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       # taz.de -- Rot-Grün-Rot geht auf die Zielgerade: Am Kotti filmt künftig die Polizei
       
       > Die Koalitionsverhandlerinnen von SPD, Grünen und Linkspartei haken auch
       > das Thema Inneres ab. Samstag könnte der Vertrag vorliegen.
       
   IMG Bild: Dieses Mal ging es um Inneres und Sicherheit: Die Koalitionsverhandlerinnen bei der Pressekonferenz
       
       Berlin taz | Das Hupen ist mutmaßlich auch hinter den Scheiben des Raums
       gut zu hören, in dem Berlins führende Koalitionsverhandlerinnen gerade über
       Neues zum Thema Inneres und Sicherheit informieren: Ein viel zu schneller
       Lkw nötigt damit ein langsameres Moped. Da passt es gut, dass die Frauen
       drinnen Rasern gerade den Kampf ansagen, neue Blitzer ankündigen und von
       einer zu stärkenden Polizei sprechen. Ein zentraler Satz kommt von der
       designierten Regierungschefin Franziska Giffey (SPD): „Ganz klar ist, dass
       wir einen starken Staat wollen, der dafür sorgt, dass die Regeln
       durchgesetzt werden.“
       
       In dem zum Bürgersteig hin fast voll verglasten und darum gut einsehbaren
       Nebenraum der SPD-Landeszentrale in der Müllerstraße sind es am
       Donnerstagmorgen neben Giffey Bettina Jarasch (Grüne) und Katina Schubert
       (Linkspartei), die von einer weiteren Einigung auf dem Weg zu einem
       rot-grün-roten Koalitionsvertrag berichten. Freitag wollen sie am Ziel
       sein, Samstag das Ganze vorstellen – oder auch erst am Montag, falls noch
       Extrarunden zu drehen sind.
       
       Videoüberwachung, zuvor wegen unterschiedlicher Haltungen der drei Parteien
       als Hindernis betrachtet, wird nicht für eine solche Verlängerung sorgen.
       Wie schon manches Mal gibt es einen Kompromiss: Es soll zwar
       Videoüberwachung geben wie von der SPD gewünscht, [1][in den Wahlprogrammen
       von Grünen und Linkspartei] hingegen abgelehnt. Aber die soll eben nur
       „temporär“ kommen, also zeitweise und laut Giffey „an sehr wenigen
       ausgesuchten Orten“. Jarasch spricht auf Nachfrage von einer „eher
       niedrigen einstelligen Zahl“ und begründet das auch mit Kosten von jeweils
       1 Million Euro.
       
       Für diese Orte nennt Giffey nur ein konkretes Beispiel, nämlich das
       Kottbusser Tor. Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek, selbst auf dem Weg zu
       den Verhandlungen zum Thema Finanzen, nennt zudem gegenüber der taz den
       Alexanderplatz. Laut Giffey soll die Polizei entscheiden, welche Orte sie
       überwacht. Dabei soll die Privatsphäre gewahrt bleiben, Hauseingänge sollen
       nicht gefilmt werden.
       
       ## 60 zusätzliche Blitzer
       
       Mit Blick auf neue Blitzer – bis 2026 soll es bis zu 60 zusätzliche
       stadtweit geben – sagt Jarasch: „Das hilft der Verkehrssicherheit und
       stärkt unseren Rechtsstaat.“ Künftig sollen zudem dreimal so viele
       Fahrradstreifen der Polizei wie derzeit unterwegs sein, und zwar in allen
       Bezirken.
       
       Linksparteichefin Schubert präsentiert als weiteres Ergebnis, dass es im
       Abgeordnetenhaus einen Untersuchungsausschuss zu den rechtsextremen
       Anschlägen in Neukölln geben soll. Hier war zuvor die SPD skeptisch.
       
       Die Pressekonferenz ist wegen ihrer Lage im gläsernen Ladenlokal zumindest
       optisch quasi öffentlich, anders als etwa [2][vor Wochen im verwaisten
       Ex-Flughafen Tegel]. „Das Erste, was die machen, ist doch sich die Diäten
       zu erhöhen“, schimpft ein Mann im Vorübergehen. Ein anderer kommentiert
       nach dem Blick durch die Fensterscheibe hingegen anerkennend: „Da ist ja
       richtig Prominenz.“
       
       25 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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