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       # taz.de -- Petition der Woche: Erste-Hilfe-Kurse in die Schulen!
       
       > Über 50.000 Menschen sterben in Deutschland jährlich an einem
       > Herzinfarkt. Zwei Mediziner:innen wollen Reanimationskurse an die
       > Schulen bringen.
       
   IMG Bild: Herzdruckmassage: Die wenigsten Menschen können im Ernstfall Erste Hilfe leisten
       
       Es passiert in Deutschland jeden Tag mehr als hundert Mal: Jemand kippt um,
       vielleicht der Opa. Er atmet nicht, hat keinen Puls. Kein Herzschlag. Zu
       wenig Sauerstoff kommt ins Gehirn.
       
       Wie geht das noch mal – eine Herzdruckmassage? Drücke ich stark genug? Oder
       zu stark, breche ich ihm die Rippen? Wann mache ich eine
       Mund-zu-Mund-Beatmung? Der letzte Erste-Hilfe-Kurs ist schon ewig her,
       damals für den Führerschein! Und warum kommt der Notarzt nicht?
       
       Jede Minute sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit in diesem Szenario um 10
       Prozent. Die meisten Betroffenen befinden sich in ihrer Wohnung, wenn sie
       einen Herzinfarkt erleiden. 9 Minuten: So lange brauchen die
       Notärzt:innen durchschnittlich, bis sie eintreffen.
       
       ## Rippenbruch oder Herzinfarkt
       
       Diese Zeit müssen Ersthelfer:innen überbrücken. Doch in weniger als der
       Hälfte der Fälle ist jemand zugegen, der das kann. Und so sterben jedes
       Jahr mehr als 50.000 Menschen in Deutschland an einem Herzinfarkt.
       
       Laut der Notärztin Caroline Holzner muss die Hemmschwelle sinken, damit
       mehr Menschen eine Reanimation versuchen: „Man kann nichts falsch machen.
       Wenn Sie die Wahl haben zwischen gebrochenen Rippen oder dem Tod durch
       Herzinfarkt, dann ist die Entscheidung klar.“ Holzner hat zusammen mit
       Bernd Böttiger, dem Direktor der Kölner Uniklinik und Vorsitzenden des
       Deutschen Rats für Wiederbelebung, [1][die Petition #ichrettedeinleben]
       gestartet.
       
       Holzner ist als Influencerin Doc Caro bekannt und war zum Thema Corona
       häufig in Talkshows. Diese Aufmerksamkeit will sie nun für ihre Petition
       nutzen: Sie fordert verpflichtenden Wiederbelebungsunterricht ab der 7.
       Klasse. Das klingt groß, bedeutet letztlich aber nur: zwei Schulstunden im
       Jahr für eine Art Erste-Hilfe-Kurs.
       
       ## Vorbild Dänemark
       
       Holzner und Böttiger engagieren sich schon lange dafür. Der Klinikchef hat
       etwa in Köln schon 400 Schüler:innen in Sachen Wiederbelebung trainiert:
       „Wir waren damals in allen Nachrichtensendungen mit unserer Aktion, und
       zwei Jahre später haben wir das in ganz Deutschland umgesetzt.“
       
       Das war 2009. Seitdem haben die Kultusministerkonferenz und die
       Weltgesundheitsorganisation eine solche Schulung empfohlen. In anderen
       europäischen Ländern läuft das längst so, etwa in Dänemark, wo die
       Reanimierungsquote dank geschulter Laien seit 2005 von etwa 20 auf über 50
       Prozent stieg. In Deutschland gebe es ein solches Training flächendeckend
       nur in Mecklenburg-Vorpommern, sagt Böttiger.
       
       Böttiger und Holzner richten sich mit ihrem Anliegen an den
       Petitionsausschuss des Bundestags. Aber: Was kann der denn überhaupt
       machen, wenn Schule doch Ländersache ist? Das Petitionsduo will den
       Bundestag zum Beispiel dazu bringen, mehr Lehrmittel zur Verfügung zu
       stellen und sich an einer Finanzierung des Projekts zu beteiligen.
       
       Das biete Anreize für die Bundesländer. Außerdem warben sie in Schreiben an
       Landes- und Bundespolitiker:innen um Unterstützung. Knapp 60.000
       Unterschriften haben sie schon gesammelt. Der Petitionsausschuss des
       Bundestags wird sich nun damit beschäftigen.
       
       Wie optimistisch sind sie, dass ihr Anliegen in den nächsten vier Jahren
       umgesetzt wird? Holzner: „Ich habe nicht die Hoffnung – ich rechne fest
       damit.“
       
       12 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://ichrettedeinleben.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rebecca Ricker
       
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