid
Nouripour], wird wahrscheinlich neuer Parteichef. Und Nachfolger für Sven
Giegold, der ins Wirtschafts- und Klimaministerium wechselt, könnte Sergey
Lagodinsky werden: ein jüdischer Migrant aus der ehemaligen Sowjetunion.
Ein Jude an der Spitze der deutschen Grünen im Europaparlament – auch das
wäre ein Paukenschlag und ein politisches Statement.
Es hat sich etwas getan bei den Grünen. Sie haben verstanden, dass man
nicht nur bei anderen fordern kann, die ganze Breite der Gesellschaft
abzubilden, sondern auch selbst dazu bereit sein muss. Und zwar auch dann,
wenn andere dabei auf der Strecke bleiben. Bei der Vergabe der begehrten
grünen Ministerposten hat es [2][Anton Hofreiter] und Katrin Göring-Eckardt
getroffen. Sie wurden nicht für ihre Arbeit als Fraktionsvorsitzende
„belohnt“. Wobei man sich fragt, warum eine äußerst gut bezahlte politische
Tätigkeit überhaupt extra gewürdigt werden muss.
Vor allem aber bedeutet Diversität, dass Macht abgegeben und geteilt werden
muss. Multikulti ist eben nicht nur Karneval der Kulturen. Der Kuchen
schmeckt in einer diversen Gesellschaft nicht nur weniger deutsch, sondern
er muss auch mit mehr Menschen geteilt werden. Wenn dann die, die sonst
immer die großen Stücke beanspruchen konnten, sich jetzt mit kleineren oder
gar nur Krümeln begnügen müssen, kann man keinen Applaus erwarten.
Vor allem aber wirft es lieb gewonnene grüne Kategorien über den Haufen.
Bisher wurden die Listen und Posten nach Geschlecht und Flügelzugehörigkeit
verteilt. Beides hat eine gewisse Berechtigung – die im Frauenstatut
verankerte Frauenquote mehr, die aus Gewohnheit berücksichtigten Flügel
weniger. Diversität ist im [3][Vielfaltsstatut] festgelegt, hat aber bisher
kaum Berücksichtigung gefunden. Ein Kandidat mit migrantischen Wurzeln
wurde im Zweifel lediglich als Realo oder Linker eingeordnet, als zähle der
Rest nichts. Dass sich das nun ändert bei den Grünen, ist erfreulich und
überfällig.
6 Dec 2021
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Silke Mertins
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aufweist.