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       # taz.de -- US-Freejazz-Trio spielt im Berliner KUZU: Tricks und Kicks mit Lärm
       
       > KUZU, ein eruptives US-Jazz-Metal-Noisetrio gastierte am Montagabend im
       > Club KM28 in Berlin-Neukölln. Aus wenig machen die drei Musiker sehr
       > viel.
       
   IMG Bild: KUZU am Montag im KM28 in Berlin
       
       Bevor der Schlagzeuger Tyler Damon am Montagabend um 20:40 Uhr zu den
       Paukenschlägeln griff, hatte sich der Westberliner Bezirk Neukölln bereits
       von seiner eruptiven Seite gezeigt. Am dunklen Anfang der Karl-Marx-Straße
       war zwischen einer polnischen Bar und einem albanischen Restaurant ein
       lautstarkes Wortgefecht ausgetragen worden, dergestalt, dass die
       Teilnehmenden auch unbeteiligte Passant:innen teilhaben ließen.
       
       [1][Lautstärketechnisch] allerdings hätten sie mit dem Konzert, das Tyler
       Damon mit dem Chicagoer Trio KUZU im Ladenlokal KM28 geben sollte, nicht
       mithalten können. Dabei hatten KUZU gar nicht mal mit einem Frontalangriff
       auf das Publikum begonnen: Damon spielte auf den Standtom einen geerdeten
       Groove, über den Saxophonist Dave Rempis einen majestätischen Choral legte.
       Vom Gitarristen Tashi Dorji war anfänglich wenig zu hören; das sollte sich
       freilich rasch ändern, wie überhaupt die Band im Laufe des Abends noch
       einige Überraschungen in petto hatte.
       
       35 Minuten dauerte dieses erste Set. KUZU unterteilten es in mehrere,
       relativ klar voneinander getrennte musikalische Segmente, rausch- und
       geräuschhaft die einen, nachdenklich und zurückgenommen die anderen. Tyler
       Damon wechselte schnell von der tiefen Trommel zu den Becken und nahm bald
       wie in einer sich öffnenden Geste sein ganzes Instrument in Beschlag.
       
       ## Flächiges wie Körniges
       
       Die Fußtrommel bearbeitete er schon mal, als ziehe es ihn zum Hardrock hin.
       Tashi Dorjis Gitarrensound hatte zu gleichen Teilen Flächiges wie Körniges
       und resultierte unter anderem daraus, dass Dorji sein Instrument mit einem
       Drumstick bearbeitete.
       
       Tatsächlich sind KUZU aus der Zusammenarbeit des Gitarre-Schlagzeug-Duos
       Dorji und Damon entstanden, das Trio kam im Herbst 2017 zusammen, nachdem
       [2][Saxophonist] Rempis mit beiden auf einer ausgedehnten US-Tour
       gearbeitet hatte. Fünf Alben sind mittlerweile erschienen, das aktuellste,
       „All Your Ghosts In One Corner“, auf Aerophonic Records, einem von Rempis
       bereits 2013 gegründeten Indie-Label. Aerophonic hat es seitdem auf über 40
       Veröffentlichungen gebracht.
       
       Mit dabei ist ein Perkussionist wie Michael Zerang, mit dessen Band The
       Blue Lights Dave Rempis 2018 auf dem Berliner A L'Arme Festival aufgetreten
       ist. Auch bei Aerophonic ist Ken Vandermark; im Quintett des Saxophonisten
       und Klarinettisten hat Dave Rempis seit 1999 gespielt. Ein sehr schönes
       Beispiel dieser Zusammenarbeit in den Vandermark 5 ist das 2008 erschienene
       Album „Beat Reader“ mit seinem zum Teil kammermusikalisch-sparsamen Ansatz.
       
       ## Heftiger Noise
       
       Ein bisschen knüpfte an diesem kalten Novembermontag das zweite Set von
       KUZU daran an. Es war das organischere der beiden und köchelte eher
       behutsam hoch. Der Trick und der Kick dieser 25 Minuten war, wie sich
       unmerklich der Sound dann doch wieder in Richtung schönster und heftigster
       Noise bewegte.
       
       Dazu gehörte eine der Finessen Tyler Damons: Der Schlagzeuger platzierte
       ein Becken mit der Öffnung nach oben auf der Snare Drum, bespielte es mit
       einem Paukenschlägel, warf von Zeit zu Zeit Metall hinein und erzeugte so
       ein rhythmisches Klingeln, das sich in den metallischen Hall einschaltete.
       Das Ganze war ein Sitzkonzert, aber alle hielt es nicht auf ihren Stühlen.
       
       Die [3][Karl-Marx-Straße] wiederum war um 22:00 Uhr zur stillen
       Niemandsstraße geworden. Das sollte nicht so bleiben, auch wenn die
       Konzertreihe, in der [4][KUZU] aufgetreten sind, Nowhere Street heißt.
       Besser, wenn sie weitergeht.
       
       23 Nov 2021
       
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