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       # taz.de -- Sportarten bei Olympia: Eng wirds für die Schmuddelkinder
       
       > Das IOC kegelt Boxen, Gewichtheben und Modernen Fünfkampf aus dem
       > Olympischen Programm. Ein Paradigmenwechsel ist das nicht.
       
   IMG Bild: War nix, wird nix mehr. Gewichtheben steht vor dem olympischen Aus
       
       Mit den Schmuddelkindern soll man ja nicht spielen. Oder mit den
       „Problemkindern“, um es im Duktus des IOC zu sagen. Und so ist es nicht
       besonders überraschend, dass für die Olympischen Spiele 2028 in Los
       Angeles, wie am Donnerstagabend berichtet wurde, die Disziplinen Boxen,
       Gewichtheben und der [1][Moderne Fünfkampf] vor dem Aus stehen sollen. Die
       drei Verbände also mit dem Korruptionssumpf, dem Doping und den Bildern von
       geprügelten Pferden. Hingegen seien die „[2][Trendsportarten]“ Skateboard,
       Surfen und Sportklettern so gut wie sicher im Programm, ihre Bestätigung
       nur noch Formsache.
       
       Natürlich haben Doping, Korruption und geprügelte Pferde das Olympische
       Komitee nie an erster Stelle gestört. Sonst wären die Doping-Kernsportarten
       Leichtathletik und Radsport ja nicht ständig im Programm. Und beim Thema
       Stimmenkauf, Autokratie und Korruption fällt es im Sportverbandswesen
       schwer, überhaupt einen Verband zu finden, auf den nichts davon zutrifft.
       Massive Missbrauchsskandale wie im Turnen haben die Sportart auch nicht von
       der olympischen Bühne vertrieben.
       
       Es geht bei der Entscheidung also vor allem um Verkäuflichkeit. Und Bilder:
       Erst, wer Skandalbilder (Annika Schleu) oder hinreichend Skandalreportagen
       (der Boxverband Aiba) verursacht und gleichzeitig als Sportart nicht gut
       verkäuflich ist, wird Schmuddelkind. Lieblingskindern geht es nicht an den
       Kragen. Auch übrigens vonseiten der Öffentlichkeit nicht sehr.
       
       Einen möglichen Abschied von Boxen, Gewichtheben und dem seltsamen
       Fünfkampf muss man dennoch nicht übermäßig betrauern. Konsequenzen für die
       Zustände in den besagten Verbänden sind längst überfällig; Tradition ist
       kein Wert an sich. Und eine Sportart wie Boxen, die bei einem Teil der
       Sportler:innen starke Hirnschäden hinterlässt, könnte durchaus viel
       grundlegender hinterfragt werden.
       
       Wenn Olympia wirklich eine inklusive Bewegung sein will, muss sie im
       Gegenteil Subkulturen viel früher berücksichtigen. Die Mühlen der Zähmung
       durch das IOC mahlen da arg langsam: „Trendsportart“ ist Skateboard nun
       eher mindestens seit den Achtzigern, Surfen eher schon seit den Sechzigern.
       Bis eSports ins Olympische Programm findet, wird es also gewiss noch 30
       Jahre dauern.
       
       Einen Paradigmenwechsel bedeuten die vermeintlich soften Disziplinen
       allerdings nicht, sie funktionieren schon lange ähnlich. Nicht erst durchs
       IOC, wie die Szenen manchmal gern suggerieren; Turniere gibt es auch beim
       Skaten seit frühesten Tagen. Wenngleich man sich beim Surfen oder
       Sportklettern schon anstrengen musste, um irgendetwas Messbares und
       Zählbares zu finden – da findet zusammen, was mittlerweile zusammen gehört.
       
       Im Sommer in Tokio standen keine wilden Kids aus dem Park vor den Kameras,
       sondern 14-Jährige wie Lilly Stoephasius, die trainieren, seit sie fünf
       Jahre alt sind. Ganz im Geiste des IOC. Aber gute Bilder produzierten diese
       unbelasteten Gesichter dennoch.
       
       10 Dec 2021
       
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