URI: 
       # taz.de -- Rohstoffpolitik im Koalitionsvertrag: Mehr Bergbau, weniger Abfall
       
       > Die Ampel-Koalition setzt mit konkreten Vorgaben auf Kreislaufwirtschaft.
       > Konflikte zwischen Rohstoffgewinnung und Naturschutz bleiben.
       
   IMG Bild: Gepresste Verpackungsabfälle in einem Entsorgungsunternehmen
       
       Berlin taz | Der Wald bleibt auch im Koalitionsvertrag der Ampel eine
       eierlegende Wollmilchsau. Wer künftig für das Thema zuständig ist, der soll
       einerseits mittels einer Holzbauinitiative „regionale Wertschöpfungsketten“
       unterstützen. Das bedeutet mehr Holzeinschlag. Andererseits betonen die
       Koalitionäre verschiedentlich die Bedeutung des Waldes für den Klima- und
       Artenschutz. So sollen die Forsten in Bundesbesitz nach FSC- oder
       Naturland-Prinzipien bewirtschaftet werden. In alten, naturnahen
       Buchenwäldern in öffentlichem Besitz soll der Holzeinschlag ganz gestoppt
       werden. Das bedeutet alles in allem: weniger Holzernte.
       
       Entsprechend reagiert der Verband der Waldeigentümer Vertrag mit gemischten
       Gefühlen. Dass der Waldumbau künftig mit „überwiegend standortheimischen
       Baumarten“ gelingen soll, gefällt ihm gar nicht; viele Waldbesitzer setzen
       etwa auf die hitzetolerante Douglasie, um sterbende Fichtenforste zu
       ersetzen. Auch der Hinweis der Ampel [1][auf die
       EU-Biodiversitätsstrategie] erfüllt die Waldbesitzer mit Sorge. Höflich
       formuliert: Der Koalitionsvertrag ermöglicht dem zuständigen Personal einen
       großen Gestaltungsspielraum.
       
       Ähnlich sieht es im Feld der Rohstoffgewinnung aus, auch hier ist vieles
       möglich. „Auf der einen Seite ist es ein großer Erfolg für die
       Zivilgesellschaft, dass sich die Regierungsparteien zu einer Reduktion des
       primären Rohstoffverbrauchs bekennen“, sagt Hannah Pilgrim, die bei der
       Berliner Entwicklungsorganisation Powershift für Rohstoffe zuständig ist.
       Das sei für den Klima- und Umweltschutz unabdingbar, der Ausbau der
       Kreislaufwirtschaft ein wichtiger Schritt in Richtung Rohstoffwende. „Auf
       der anderen Seite soll zugleich die Rohstoffsicherung mit ungebundenen
       Finanzkrediten betrieben werden“, kritisiert Pilgrim. Dieses Instrument der
       Außenwirtschaftsförderung sei zuletzt zum Beispiel wegen der Beteiligung an
       massiven Menschenrechtsverletzungen im Bauxit-Abbau in Guinea in der Kritik
       gewesen.
       
       ## Kreislaufkapitel eröffnet Chancen
       
       Insgesamt positiv nehmen Wirtschaft und Zivilgesellschaft [2][die Absichten
       der Koalition zur Kreislaufwirtschaft auf.] „Begrüßt“, „erfreulich“,
       „hervorragend“ – der Bundesverband der Entsorgungswirtschaft ist vom
       Kreislaufkapitel des Koalitionsvertrags geradezu begeistert. Produkte
       sollen „langlebig, wiederverwendbar, recycelbar und möglichst reparierbar
       sein“, heißt es darin. Erreicht werden soll das etwa mit digitalen
       Produktpässen, die über die Zusammensetzung, Entsorgungsvorgaben oder die
       Recyclingfähigkeit Auskunft geben, mit einer erweiterten
       Herstellerverantwortung und einem Recycling-Label. Abfall vermeiden will
       die Ampel durch „gesetzliche Ziele und ökologisch vorteilhafte Mehrweg-,
       Rücknahme- und Pfandsysteme“.
       
       Der etwas technokratisch klingende Satz „qualitätsgesicherte Abfallprodukte
       sollen aus dem Abfallrecht entlassen werden und einen Produktstatus
       erlangen“ [3][könnte den so langwierigen wie fruchtlosen Streit der
       vergangenen Jahre um den größten Abfallstro]m, den Bauschutt, mit
       befrieden. Der Bau setzt wenig Recyclingmaterial ein, auch, weil es als
       Abfall gilt. So begrüßt die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
       die Absicht der Ampel, Hersteller zu fördern, die sich „den Grundsätzen
       einer Circular Economy verschrieben haben“.
       
       25 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neue-Regeln-fuer-Naturschutz-in-Europa/!5687254
   DIR [2] /Debattenreihe-Klima/!5788535
   DIR [3] /Bauindustrie-kaempft-mit-Nachhaltigkeit/!5778275
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
       ## TAGS
       
   DIR Rohstoffe
   DIR Naturschutz
   DIR Wald
   DIR Biodiversität
   DIR Klimakonferenz in Dubai
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Artenvielfalt in Klimakrise: Biodiversität mitdenken
       
       Die Ökosystemkrise muss ins Bewusstsein der Bevölkerung gelangen. Das
       bedeutet für die Ampel-Koalition, den Fortschritt neu zu definieren.
       
   DIR Nabu-Präsident zur Klimakonferenz: „Wir erleben eine Krise der Natur“
       
       Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger warnt davor, die Biodiversität zu
       vernachlässigen. Warum die FDP und das Agrarministerium ein Problem sind.