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       # taz.de -- Corona-Höchstzahlen in Dänemark: Ein Land rüstet sich für Omikron
       
       > Daten aus Dänemark bringen Erkenntnisse über Omikron. Noch vor
       > Weihnachten soll dort jede zweite Neuinfektionen auf die Variante
       > zurückzuführen sein.
       
   IMG Bild: Wegweiser vor einem Test- und Impfzentrum in Kopenhagen am 16. Oktober
       
       Kopenhagen taz | Die Omikron-Variante des [1][Coronavirus] steht nicht vor
       der Tür, sie ist schon da – und in wenigen Tagen schon wird sie dominierend
       sein. Das konstatierte das staatliche dänische Seruminstitut (SSI) Mitte
       dieser Woche. Dänemark verzeichnet derzeit täglich neue Rekordwerte bei den
       Coronaneuinfektionen. Am Freitag meldete das SSI für den Vortag weitere
       11.194 positiv Getestete. Relativ zur Bevölkerung entspräche das in
       Deutschland etwa 160.000 Neuinfektionen.
       
       „Stoppen können wir die Infektionswelle nicht mehr, weil diese
       Virusvariante superansteckend ist“, sagt Jens Lundgren, Professor für
       Infektiologie an der Universität Kopenhagen. „Das Einzige, was wir tun
       können, ist, mit einer Reihe von Maßnahmen den Anstieg der Zahl der
       Infizierten möglichst abzuschwächen.“
       
       Dänemark ist in der EU führend, was die detaillierte Genom-Sequenzierung
       des Coronavirus angeht. Deshalb sind die über die dänischen Analysen
       ermittelten Daten eine recht zuverlässige Grundlage für das Tempo bei der
       Ausbreitung verschiedener Virusvarianten auch für vergleichbare Länder wie
       Deutschland. Insgesamt sind in Dänemark 11.559 Omikron-Fälle konstatiert
       worden mit einem Schwerpunkt in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen.
       
       Der erste Fall war am 22. November ermittelt worden. Bis zum 27. November
       wurden täglich zwischen 0 und 4 Fällen analysiert, was 0,0 bis 0,1 Prozent
       der Neuinfektionen entsprach. Dann begann ein schneller Anstieg.
       Mittlerweile liegt der Anteil bei rund [2][26,8 Prozent]. Das SSI rechnet
       damit, dass noch vorWeihnachten die 50-Prozent-Marke überschritten sein
       wird.
       
       „Wir müssen uns wohl damit abfinden, eine so ansteckende Variante zu haben,
       dass wir uns alle in nur wenigen Monaten angesteckt haben werden“,
       [3][erklärte] Nils Strandberg Pedersen, ehemaliger SSI-Chef, gegenüber der
       Tageszeitung Berlingske Tidende. „Hat man etwas, das ähnlich ansteckend ist
       wie Masern, ist das eben nicht zu stoppen.“ Kontaktbeschränkungen könnten
       das Tempo der Ausbreitung allenfalls verlangsamen.
       
       Was aber einigermaßen beruhigend sei: Vermutlich würden sich geboosterte
       Personen weniger oft anstecken oder zumindest keine schweren Symptome
       entwickeln. „Auch für Geimpfte wird es schwer sein, sich nicht
       anzustecken“, sagte SSI-Direktor Henrik Ullum am Donnerstag,
       „typischerweise wird man eine milde Infektion bekommen, aber man bleibt
       ansteckend.“
       
       ## Dänische Zahlen werfen Fragen für Deutschland auf
       
       Die dänischen Erfahrungen mit der „Pandemie in der Pandemie“, so
       Gesundheitsminister Magnus Heunicke, zeigten, dass selbst eine doppelte
       Impfdosis nur unzureichenden Schutz vor einer Infektion bietet. Nach [4][am
       Freitag veröffentlichten] Zahlen waren von allen zwischen dem 22. November
       und 14. Dezember mit Omikron Infizierten 9 Prozent ungeimpft, 78,7 Prozent
       waren doppelt geimpft und 10,3 Prozent hatten sich sogar trotz wirksam
       gewordener Booster-Impfung infiziert.
       
       Angesichts der dänischen Zahlen stellt sich die Frage, auf welcher
       Faktengrundlage [5][die deutschen GesundheitsministerInnen am Dienstag ihre
       Entscheidung trafen, bei Geboosterten die Testpflicht an Orten mit
       2G-plus-Regel weitgehend abzuschaffen]. Bundesgesundheitsminister [6][Karl
       Lauterbach (SPD) jedenfalls betonte am Freitag, dass er wegen der
       Omikron-Variante auch für Deutschland von einer „massiven fünften Welle“
       ausgehe].
       
       Die dänische Gesundheitsbehörde reagierte auf die neuen Zahlen mit der
       Empfehlung, den „dritten Stich“ für alle über 40-Jährigen auf viereinhalb
       Monate nach der zweiten Impfdosis vorzuziehen. Außerdem wurden die
       Impfkapazitäten hochgefahren. Nun können auch alle AllgemeinärztInnen und
       ApothekerInnen impfen. Dänemark hat seit dem 25. November auch als erstes
       skandinavisches Land die Impfung von 5- bis 11-Jährigen eingeführt. Zudem
       wurden die Weihnachtsferien auf den 15. Dezember vorgezogen.
       
       Am Freitag präsentierte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen dann neue
       Restriktionen. Von Sonntag bis zum 17. Januar sollen Freizeitparks, Kasinos
       und Hallenbäder sowie Theater, Kinos, Museen und Tierparks geschlossen
       werden. Restaurants sollen um 23 Uhr schließen und ab 22 Uhr keinen Alkohol
       mehr ausschenken dürfen. Außerdem sollen für Gastronomie und Handel an der
       Geschäftsfläche orientierte Zugangsbeschränkungen eingeführt werden.
       
       Die dänische Gesundheitsbehörde SST [7][hatte am Donnerstag zudem bekannt
       gegeben], dass Dänemark als erstes EU-Land damit beginnen würde,
       Covid-19-PatientInnen mit der in der EU noch nicht regulär zugelassenen
       Tablette Lagevrio (Molnupiravir) des Pharmakonzerns Merck zu behandeln. Das
       antivirale Mittel verringert die Fähigkeit des Virus, sich zu
       reproduzieren.
       
       ## Uni-Klinik beruhigt
       
       Die Situation im dänischen Gesundheitswesen ist noch relativ entspannt. Die
       Zahl der CoronapatientInnen, die eine stationäre Behandlung brauchen, liegt
       bei etwas über 500, im Januar waren es knapp 1.000 gewesen. Wenn die Zahl
       der Covid-PatientInnen steige, werde man möglicherweise chirurgische
       Eingriffe zurückstellen müssen, aber „wir werden Platz für die Patienten
       haben, die wegen lebensbedrohlichen Zustands eine akute Behandlung
       benötigen“, beruhigte der Direktor des Universitätskrankenhauses Odense,
       Bjarne Dahler-Eriksen. In Sorge ist man beim SSI aber, dass ein Teil des
       Personals aufgrund eigener Infektion ausfallen könnte.
       
       Gar keine positiven Nachrichten? VerfasserInnen einer dänischen
       [8][Forschungsstudie], die im European Journal of Pediatrics veröffentlicht
       werden soll, geben Entwarnung, was mögliche Spätfolgen für Kinder angeht.
       Laut der weltweit bislang umfassendsten Studie mit 33.000 0- bis
       17-jährigen Infizierten erlebten nur 0,8 Prozent Spätfolgen wie
       Konzentrationsschwierigkeiten, Kopf- und Muskelschmerzen, die länger als
       vier Wochen anhielten.
       
       Bei nahezu allen waren sie nach ein bis fünf Monaten verschwunden. Nach
       überstandener Infektion sei es dieser Gruppe sogar besser gegangen als
       einer Kontrollgruppe, die nicht positiv getestet worden war: „Diese nicht
       infizierte Gruppe hatte mehr Konzentrationsschwierigkeiten, Kopf-, Muskel-
       und Gelenkschmerzen, Schwindel, Husten, Durchfall, Übelkeit und Fieber als
       die infizierte Gruppe.“
       
       17 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
   DIR [2] https://www.ssi.dk/-/media/cdn/files/covid19/omikron/statusrapport/rapport-omikronvarianten-17122021-ep96.pdf?la=da
   DIR [3] https://www.berlingske.dk/videnskab/vi-skal-alle-smittes-danmarks-omikronvaekst-ses-som-en-advarsel-til
   DIR [4] https://www.ssi.dk/-/media/cdn/files/covid19/omikron/statusrapport/rapport-omikronvarianten-17122021-ep96.pdf?la=da
   DIR [5] /Nachrichten-in-der-Coronakrise/!5822340
   DIR [6] /Warnung-vor-der-fuenften-Welle/!5822850
   DIR [7] https://www.sst.dk/da/Nyheder/2021/Ny-tabletbehandling-mod-covid-19-bliver-et-tilbud-til-smittede-personer-i-oeget-risiko;%20https://www.ema.europa.eu/en/news/ema-issues-advice-use-lagevrio-molnupiravir-treatment-covid-19
   DIR [8] https://aalborguh.rn.dk/forskning/forskning-nyhedsliste-aalborg/nyhed?id=eb91d7e3-1e72-4a51-b516-3500aafdbda4
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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